Raritäten entdeckt beim Abbau
Vierhöfener Scheunenrettungs-Projekt geht voran

Akribisch wurde die historische Scheune am Dorfplatz in Vierhöfen abgetragen | Foto: Regine Reich
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Noch vor Kurzem stand im Ortskern von Vierhöfen eine über 150 Jahre alte Scheune. Jetzt musste auch sie verschwinden, weil ein Investor auf dem Areal am Dorfplatz bis zu zehn neue Mehrfamilienhäuser errichten will. Der historische ortsbildprägende Fachwerkbau wurde jedoch nicht ratzfatz abgerissen, sondern über mehrere Wochen vom Verein "Freundeskreis Vierhöfen" akribisch abgetragen. Die Initiative um die Vorsitzende Ulrike Aschenbrenner will die Scheune am Dorfrand wieder aufbauen als einen im Landkreis Harburg wohl einmaligen Ort für Naherholung, sanften Tourismus, soziales Leben und Kulturevents (das WOCHENBLATT berichtete).

"Mit einer Kerntruppe von etwa 15 Leuten haben wir die Scheune Stein für Stein und Dachziegel für Dachziegel abgetragen. Damit später alles wieder genauso an seinen Platz kommt, haben wir unter anderem die Gefache beim Verladen - je nach Himmelsrichtung - mit verschiedenen Farben markiert", berichtet Ulrike Aschenbrenner beim Ortstermin mit dem WOCHENBLATT. Die einzelnen Bestandteile werden jetzt in der näheren Umgebung zwischengelagert.

Das Abtragen hat der "Freundeskreis" überwiegend in Eigenleistung gestemmt, für einige Arbeiten waren jedoch Fachleute nötig. "Wir hatten hier Kosten von rund 20.000 Euro, wofür wir einen zinslosen Kredit aufgenommen haben. Um ihn zurückzuzahlen, benötigen wir weiterhin Spenden", so Vereinskassenwartin Regine Reich. Viele Leute hätten bereits ihre Unterstützung signalisiert. "Wir freuen uns, dass wir die historische Scheune erhalten können, und sind überwältigt vom Zusammenwirken einer drei Generationen umfassenden Dorfgemeinschaft bei diesem Projekt."

"Beim Abbau haben wir ein paar besondere Funde gemacht", führen Regine Reich und Ulrike Aschenbrenner ein paar echte Hingucker vor: zwei seinerzeit aus Lehm gebrannte Klinker, auf denen sich vor dem Erhärten des Materials ein Hahn und eine Katze mit Fuß bzw. Pfote verewigt haben, sowie einen Dachziegel, in den Bauarbeiter in alter Sütterlin-Schrift "Schönen Gruß an Großmutter Silberstein" gravierten. "Wir wissen leider nicht, wer die gegrüßte Dame ist", bedauert Ulrike Aschenbrenner. Und präsentiert als weitere Rarität einen gefundenen Ziegelstein mit Einschussloch inklusive Munition: "Im Zweiten Weltkrieg wurde der Bauernhof, zu dem die Scheune gehörte, von den Engländern beschossen. Das ist ein Andenken an dieses Kapitel der Dorfgeschichte."

Für den Neuaufbau der Scheune am Ortsrand von Vierhöfen müssen zunächst der Bebauungs- und der Flächennutzungsplan geändert werden. Hierüber führt der Verein derzeit Gespräche mit Gemeinde, Samtgemeinde und Landkreis. "Sobald die Planänderungen beschlossen sind, werden wir Fördermittel für unser Vorhaben beantragen", kündigt Regine Reich an. Der Aufbau werde voraussichtlich einen mittleren fünfstelligen Betrag kosten. "Wir sind zuversichtlich, dass wir die 'neue' Scheune 2026 für die Besucher öffnen können", schmieden Regine Reich, Ulrike Aschenbrenner und der übrige "Freundeskreis Vierhöfen" optimistisch Zukunftspläne.

• Wer den Verein unterstützen möchte, bekommt unter http://freundeskreis-vierhoefen.de weitere Informationen.

Akribisch wurde die historische Scheune am Dorfplatz in Vierhöfen abgetragen | Foto: Regine Reich
Mitglieder des "Freundeskreises Vierhöfen" verladen die Klinker und Dachziegel der Scheune auf einen Anhänger | Foto: Regine Reich
Am ehemaligen Scheunenstandort: Regine Reich (li.) und Ulrike Aschenbrenner vom "Freundeskreis Vierhöfen" mit Baumaterial, auf dem sich einst ein Hahn und  Bauarbeiter verewigten | Foto: ce
Die Abbruch-Funde auf einen Blick: der Dachziegel mit Bauarbeiter-"Signatur" sowie die Klinker mit Hahnenfuß- und Katzenpfoten-Abdruck und Einschussloch | Foto: ce
Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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