Neues Tierschutzgesetz geplant:
Werden Dackel und Schäferhund jetzt verboten?

Die Französische Bulldogge "Schnipsel" bekommt besonders, wenn es warm ist, zu wenig Luft durch seine extrem kurz gezüchtete Nase: "Er schafft dann kaum seine kleine Gassirunde", so Tierheimleiterin Melanie Neumann. | Foto: Tierheim Buchholz
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  • Die Französische Bulldogge "Schnipsel" bekommt besonders, wenn es warm ist, zu wenig Luft durch seine extrem kurz gezüchtete Nase: "Er schafft dann kaum seine kleine Gassirunde", so Tierheimleiterin Melanie Neumann.
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Seit 2002 ist der Tierschutz in Artikel 20a im Grundgesetz verankert. Im Koalitionsvertrag hat die aktuelle Bundesregierung vereinbart: Das aktuelle Tierschutzgesetz ist veraltet und muss überarbeitet werden. Der Gesetzentwurf der Regierung liegt nun vor. Seit er bekannt ist, haben zum Beispiel Dackelzüchter Angst, dass die Zucht ihrer Hunderasse jetzt verboten werden könnte. Auch die Schäferhundezucht könnte betroffen sein.

So richtig zufrieden scheint niemand mit dem Entwurf: Tierschützer, darunter der u.a. als "Hundeprofi" aus dem Fernsehen bekannte Martin Rütter, hatten immer wieder gefordert, das Tierschutzgesetz müsse Qualzuchten bei Hunden, zum Beispiel extrem kurze Schnauzen oder Beine, Riesen- oder Zwergwuchs verhindern, weil damit viele schlimme Krankheiten einhergehen, die den Tieren Leiden und Schmerzen bereiten.

Auch für Melanie Neumann, Leiterin des Buchholzer Tierheims, steht fest, dass man etwas gegen Qualzuchten tun muss. "Unser Schnipsel, eine französische Bulldogge, ist so ein Fall: Im Sommer schafft er kaum seine kleine Gassirunde - er bekommt einfach zu wenig Luft." Auch Tony, American Staffordshire Terrier hat Probleme. "Er hat zwar eine wunderbare Farbe, aber muss ständig Medikamente wegen extremer Hautprobleme nehmen." Das könnte mit der Fellfarbe zu tun haben. Aber kann das neue Gesetz solche Probleme verhindern?

Melanie Neumann hat da so ihre Zweifel: "Jedes Tier hat ein Recht auf ein unbeschwertes und vor allem schmerzfreies Leben. Mir scheint auch dieses Gesetz zu wenig konkret - da können sich die Betroffenen wieder herauswinden." Neumann liegt auch der Kampf gegen illegale Zucht und Handel am Herzen: "Auch da sind die Gesetze schwammig und nicht aussagekräftig genug, es gibt viel zu viele Schlupflöcher und die Strafen sind viel zu gering im Vergleich zum Profit."

Auch die Zuchtvereine sind unzufrieden. Sie fühlen ihre Rassen durch fehlende und zu ungenaue Qualzuchtmerkmale bedroht. Leider seien viele der genannten "Qualzucht"-Merkmale unbestimmt und nicht eindeutig. "Dies lässt einen großen Interpretationsspielraum zu, der die Gefahr von falschen oder überzogenen Auslegungen birgt und zu großer Rechtsunsicherheit bei den Vollzugsbehörden, Tierärzten, Züchtern und Hundehaltern führen wird", heißt es in der offiziellen Stellungnahme des Verbandes für das Deutsche Hundewesen VDH als größtem deutschen Dachverband für Hundezüchter.

Tatsächlich könnte laut Gesetzentwurf jede Abweichung vom Original unter "Qualzucht" fallen, denn was das Original ist, wird nicht definiert. So könnte das im Gesetz aufgeführte Merkmal „Anomalien des Skelettsystems“ als Zuchtverbot für jede erheblich Größenabweichung vom Urtyp Wolf ausgelegt werden. Denn der Begriff „Anomalien“ bedeutet zunächst einmal „Abweichung vom Normalen“. Dann könnten die Beinlänge zum Beispiel von Dackel, Beagle, Jack Russell Terrier und anderen kleinen Hunderassen zum Problem werden.

So läuft auch der Teckelklub Niedersachsen Sturm gegen das Gesetz. Der Vorsitzende des Landesverbands Niedersachsen Joachim Bahlmann aus Amelinghausen: "Wir kritisieren, dass es sich auf falsche Daten und Voraussetzungen stützt und durch die verschiedenen Bestimmungen auch kontraproduktiv auf unsere Zucht auswirkt. Hier trifft die Redensart 'gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht' zu."

Nach Bahlmanns Ansicht ist der deutsche Dackel ein kerngesunder Hund und wird völlig zu Unrecht durch das geplante Gesetz bedroht: "Das mag man schon der Tatsache entnehmen, dass Krankenversicherungen für Hunde den Teckel trotz seiner hohen Lebenserwartung in die günstigsten Tarife einstufen." Die zum Beispiel von Tierpathologen Achim Gruber bei am 15. April bei Stern TV berichteten hohen Raten an Bandscheibenvorfällen ("25 Prozent") bezögen alle Dackel weltweit ein - eben auch die nicht nach den deutschen Standards Gezüchteten. Nur 4,7 Prozent der im Teckelklub gezüchteten Hunde hätten Rückenprobleme.

Auch Schäferhundezüchter sind alarmiert. Roswitha Dannenberg, Präsidentin des Vereins für Deutsche Schäferhunde: "Der Schäferhund ist ein gesunder Hund. Unsere Zuchtstandards haben sich seit der Vereinsgründung 1899 nicht verändert." Was sie allerdings auch sieht: In der Zucht werden einzelne Merkmale des Hundes extrem herausgezüchtet, zum Beispiel die extrem abfallende Rückenlinie. "Daher mein Appell an alle Zuchtrichter: Man sollte im Rahmen des Standards nicht immer die Extreme gut bewerten."

Der Deutsche Schäferhund, besonders der in Westdeutschland gezüchtete, war in den letzten Jahren in Verruf geraten, weil auf Zuchtschauen gut bewertete Hunde extrem abfallende Rückenlinien und daher keine sehr sportliche Erscheinung aufwiesen, die das geplante Gesetz - mangels genauer Kriterien - als "Skelettanomalien" verbieten könnte. "Der Schäferhund ist aber nach wie vor ein sehr guter Arbeits- und Familienhund", so Dannenberg. Alle zur Zucht verwendeten Tiere würden vorher genau auf Krankheiten wie Hüftdysplasie untersucht.

So richtig zufrieden scheint also offenbar niemand mit dem Gesetzesvorschlag: zu wenig eindeutig, nicht weitreichend genug, zu wenig Maßnahmen gegen die Welpenmafia - so die Kritik. Am 24. Mai wurde der Referentenentwurf vom Bundeskabinett trotzdem verabschiedet. Jetzt müssen noch Bunderat und Bundestag zustimmen - oder eben nicht.

Redakteur:

Gabriele Poepleu aus Jesteburg

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