Politischer Sommer-Aufreger in Apensen
Satzung für "Abzockmiete" wohl ungültig
Die sogenannte "Abzockmiete", die die Samtgemeinde Apensen von zwei jungen Frauen aus der Ukraine kassieren will, schlägt mitten in der Sommerpause hohe Wellen in der Politik. Wie berichtet, sollen die Ukrainerinnen jeweils 511 Euro für ein gemeinsames Zimmer von 20 Quadratmetern bezahlen. Küche und Bad sind Gemeinschaftsräume. Die Unterkunft wird offiziell als Obdachlosen-Domizil von der Samtgemeinde betrieben.
Wie das WOCHENBLATT jetzt erfahren hat, ist die Satzung, die die horrende Gebühr (im Volksmund Miete) absichern soll, mutmaßlich nicht gültig. Die "Änderung der Benutzungs- und Gebührensatzung der Samtgemeinde Apensen für Obdachlosenunterkünfte", beschlossen vom Samtgemeinde-Rat am 30. Juni, ist offenbar nicht - wie vorgeschrieben - im Amtsblatt des Landkreises Stade veröffentlicht worden. Damit ist die Satzung wirkungslos, sozusagen ein Papier-Abzock-Tiger.
Vielleicht auch besser so, denn Nachbessern scheint angeraten. Die Verwaltung hat während der Juni-Sitzung argumentiert, dass ein sogenannter Sicherungsaufschlag genommen werden soll. "Dieser Sicherungsaufschlag soll die Kosten des Bauhofes sowie Kosten für Leerstand etc. decken", steht in der Vorlage. Zahlen für Geflüchtete aus der Ukraine muss das Jobcenter. Vorher, etwa auch für andere Geflüchtete, war das der Landkreis. Der hat etwa für die Bereitstellung der Unterkünfte, zum Beispiel das Aufbauen von Betten etc., einen Aufschlag bezahlt, der aus Bundesmitteln kam. Diesen Aufschlag zahlt das Jobcenter, jetzt für die Ukrainer verantwortlich, nicht. Daher hat die Samtgemeinde offenbar den höchst möglichen Gebührensatz für die Unterkünfte kassieren wollen. Auch das Jobcenter war darüber nicht amüsiert.
Der nächste mutmaßliche handwerkliche Fehler der Verwaltung: Wenn es das eigentlich logische Ziel ist, die Unterkünfte kostendeckend zu betreiben, muss eine Kalkulation her. Es braucht Zahlen und Fakten als Begründung der Gebühr. Und diese Kalkulation muss regelmäßig wiederholt werden. Das ist, so scheint es zumindest Insidern, unterblieben.
Sollten sich einige Mitglieder aus dem Samtgemeinde-Rat jetzt aufregen - es gibt noch einen kleinen Nachschlag: Die Kommunalaufsicht des Landkreises hat sich nach WOCHENBLATT-Informationen in der vergangenen Woche im Rathaus der Samtgemeinde gemeldet. Grund: Die gesamte Führungsebene war abwesend. Bürgermeisterin, Stellvertreter und Stellvertreter des Stellvertreters waren krank oder im Urlaub. Das Fehlen von Führungskräften, die Verantwortung tragen, stieß bei der Kommunalaufsicht nicht auf große Begeisterung.
Tom Kreib
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