Staatsanwaltschaft Stade sucht Antworten
Lühe-Flut: Polizei muss weiter ermitteln
Idylle pur: Die Lühe fließt gemächlich an diesem Sommernachmittag in ihrem Flussbett an den Grundstücken hinterm Deich entlang. Wer hier wohnt, so der Eindruck, lebt in einem Urlaubsparadies. Doch es kann auch ganz anders aussehen: Ende Mai überschwemmte eine Flutwelle viele Grundstücke. Grund für das Unglück: Das Fluttor wurde nicht geschlossen. Seitdem laufen Nachforschungen, wer für das Unglück verantwortlich ist.
Die Wasserschutzpolizei hatte ihre Ermittlungen abgeschlossen und an die Staatsanwaltschaft Stade abgebeben. Die wiederum. erklärt ihr Sprecher Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas, hat nach einer ersten Prüfung des Sachverhalts weitere Ermittlungen der Polizei angeordnet. "Der Grund, warum das Fluttour nicht geschlossen worden ist, ist nach wie vor unklar."
Die Staatsanwaltschaft Stade hatte gegen eine Person ermittelt, nachdem die Akten der Polizei bei ihr eingetroffen waren. Die Ermittlungen wurden - so die juristische Formulierung - wegen des Herbeiführens einer Überschwemmung geführt. Nach der Prüfung der Vorwürfe steht für die Ermittlungsbehörde aber fest: "Es gibt keinen Ansatz für Vorsatz", so Breas. Und nur das wäre in diesem Zusammenhang strafbewehrt.
Weil alle Antworten auf das Warum fehlen, müsse weiter ermittelt werden. Die Staatsanwaltschaft legt den Finger in die Wunde: Wenn ein System eigentlich automatisch funktioniert, warum hat es in der Mainacht versagt?
Für das Lühe-Sperrwerk ist der NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz) verantwortlich. Am Dienstag wurde der Landesbetrieb durch die WOCHENBLATT-Nachfrage darauf aufmerksam, dass die Wasserschutzpolizei ihre Ermittlungen beendet hatte.
"Abschließende Ergebnisse zur Ursache der verspäteten Schließung liegen noch nicht vor", sagt NLWKN-Sprecher Carsten Lippe. Der NLWKN habe größtes Interesse an einer Aufklärung des Sachverhalts und unterstütze die ermittelnden Stellen auch weiterhin umfassend. "Parallel wird mit Hochdruck intern an der Aufarbeitung der Ereignisse gearbeitet und dabei stehen alle Schutzvorrichtungen und Abläufe rund um den Betrieb der Anlage auf dem Prüfstand", so Lippe.
Bis zur Aufklärung der Ursachen werde in einem ersten Schritt und rein vorsorglich zudem die Zahl an Absicherungen zur Vermeidung eines Ausfalls noch einmal um eine zusätzliche Sicherungsstufe erweitert. "Weitere zielgerichtete Maßnahmen können ergriffen und umgesetzt werden, sobald die konkrete Fehlerursache festgestellt wurde."
Nach wie vor fehlen Fakten, die das Versagen erklären. Mehrere Insider*, die anonym bleiben müssen, weil sie mit dem NLWKN weiterhin zusammenarbeiten müssen, sehen grundsätzlich ein Organisationsversagen. Wenn eine Alarmmeldung, hier die anrollende Flutwelle aus der Elbe, nicht bestätigt werde, müsse doch ein automatisierter Prozess einsetzen, der genau das verhindert, was Ende Mai passiert ist.
* Namen der Redaktion bekannt
Meldekette soll automatisch funktionieren
(tk). Das WOCHENBLATT wollte vom NLWKN wissen, wie die Stufen der Alarmierung im Falle einer Flutwelle aussehen und ob es zusätzliche Sicherungen gibt, wenn die erste Alarmmeldung offenbar ins Leere läuft.
NLWKN-Sprecher Carsten Lippe erklärt, dass es einen festgelegten Prozess der Alarmierung für das Lühe-Sperrwerk gebe. "Diese Alarmierung muss aktiv quittiert werden", sagt er. Das heißt, dass der Mitarbeiter, der für das Schließen des Fluttors zuständig ist, den Erhalt der Meldung bestätigen muss.
Für den Fall, dass es keine Rückmeldung gibt, sei vorgesehen, dass das System nach festgelegter Reihenfolge automatisiert weitere Kontaktaufnahmen unternehme. Konkret: "Gemäß Alarmierungsplan gibt es drei Kontaktaufnahmen mit dem diensthabenden Sperrwerkswärter, bevor das System dann dazu übergehen soll, nach Meldekette zusätzliche Akteure zu kontaktieren. Die Meldekette umfasst z.B. weitere Wärter vor Ort und benachbarte Sperrwerksstandorte an der Elbe."
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