Bürgerinitiative demonstrierte gegen Pläne der Stadt Stade zur Unterbringung von Flüchtlingen
jd. Stade. Ihrem Unmut über die geplante Unterbringung von 200 Flüchtlingen im Stader Stadtteil Ottenbeck machten am Samstagmittag rund 70 Bewohner des Stadtteils, in dem viele Spätaussiedler leben, lautstark Luft: Die Menschen zogen mit Trillerpfeifen, Trommeln und Tröten durch die Stader Innenstadt zum Alten Rathaus. Sie folgten einem Aufruf der neuen Bürgerinitiative "Zukunft Ottenbeck". Die Kundgebung rief auch eine Handvoll Gegendemonstranten auf den Plan.
Der Protest der neuen BI zielt nach den Worten einzelner Mitglieder - die Initiative hat weder einen Vorstand noch einen Sprecher - nicht auf die Menschen ab, die vor Krieg und Elend nach Deutschland geflüchtet sind. Im Zentrum der Kritik stehe die Stadtverwaltung, die einfach vollendete Tatsachen schaffe. Vor allem wird der vorgesehene Bau von zwei großen Gemeinschaftsunterkünften moniert, in denen bis zu 100 Asylbewerber untergebracht werden sollen.
Nach Meinung der BI-Aktivisten, von denen keiner im Gespräch mit dem WOCHENBLATT seinen Namen nennen wollte, sind 200 Flüchtlinge zu viel, um diese in Ottenbeck, wo etwa 2.000 Menschen leben, angemessen integrieren zu können.
Allenfalls die Hälfte sei hinnehmbar. Entsprechend lautete das Motto der Kundgebung: "Ottenbeck stellt sich quer - 100 Menschen das ist fair" stand auf einem großen Transparent. BI-Mitglied Andrej Lorenz, der die Rede auf der Abschlusskundgebung vor dem historischen Rathaus hielt, verlangte von Bürgermeisterin Silvia Nieber, in einen "offenen und transparenten" Dialog mit den Ottenbeckern zu treten und nicht weiter deren Sorgen und Nöte zu ignorieren. Auf keinen Fall dürfe in Ottenbeck ein sozialer Brennpunkt entstehen.
Dabei betonten die Veranstalter, dass die Demo nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun habe. Allerdings wurden einige Kundgebungsteilnehmer deutlicher. So erklärte ein Kreis junger Frauen, in Sorge um die Töchter zu sein: "Ich habe Angst um meine 11- und 13-jährigen Mädchen, wenn eine große Zahl junger männlicher Flüchtlinge in der Nachbarschaft lebt", sagte eine Mutter. Eine ältere Dame behauptete, schon jetzt gebe es in Ottenbeck verbale Attacken von Flüchtlingen gegenüber Frauen und jungen Mädchen.
• Einige Passanten blieben stehen und schauten dem Demonstrationszug verwundert hinterher: "Es ist beschämend, dass ausgerechnet Spätaussiedler, die in den 1990er Jahren mit offenen Armen in Deutschland empfangen worden seien, nun Stimmung gegen Flüchtlinge machen", sagte ein Stader.
• Zur einer kleinen, spontanen Gegendemo fanden sich ein paar Mitglieder der Jusos und der Gewerkschaftsjugend ein. Sie entrollten ein Transparent mit dem Spruch "Gegen jede rechte Hetze" und riefen "Refugees are welcome here!" (Flüchtlinge sind hier willkommen).
Natürlich dürfe man nicht alle Teilnehmer des Protestzuges pauschal als Rechte abstempeln, hieß es seitens der Gegendemonstranten: Doch ein solcher Aufzug biete nun mal Anknüpfungspunkte für Stimmungsmache gegen Flüchtlinge. "Daher verwunderte es uns nicht, als wir Demonstrationsteilnehmer ausmachten, die bereits durch fremdenfeindliche Hetz-Beiträge im Internet aufgefallen waren", schreiben die Juso- und Gewerkschaftsjugend-Mitglieder in einer Stellungnahme.
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