Ukrainer berichtet im WOCHENBLATT
Die Ukraine im Fokus: Trump, Putins Drohnen und westliche Hilfe
Die ganze Welt blickt gespannt nach Amerika: Am kommenden Montag, 20. Januar, wird US-Präsident Donald Trump in seine zweite Amtszeit starten. Geradezu existenzielle Bedeutung hat die damit verbundene Neuausrichtung der Politik der Vereinigten Staaten für die Ukraine, die sich seit fast drei Jahren gegen die russische Invasion verteidigen muss. Das WOCHENBLATT hat den Kiewer Geschäftsmann Grischa Kaflowsky, der regelmäßig im Landkreis Stade zu Gast ist und in Zusammenarbeit mit dem Landkreis Stade humanitäre Hilfe für sein Heimatland organisiert, um eine Einschätzung der aktuellen Lage gebeten.
Der ehemalige Oberstleutnant der Sowjetarmee, der vor mehr als 30 Jahren in die Privatwirtschaft wechselte und seither über ausgezeichnete Kontakte in die Unterelbe-Region verfügt, pendelt unaufhörlich zwischen dem Landkreis Stade und der Ukraine. Gerade war er wieder in Polen, um seine Enkelin Julia dort in den Zug nach Berlin zu setzen. Das Mädchen war über Weihnachten bei der Familie in Kiew. Kaflowsky hatte Julia im Dezember auf dem Rückweg aus Stade mitgenommen, wo er mit Unterstützern einen Rettungswagen und einen Transporter mit Hilfsgütern abgeholt hatte. Der Landkreis Stade, Feuerwehren und Hilfsorganisationen unterstützen ihn seit Anbeginn bei seinen Hilfsaktionen.
Militärtransporte als Zeichen der westlichen Hilfe
„An der polnisch-ukrainischen Grenze habe ich mehrere Lkw mit Militärtechnik gesehen“, sagt Kaflowsky. Die westliche Hilfe komme an, auch aus Amerika. Insbesondere nachts seien Militärkonvois unterwegs, unter anderem mit Panzern. „Das sind positive Signale“, sagt der bestens vernetzte Ex-Militär. Offenbar wolle die Biden-Administration vor dem Machtwechsel im Weißen Haus noch so viel Ausrüstung wie möglich in die Ukraine schaffen. Die Rüstungswerke in den Karpaten – ein Gebirge an der Grenze zur Slowakei und zu Ungarn – seien voll ausgelastet. Militärfahrzeuge werden dort repariert und neu gefertigt. Vor einem halben Jahr hatte der deutsche Rheinmetall-Konzern in den Karpaten ein Werk eröffnet.
Päckchen packen für die Verteidiger an der Front
Einmal in der Woche packen Kaflowsky und seine Frau Halyna Pakete für die Soldaten an der Front – mit Wärmflaschen und dicker Kleidung. „Die Post funktioniert gut bei uns – und der Versand an die Front ist kostenlos“, sagt Kaflowsky. Es ist bitterkalt in der Ukraine, in Kiew schneit es derzeit. Sein Sohn Sascha kämpfte einige Monate in Bachmut und bei Charkiw an der Front, hauste wochenlang in eigenhändig ausgehobenen Schützengräben und Erdhöhlen. Im Februar und März 2022 hatte er mit seinem Regiment das Regierungsviertel von Kiew verteidigt. Nach einigen Klinikaufenthalten ist der IT-Spezialist, der sich freiwillig in den Militärdienst begab, weiterhin in ärztlicher Behandlung und lebt deshalb zurzeit bei seinen Eltern in Kiew.
Putins Rache über die Feiertage
„Derzeit haben wir Strom“, sagt Kaflowsky. „Aber keiner weiß, wie lange.“ Immer wieder gebe es Angriffe auf die Energieinfrastruktur. Der russische Drohnen-Terror ziele vor allem auf die Zivilbevölkerung. Das sei „barbarisch – einfach schrecklich“, besonders schlimm sei es über Weihnachten und über den Jahreswechsel gewesen. Selbst der Westen des Landes an der Grenze zu Polen sei nicht mehr sicher. „Das ist Putins Rache, weil wir uns von der russisch-orthodoxen Kirche losgesagt haben“, sagt Kaflowsky. Die Ukrainer haben die westlichen Feiertage übernommen – eine besondere Folge des Krieges.
Ungewissheit vor Trumps Amtsantritt
Ob Trump mit Putins Diktator Wladimir Putin einen Frieden für die Ukraine besiegeln kann, wie er es vollmundig versprochen hat? Kaflowsky setzt auf die wirtschaftliche Schwäche der Russen, sieht das Land vor dem ökonomischen Zusammenbruch. Die Umstellung auf Kriegswirtschaft sei für Putin auf Dauer nicht zu stemmen, der Kollaps sei nah. Das könnte die Machtposition der Ukraine und des Westens stärken. „Alles ist möglich“, zeigt sich Kaflowsky vorsichtig optimistisch. Klar sei, dass nur über Verhandlungen ein Waffenstillstand erreicht werden könne. Hier sei auch Europa gefragt, Stärke zu zeigen und die Ukraine zu unterstützen.
Spendenkonten sind weiterhin geschaltet
Die Hilfsaktion unter der Schirmherrschaft von Landrat Kai Seefried soll weitergehen, für 2025 ist erneut ein großer Hilfstransport geplant. Die Spendenkonten sind weiterhin geschaltet. Spenden können unter dem Stichwort „Ukraine-Hilfe Landkreis Stade“ auf folgende Konten eingezahlt werden:
DRK-Kreisverband Stade Flüchtlingshilfe gGmbH, IBAN: DE 91 2419 1015 1009 3346 00
Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. – Regionalverband Bremen-Verden, IBAN: DE 16 3702 0500 0004 3107 18
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