Kirchen-Kitas sollen zu teuer sein / Kindertagesstättenverband erhebt Einwände
Samtgemeinde Apensen will Vertrag mit Kirche kündigen
ab. Buxtehude/Apensen. Der Rat der Samtgemeinde Apensen stimmte auf seiner jüngsten Sitzung für die Änderung der Betriebsführungsverträge der Kirchenkindergärten - und damit für die Kündigung bestehender Verträge. Grund: Die Kosten der Kita "Arche Noah" läge deutlich höher als die der kommunalen Kindergärten. Der Kirche sollen nun für diese Kita und die Kita "Weltentdecker" veränderte Verträge angeboten werden.
Der finanzielle Aufwand fällt bei den Kitas der Samtgemeinde unterschiedlich aus: Die Kosten lagen im Jahr 2018 zwischen 7.768 Euro (Kita "Susewind" in Revenahe) bis 9.702 Euro ("Kita Beckdorf") pro Kind. Ausreißer nach oben dagegen ist die von der Kirche betriebene Kita "Arche Noah" mit einem Kostenfaktor von 13.466 Euro.
Sabine Benden, Stellvertreterin der Samtgemeinde-Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock (UWA), und der CDU-Fraktionsvorsitzende Rolf Suhr berichteten, dass der bestehende Vertrag zum 31. Juli 2019 gekündigt und der Kirche ein neuer Vertrag angeboten werden solle. Als Vorlage hatte sich die Samtgemeinde ein Muster aus Harsefeld schicken lassen, in dem ein Kuratorium über alle Anschaffungen zu informieren sei. In einem neuen Betriebsführungsvertrag sollte zukünftig geregelt werden, dass die Samtgemeinde nicht mehr alle Defizite trägt, sondern die Summe begrenzt wird.
Des Weiteren legten Benden und Suhr dar, dass die Kirche selbst ihre Ausgaben "prüfe", sich quasi selbst kontrolliere. "Alle Kitas müssen ihre Träger bei Anschaffungen fragen, die Kirche nicht", so Benden. Das Prüfen könne künftig vielleicht der Landkreis übernehmen.
Für den ev.-lutherischen Kindertagesstättenverband, dem die beiden Apenser Kirchen-Kitas angehören, ist das ein Schlag ins Kontor. Die ins Feld geführten Aussagen will dessen Vorstand nicht unkommentiert stehen lassen. "Die Kosten miteinander zu vergleichen, ist wie der Vergleich von Äpfeln und Birnen", meint der 1. Vorsitzender des Verbands, Pastor Lutz Tietje. In der "Arche Noah" seien die Betreuungskosten unter anderem höher, weil auch die Betreuungszeiten im Gegensatz zu den anderen Kitas länger seien. Dadurch erhöhe sich der Personalaufwand ebenso wie durch die Inklusionsgruppe, für die eine zusätzliche Erzieherin erforderlich ist. Das treibt die Kosten in die Höhe.
Verbands-Geschäftsführerin Rita Wunderlich ergänzt, dass es in 2018 zwei Langzeit-Krankheitsfälle gegeben habe. "Wir müssen die Betreuung der Kinder sichern und sofort Ersatz-Erzieher engagieren. Dadurch haben wir im vergangenen Jahr über einen längeren Zeitraum doppelte Gehälter gezahlt."
Was zusätzlich zu Buche schlage, seien Einrichtungsgegenstände, deren Anschaffung nach dem Neubau 2016 erforderlich gewesen seien, da es statt der geplanten zwei Gruppenräume schließlich vier Gruppenräume gab. "Die unausweichliche Überschreitung der maximal geplanten 200.000 Euro hat damals zu vielen unangenehmen Gesprächen geführt und wird der Kirchengemeinde noch heute vorgeworfen", sagt Wunderlich.
Auch die Aussage, die Kirche prüfe sich selbst, möchte der Verband klarstellen. Es gebe ein eigenes, unabhängiges Rechnungsprüfungsamt der Hannoverschen Landeskirche, das auch die Jahresabschlüsse der evangelischen Kitas prüfe - zu denselben Voraussetzungen und Regelungen, mit denen auch das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises prüfe. Das übrigens auch den Haushalt des Landkreises selbst prüfe: "Da müsste man auch dem Landkreis vorwerfen, dass er sich selbst prüft."
"Die Kündigung nach 50-jähriger Spielkreis- und Kindertagesstättenträgerschaft durch die Kirchengemeinde finden wir sehr enttäuschend", sagt Lutz Tietje. Zumal es gerade gelungen sei, den Fachkräftemangel bei der Betreuung und die drohende Gruppenreduzierung abzuwenden (das WOCHENBLATT berichtete) und offene Stellen zum kommenden Kindergartenjahr neu zu besetzen.
Bleibt es bei der Kündigung, tritt sie am 31. Juli 2020 in Kraft. "Wir merken, dass durch die Aussagen der Samtgemeinde eine große Verunsicherung bei Eltern und Erziehern herrscht", sagt der 2. Verbandsvorsitzende, Pastor Thomas Haase. "Wir wollen die Kitas auf jeden Fall weiterführen." Für Fragen und Gespräche der Samtgemeinde-Ratsmitglieder sei der Verband jederzeit da. "Es ist alles fundiert zu erklären und zu belegen."
Petra Beckmann-Frelock hatte bereits während der Ratssitzung Gesprächsbereitschaft signalisiert. Mitte August wird sie sich mit dem Kindertagesstättenverband zusammensetzen.
Oberlandeskirchenrat äußert sich
"Bisher ist das Verhältnis mit den Kommunen sehr partnerschaftlich geprägt", sagt Oberlandeskirchenrat Hans-Joachim Lenke aus Hannover. Die Kirche unterstütze die Kommune bei der Erfüllung ihrer Aufgabe, hinreichend Betreuungsplätze vorzuhalten, und nimmt zeitgleich einen eigenen Bildungsauftrag wahr. Es sei unverständlich, warum die Samtgemeinde Apensen solche Konditionen vorgebe und das staatlich garantierte Selbstbestimmungsrecht der Kirche einschränken möchte. "Wir können dies nur so verstehen, dass die Samtgemeinde nicht mehr mit der Kirche zusammenarbeiten möchte."
Redakteur:Alexandra Bisping |
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