„Wir wollen hier keine Städter!“
Jeannette Kiefer und ihre Mutter Hannelore wehren sich gegen Dorf-Mobbing in Ollsen.
mum. Hanstedt-Ollsen. „Das freundliche Dorf“ - steht am Ortseingangsschild von Ollsen, einem kleinen Ortsteil der Gemeinde Hanstedt. Etwa 500 Menschen sind dort zwischen Wald, Wiesen und Heide zu Hause. Auch Jeannette Kiefer und ihre Mutter Hannelore waren begeistert von dem kleinen Dorf.
„Für uns ging ein Traum in Erfüllung, als wir um Sommer 2013 aus Hamburg nach Ollsen zogen“, erinnert sich Jeannette Kiefer. Sie kauften ein mehr als 100 Jahre altes Bauernhaus in der Straße Höllenweg und steckten viel Zeit und Geld in die Restaurierung. Doch obwohl das Haus inzwischen ein echtes Schmuckstück geworden ist, wird das Glück von Mutter und Tochter seit einiger Zeit auf eine harte Probe gestellt. „Einige Dorfbewohner wollen uns hier nicht haben“, sagt Jeannette Kiefer, sie arbeitet für ein Mineralöl-Unternehmen. „Das wird uns auf ganz unterschiedlichen Arten gezeigt.“ Jetzt fand das Dorf-Mobbing
seinen vorläufigen Höhepunkt - die Frauen wurden Opfer einer Sachbeschädigung.
Vergangenen Mittwoch - es war kurz vor Mitternacht - beobachtete Jeannette Kiefer wie sich ein kräftiger Mann vor ihrem Haus auffällig verhielt. Er versteckte sich hinter dem Zaun. Sie schaltete das Licht ein und wartete ab. Der Mann entfernte sich nach einiger Zeit von ihrem Grundstück. Dabei sah sie, dass er von Kopf bis Fuß in einen weißen Schutzanzug steckte. „Natürlich war es naiv, nicht gleich die Polizei zu rufen“, so Jeannette Kiefer. „Aber da er nicht versuchte, in das Haus einzusteigen, habe ich darauf verzichtet.“
Am nächsten Morgen dann die böse Überraschung: Der Unbekannte hatte drei große Findlinge vor dem Haus mit Farbe besprüht. Was wie ein Streich dummer Jungen klingt, hat einen ernsten Hintergrund. „Ganz offen wurden wir von einzelnen Bürgern im Dorf immer wieder bedroht“, so die beiden Frauen.
Bevor die Kiefers nach Ollsen gezogen waren, nutzen viele Leute den Grünstreifen vor dem lange leerstehenden Haus als Parkplatz. Die Autos wurden spät in der Nacht unmittelbar vor den Fenstern abgestellt. Das änderte sich auch nach ihrem Einzug nicht. „Im Erdgeschoss befindet sich ein Schlafzimmer. Wir haben uns sehr gestört gefühlt“, so Jeannette Kiefer. Laut eigenen Angaben haben sie die Nachbarn gebeten, darauf Rücksicht zu nehmen. Doch es habe sich nichts geändert. Mit Genehmigung der Gemeinde ließen die Frauen vor zwei Jahren Findlinge vor ihrem Grundstück aufstellen. „Nur in dem Bereich, wo sich das Haus befindet.“ Das passte einigen Nachbarn wohl nicht: „Uns wurde angedroht, dass das Konsequenzen haben wird“, erinnert sich Jeannette Kiefer. „Wir hätten um Genehmigung fragen sollen.“
Die Situation im Ort sei schwierig. „Wir sind wie wir sind“, sagen Mutter und Tochter. „Wir möchten in Ruhe gelassen und mit Respekt behandelt werden.“ Sie würden zwar Veranstaltungen des Dorfes unterstützen, hätten aber wenig Kontakt zu ihren Nachbarn. „Wir haben lange überlegt, ob wir mit der Situation in die Öffentlichkeit gehen wollen“, so Jeannette Kiefer. Die Konsequenz könnte sein, dass sich die Situation weiter verschärft. „Aber wir wollen uns auch nicht alles gefallen lassen“, so Kiefer. Aus diesem Grund hat sie bei der Polizei Anzeige erstattet. „Hier im Dorf gibt es auch sehr viele nette Menschen. Sie warnten uns davor, dass es aber auch einige gibt, die hier keine Fremden haben wollen.“ Auch Aussagen, wie „wir verkaufen keine Grundstücke an Städter“ sei gefallen.
• Ein Einzelfall oder die Regel? Das WOCHENBLATT möchte von Lesern, die in den Landkreis Harburg gezogen sind, wissen, wie sie aufgenommen wurden. Vor allem interessieren uns die Erlebnisse von Leuten, die sich in kleinen Dörfern niedergelassen haben. Schicken Sie uns Ihre kurze E-Mail an
mum@kreiszeitung.net.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.