Jesteburg: „Das geschieht doch alles nur aus Rache!“
Jesteburger Bürger machen gegen Unternehmen in Hanstedt Stimmung / Info-Veranstaltung der CDU zum Thema Famila / Höper: „Keine Lust auf gemeinsame Projekte“
mum. Jesteburg. „Edeka-Inhaber Siegfried Dalinger und Kaufhaus-Chef Paul Steinkraus sind doch nur auf Rache aus!“ Oder: „Das sind schlechte Verlierer“, so oder ähnlich lauteten Kommentare während einer Info-Veranstaltung der CDU in Jesteburg am Mittwochabend. In dem kleinen Heidedorf sind viele Bürger wütend auf die beiden Hanstedter Unternehmer. Hanstedt-kritische Äußerungen aus dem Jesteburger CDU-Orstverband sind offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen (das WOCHENBLATT berichtete).
Für viele der etwa 80 Besucher war schnell klar, warum die Gemeinde Hanstedt gegen die Pläne, einen Famila-Markt am Ortsrand anzusiedeln, ein Normenkontrollverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingeleitet hat. „Die gönnen uns den Famila-Markt nicht“, so ein Gast. Wie berichtet, hatte sich ursprünglich allein Edeka um den Standort am „Alten Moor“ bemüht. Später hatten Politik und Bürger für einen Famila-Markt plädiert.
Die Jesteburger wollten wissen, warum Hanstedt überhaupt das Recht hat, vor Gericht zu ziehen. „Am besten ist es doch, wenn jede Gemeinde für sich entscheidet, welche Unternehmen sie haben willl“, sagte ein Besucher.
„Ganz so einfach ist das nicht“, so Dr. Alexander Stark (Stabsstelle Kreisentwicklung und Wirtschaftsförderung beim Landkreis Harburg). Man stelle sich vor, in Jesteburg eröffne ein 3.000 Quadratmeter-Markt und wenig später folgt dann im Nachbarort ein Warenhaus mit 6.000 Quadratmetern. Das könne nicht das Ziel sein. „Aus diesem Grund unterteilt die Landesbehörde im Regionalen Raumordnungsprogramm den Landkreis Harburg in unterschiedliche Zentren“, so Stark. Jesteburg sei ein Grundzentrum. Ein Vollsortimenter in der angestrebten Größe sei dort nicht vorgesehen. Hanstedt argumentiert, dass dessen Sogwirkung weit über die Grenzen Jesteburgs hinausreichen würde - mit fatalen Folgen für viele kleine Geschäfte.
Argumente dagegen lieferte Boris Böhm (Planungsbüro Dr. Lademann & Partner; zuständig für die Bebauung des Festhallengeländes). „Wir haben errechnet, dass Jesteburg einen Kaufkraftabfluss von mindestens 50 Prozent hat. Selbst wenn Famila kommt, würden noch immer 20 Prozent auf andere Regionen folgen.“ Das sei ausreichend für die Nachbargemeinde. Hanstedt begründet die Klage auch damit, dass Jesteburg zu spät über die Ansiedlungspläne informiert habe. „Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“, so Samtgemeinde-Bürgermeister Hans-Heinrich Höper. Bereits seit 2006 gebe es Pläne für einen Supermarkt am Ortsrand. „Und mindestens genauso lange macht man sich in Hanstedt darüber lustig, dass wir hier nichts auf die Reihe bekommen.“
Was Höper verschweigt: Damals ging es nur darum, dass Dalinger einen Standort für seinen Edeka-Markt suchte, um auf knapp 1.800 Quadratmeter zu vergrößern. Selbst im Flächennutzungsplan von 2011 ist nur von einer maximalen Verkaufsfläche von 1.800 Quadratmetern die Rede. Bei Famila geht es um 3.000 Quadratmeter plus Bäckerei und einen zusätzlichen Shop.
Hanstedt hat laut Höper ein Eilverfahren angestrebt. So sei mit einer Entscheidung innerhalb von drei bis vier Monaten zu rechnen. Abhängig vom Urteil könnte es dann bis zu zwei Jahre dauern, bis das Gericht zu einem Ergebnis kommt. Während dieser Zeit werde der Landkreis aus Furcht vor einer Schadensersatzklage voraussichtlich keine Baugenehmigung erteilen.
„Das Verhältnis ist belastet“, beschreibt Höper die Beziehung zur Nachbargemeinde. Man habe keine große Lust, neue gemeinsame Projekte anzugehen. Allerdings warnte Höper auch davor, sämtliche Beziehungen abzubrechen. „Wir arbeiten in vielen Bereichen gut zusammen. Das sollte man nicht aufgeben.“
Kommentar
Hanstedt hat das Recht zu klagen
Die Schuld für das eigene Versagen bei anderen zu suchen, ist einfach. Edeka-Betreiber Dalinger und Dittmer-Eigentümer Steinkraus für die Klage verantwortlich zu machen, ist schlicht eine Frechheit. Und jeder Jesteburger Politiker und Verwaltungsmann tut gut daran, kein unnötiges Öl ins Feuer zu gießen. Hanstedt hat ein Recht darauf, die Famila-Ansiedlung prüfen zu lassen.
Es wäre fahrlässig, wenn Verwaltungschef Olaf Muus dies nicht tun würde. Wie groß wäre der Aufschrei, wenn am Ende in Hanstedt Geschäfte aufgrund der übermächtigen Famila-Konkurrenz schließen müssten. Von Hans-Heinrich Höper würde man nichts anderes erwarten. Außerdem hat Hanstedt stets darauf hingewiesen, die Rechtmäßigkeit des B-Plans prüfen zu lassen. In Jesteburg hat dies jedoch offensichtlich nie jemand ernst genommen.
Sascha Mummenhoff
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.