Politischer Winkelzug der SPD
Es bleibt bei der Bezeichnung "Ostmarkstraße"
jd. Stade. Die umstrittene Umbenennung der Stader Ostmarkstraße ist vom Tisch - zumindest vorerst: Im Kulturausschuss wurde der Antrag der CDU, den Makel der NS-Namensgebung durch die Vergabe eines neuen Straßennamens zu tilgen, mit einer Mehrheit von fünf zu vier Stimmen abgelehnt. Für den Antrag votierten CDU und Grüne, dagegen SPD, WG und die "bunte Gruppe". Stattdessen wurde der SPD-Antrag angenommen, mit einer Tafel auf einem Gedenkstein auf die Herkunft des Begriffs "Ostmark" und dessen Missbrauch durch die Nazis hinzuweisen. Während CDU-Ratsfrau Melanie Rost im Ausschuss erklärt hatte, dass das Thema für ihre Partei nach der Abstimmung erledigt sei, kündigten die Grünen an, sich weiter für eine Umbenennung einzusetzen und einen entsprechenden Antrag im Rat zu stellen.
Dem denkbar knappen Abstimmungsergebnis war ein politischer Schachzug der SPD vorausgegangen. Die Genossen nahmen kurzerhand einen Austausch beim Ausschussvorsitz vor. Statt der Vorsitzenden Franziska Scheschonk leitete Martina Bredendiek die Sitzung. Scheschonk gilt als Befürworterin der Umbenennung - als Einzige in der zwölfköpfigen SPD-Fraktion. Um das Meinungsbild innerhalb der SPD nicht zu verzerren, war laut Fraktionschef Kai Holm abgesprochen worden, dass Scheschonk den Vorsitz kurzzeitig abgibt und sich ins Publikum setzt, wenn über das Thema Ostmarkstraße beraten und abgestimmt wird.
Der Plan der SPD war, dass Bredendiek Scheschonk ablöst und Holm Bredendieks Platz einnimmt. Offenbar gab es aber Bedenken seitens der Verwaltung, dass die Ablösung beim Ausschussvorsitz für einzelne Tagesordnungspunkte rechtens ist. Auf diesen möglichen Verstoß gegen das Kommunalrecht soll Scheschonk noch vor Beginn der Ausschusssitzung hingewiesen worden sein. Sie hat danach auf die Teilnahme an der Sitzung verzichtet.
Dass die Genossen mit dieser Personal-Rochade ein Abstimmungsergebnis im Sinne ihrer Parteimehrheit erzielt haben, stieß bei einigen Besuchern der Sitzung auf ungläubiges Kopfschütteln. Sie zeigten sich verwundert über das "merkwürdige Demokratieverständnis" der SPD und kritisierten, wie auf diese Weise durch die Hintertür ein Fraktionszwang ausgeübt wird.
Die breite Mehrheit in den Zuschauerreihen dürfte sich an der eigenwilligen Vorgehensweise der Genossen allerdings nicht gestört haben. Das Publikum bestand an diesem Abend vorwiegend aus Bewohnern der Ostmarkstraße. Diese hatten bereits im Vorfeld erklärt, an der bisherigen Benennung der Straße festhalten zu wollen.
Vor der Sitzung gab es die Befürchtung, dass über die Einwohnerfagestunde unsachliche und polemische Argumente in den Ausschuss hineingetragen werden. Doch die Ostmarkstraßen-Anwohner verzichteten auf die Möglichkeit, in der Fragestunde das Wort zu ergreifen. Allerdings musste Sitzungsleiterin Bredendiek nach Unmutsbekundungen aus dem Publikum wiederholt zur Ordnung rufen.
• Mehr über den aktuellen Stand der Ostmarkstraßen-Debatte lesen Sie in der Mittwochsausgabe des WOCHENBLATT.
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