Bauausschuss in Jesteburg tagte:
Knappes Votum für die Bossard-Erweiterung

Die Grafik zeigt, wie die Fassade der Bossard-Kunsthalle aussehen könnte | Foto: Frenzel & Frenzel / thl
  • Die Grafik zeigt, wie die Fassade der Bossard-Kunsthalle aussehen könnte
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SPD und CDU überstimmen mit 3:2 Grüne und UWG / Lob und Kritik für die Pläne durch die Politik
mum. Jesteburg. Das war denkbar knapp: Mit drei zu zwei Stimmen hat der Jesteburger Ausschuss für Bau und Planung am Mittwoch für die Aufstellung eines Bebauungsplans für die Erweiterung der Kunststätte Bossard gestimmt. Außerdem soll bei der Samtgemeinde eine Überarbeitung des Flächennutzungsplans beantragt werden. SPD und CDU stimmten dafür, Grüne und UWG dagegen.
Wie berichtet, fördert der Bund die Zukunftsvision, in deren Zentrum der Bau einer "Kunsthalle für die Lüneburger Heide" als neuer Eingangshalle zum Gesamtkunstwerk steht, mit 5,38 Millionen Euro. Zwei Millionen Euro für die mit insgesamt 10,76 Millionen Euro veranschlagte Erweiterung übernimmt der Landkreis, sofern der restliche Betrag durch weitere Zuschüsse Dritter aufgebracht wird. Außerdem soll der laufende jährliche Zuschuss des Landkreises auf 400.000 Euro erhöht werden. Bossard-Leiterin Dr. Gudula Mayr hatte das Konzept im Ausschuss vorgestellt.
Und das sagen die Fraktionsspitzen zur geplanten Erweiterung:
Britta Witte (CDU): "Ich bin begeistert von der Bossard-Erweiterung und sehe darin eine große Chance nicht nur für den Erhalt des Bossard-Gesamtkunstwerkes, sondern für die ganze Region. Mir ist wichtig, dass sich die Kunsthalle nicht mehr in den Vordergrund drängt, sobald ich auf dem Gelände des Wohnhauses und des Tempels bin. Die Idee des 'Eingrabens' in die Topografie und die Begrünung des Daches finde ich daher sehr charmant. Man darf auf den Architekten-Wettbewerb gespannt sein. Dass die Parkplätze reduziert gebaut werden und nur bei Bedarf erweitert werden können, ist auch richtig. Vielleicht findet sich auch noch ein anderer geeigneter Standort."
Philipp-Alexander Wagner (FDP): "Nach unserer Auffassung sind nach der Info-Veranstaltung am Mittwoch mehr Fragen offen als vorher. Ob das Projekt für Jesteburg Vorteile bringt, ist völlig unklar. Derzeit ist nur eine deutliche Zunahme des Verkehrs und erhebliche Kosten für den Ausbau der Straße und für zusätzliche Busanbindungen erkennbar. Bei der derzeitigen Haushaltslage undenkbar. Wer mit einem Betonbunker in einem Waldgebiet für ein solches Projekt wirbt, der hat offensichtlich den Bezug zu örtlichen Realitäten verloren. Zudem ist völlig unklar was passiert, wenn das Projekt floppt. Trägt dann der Landkreis die horrenden Kosten auch weiterhin oder wird wieder der Jesteburger Steuerzahler zahlen müssen? Ohnehin haben wir den Eindruck, dass die örtliche Politik zum Erfüllungsgehilfen des Kreistages degradiert werden soll. Auf Kreisebene ist das Megaprojekt bereits beschlossene Sache. Wie die Jesteburger dazu stehen, interessiert anscheinend nicht mehr wirklich. Die Entscheidung, ob so ein Projekt in unserem Dorf realisiert werden darf, sollten aber auf alle Fälle die Jesteburger im Rahmen einer Bürgerbefragung treffen. Was ist denn, wenn die Besucherzahlen nicht deutlich steigen? Geht dann der komplette Kulturetat von Jesteburg für die Kunsthalle drauf?"
Hansjörg Siede (UWG Jes!): "Die Kunststätte Bossard gilt als kulturhistorisches Gesamtkunstwerk. Deshalb befürworten wir den Erhalt und unterstützen eine behutsame Instandsetzung. Das vorgestellte Konzept ist jedoch überdimensioniert und wenig ausgegoren. Uns fehlen tragfähige Lösungen zu den Themen Verkehrsanbindung, Umweltbelastung (Waldvernichtung, Lärm und Abwasser) und belastbare Aussagen über den Nutzen für die Gemeinde Jesteburg. Wenn die Stiftung die Bedenken der Bürger ernst nimmt, muss sie ihre ersten Entwürfe jetzt überarbeiten und erneut zur Diskussion stellen, weil ein Projekt dieses Ausmaßes auf eine breite Zustimmung vor Ort angewiesen ist. Wir werden uns nicht unter Zugzwang setzen lassen, nur weil ein erstes Grobkonzept auf Bundes- und Landkreisebene befürwortet wurde. Jesteburg muss mit den Folgen einer Umsetzung tagtäglich zurechtkommen, deshalb setzt die Erarbeitung des von der Stiftung eingeforderten Bebauungsplanes für uns voraus, dass zuvor durch die Stiftung eindeutig festgelegt wird, was in welchem Umfang gebaut werden soll, welche Infrastrukturmaßnahmen notwendig wären und wer die entsprechenden Kosten übernehmen wird."
Karl-Heinz Glaeser (Grüne/Bündnis 90): "Das ganzheitliche Erfahren von Kunstwerken aus den unterschiedlichen Epochen mit all unseren Sinnen ergänzt und konfrontiert unsere wachsend digitale Wahrnehmungsveränderung. Dafür und für die persönliche Bildung gerade auch junger Menschen macht die kreative Auseinandersetzung mit dem Gesamtkunstwerk bereits jetzt ein herausragendes Angebot. Aus diesem Grund ist für uns eine maßvolle Erweiterung der Kunststätte - besonders auch bildungspolitisch - sinnvoll und unterstützenswert. Allerdings akzeptieren wir die bisherige Konzentration auf den Individualverkehr und die damit verbundene überdimensionierte Parkplatzanlage im Wald nicht. Weil diese beiden Bereiche im totalen Gegensatz zu unserem Selbstverständnis stehen, haben wir gegen die Einleitung eines Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplanes gestimmt."

"Ein schwerwiegender Eingriff"

Verschiedene Verbände und Initiativen kritisieren die Erweiterung.
Elisabeth Bischoff (BUND-Regionalverband Elbe-Heide): "Der Landkreis Harburg zusammen mit der Museumsleitung sowie mit örtlichen Touristen- und Wirtschaftsverbänden beabsichtigen jetzt mit Fördergeldern des Bundes und des Landkreises in Millionenhöhe, aus dem noch verträumten Museumsareal einen Touristenmagneten herzustellen, der sich in die Kette der bereits bestehenden Attraktionen Kiekeberg, Barfußpfad und Wildpark mit Baumwipfelpfad einfügen soll. Gegen eine bescheidene Erweiterung, ohne die Verwendung von Beton oder anderen sehr auffälligen, klimaschädlichen Baustoffen, wären aus der Sicht des BUND keine Einwendungen zu erheben. Die jetzigen Planungen bedeuten allerdings einen schwerwiegenden Eingriff in einen bisher ruhigen, grünen und von größeren Zuwegungen nicht durchschnittenen Landschaftsraum. Ein Gebiet, das im regionalen Raumordnungsprogramm als zu schützen dargestellt ist. Schwerwiegende Bedenken bestehen zudem, wenn große Teile des dort bestehenden Mischwaldes geopfert werden sollten, für Flächen, die zur Herstellung von Parkplätzen dienen. Der Wald muss vollständig erhalten bleiben."
Holger Daedler ("Allianz gegen den Neubau eines Bossard-Kunst-Bunkers"): "Bislang wurde kein Wort darüber verloren, welche Kosten für die Erweiterung der Infrastruktur notwendig werden - und wer sie bezahlt. Wir sind empört über die kurze Zeitabfolge zwischen der ersten öffentlichen Vorstellung am 24. Februar und der entscheidenden Ausschusssitzung, die zwei Tage späte erfolgte. Wir appellieren an die Verantwortlichen, das völkische Gedankengut von Johann Bossard noch einmal ausführlich zu überprüfen. Während des Info-Abends wurde die NS-Vergangenheit von den Referenten erwähnt und heruntergespielt. Wir geben zu bedenken, dass Neonazis und Faschisten in Deutschland nach Orten suchen und weiterhin suchen werden, wo sie Vorbild und braune Vergangenheit vereint vorfinden. Die Bossard-Kunststätte darf keine Pilgerstätte von Rechtsradikalen werden."

Redakteur:

Sascha Mummenhoff aus Jesteburg

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