Gewerberuine in Neu Wulmstorf
"Schwarz Cranz"-Fläche kurz vor dem Verkauf?
Es wird noch sehr diskret hinter verschlossenen Türen verhandelt. Das knapp vier Hektar große Grundstück des ehemaligen, insolventen Wurstproduzenten Schwarz Cranz im Gewerbegebiet in Neu Wulmstorf könnte demnächst neue Besitzer finden. Als potenzieller Käufer wird "Segro" genannt, ein Immobilientrust mit Sitz in Großbritannien, der in vielen europäischen Ländern aktiv ist. Die für "Segro" in Deutschland verantwortliche PR-Agentur will die Verhandlungen weder dementieren noch bestätigen. Und Neu Wulmstorfs Bürgermeister Tobias Handtke hofft darauf, dass der Leerstand und schleichende Verfall des Riesenareals bald beendet ist. Dass die Gemeinde die Flächen selbst erwirbt, sei nie in Frage gekommen, sagt er. Mitwirken an der Zukunft wird sie dennoch: Eine andere Nutzung ist ein Thema, das durch die politischen Gremien geht.
Von außen betrachtet ist es eine komplizierte Gemengelage rund ums Grundstück im Gewerbegebiet. Im Dezember 2020 verkündete der Insolvenzverwalter Friedrich von Kaltenborn-Stachau das endgültige Aus für Schwarz Cranz. Ein Verkauf an eine "Tönnies"-Tochter war gescheitert, eine Insolvenz in Eigenregie hatte sich schon Monate zuvor erledigt.
Rätselraten um
Besitzverhältnisse
Wem das Grundstück gehört, Schwarz Cranz hatte dafür Miete gezahlt, war nicht bekannt. Neu Wulmstorfs ehemaliger Bürgermeister Wolf-Egbert Rosenzweig hatte mehrfach im WOCHENBLATT darüber geklagt, dass es trotz intensiven Bemühens für die Gemeinde nicht möglich gewesen sei, den tatsächlichen Eigentümer aufzuspüren.
Hintergrund: Der letzte bekannte Eigentümer waren die "Schwarz Liegenschaften". An die hatte der Insolvenzverwalter das geräumte Grundstück auch übergeben. Wer tatsächlich das Sagen hat, war jedoch nicht bekannt.
Forderung von bis
zu 100 Millionen Euro
Für Friedrich von Kaltenborn-Stachau ist der möglicherweise anstehende Verkauf kein Thema, weil die Flächen nicht zur Insolvenzmasse gehören. Nach wie vor geht der Insolvenzspezialist davon aus, dass es Forderungen von Gläubigern in Höhe von 70 bis 100 Millionen Euro gibt.
Über die Hintertür könnte der Verkauf dennoch für den Juristen eine Rolle spielen. Er hat die ehemaligen Geschäftsführerinnen Kristin Schwarz und Wiebke Krüger unter anderem wegen Insolvenzverschleppung auf einen "hohen mehrstelligen Millionenbetrag verklagt", so von Kaltenborn-Stachau. Der Fachanwalt rechnet mit einem mehrjährigen Verfahren durch mehrere Instanzen und ist überzeugt, am Ende zu gewinnen. Wenn er seine Millionen-Forderung dann eintreiben will, zählt jeder Euro. Sollte aus einem möglichen Verkauf an "Segro" Geld an die ehemalige Schwarz-Cranz-Chefin geflossen sein, könnte der Jurist auch dort ansetzen.
Für Neu Wulmstorfs Bürgermeister Tobias Handtke sind derlei juristische Spitzfindigkeiten kein Thema. Im Vorfeld der jetzt möglicherweise anstehenden Veräußerung sei nie von der Politik diskutiert worden, ob sie das gemeindliche Vorkaufsrecht nutzen wolle. Dieser Brocken wäre zu groß gewesen. "Das ist schließlich keine grüne Wiese", so Handtke, die nur entwickelt werden müsse. Er hofft, dass der Stillstand dort überwunden wird und neue Jobs geschaffen werden. Schwarz Cranz war früher der größte Arbeitgeber vor Ort.
"Segro", so ihre PR-Firma "PB 3C", werde sich öffentlich äußern, wenn Vollzug beim Grundstückskauf gemeldet werden könne.
Durchsuchung bei Wirtschaftsprüfer
(tk). Unabhängig von der juristischen Auseinandersetzung, die der Insolvenzverwalter Friedrich von Kaltenborn-Stachau gegen die beiden ehemaligen Schwarz-Cranz-Geschäftsführerinnen führt, droht ihnen auch noch von anderer Seite juristisches Ungemach: Die Staatsanwaltschaft Stade ermittelt seit August 2021 gegen sie. Unter anderem wegen Betrugs. Diese Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen, erklärt Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade.
Im Gegenteil: Am 12. Juli hat eine Durchsuchung am Sitz eines Wirtschaftsprüfers stattgefunden, der für Schwarz Cranz tätig war. "Umfangreiches Beweismaterial ist dabei sichergestellt worden", sagt Kai Thomas Breas. Es gehe dabei um mögliche Straftaten, die sich aus dem Insolvenz-recht ableiten lassen.
Der Wirtschaftsprüfer sei dabei, so Breas, genauso wie die beiden Ex-Geschäftsführerinnen ein Beschuldigter. Dabei sei die Frage noch offen, ob es juristisch um Beihilfe oder eine Mittäterschaft gehe.
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