Ein dickes Defizit im kommenden Jahr
Haushaltsentwurf 2022 des Landkreises Stade: Fast 17 Millionen Euro minus
jd. Stade. Die 62 Kreistagsabgeordneten bekommen reichlich Lesestoff geboten: Denn dieses rund 700-seitige Werk hat es in sich. Schließlich handelt es sich nicht um leichte Lektüre zum Einschlafen, sondern um den Haushaltsentwurf des Landkreises Stade für das Jahr 2022. Das umfangreiche Zahlenwerk ist noch unter Federführung des alten Landrats entstanden. Da der Haushalt noch nicht seine Handschrift trägt, hat der seit dem 1. November amtierende Landrat Kai Seefried darauf verzichtet, die traditionelle Rede zur Einbringung des Entwurfes zu halten. Bis zur geplanten Verabschiedung des Haushaltes am 24. Januar wird Seefried aber sicher noch einige Diskussionen mit den Politikern führen müssen. Denn der Entwurf weist bei einem Gesamtvolumen von rund 352 Millionen Euro ein Minus von fast 17 Millionen Euro auf. Bei den Ausgaben erreichen die Zahlen einen neuen Spitzenwert. Es sind 369 Millionen Euro veranschlagt. Und die finanzielle Situation des Landkreises wird auch in den kommenden Jahren nicht besser werden.
"Die fetten Jahre sind erkennbar vorbei", lautet das bittere Fazit des Ersten Kreisrates Thorsten Heinze. Die Auswirkungen der Pandemie hätten sich auch negativ auf die Kreis-Finanzen niedergeschlagen und würden mindestens zur Hälfte des Defizits im kommenden Jahr beitragen. Wie der neue Landrat mit dieser Hypothek umgehen wird, bleibt abzuwarten. Seefried hatte eine Service-Offensive angekündigt, will dafür mehr Personal einstellen. Was in den kommenden Jahren tatsächlich machbar sein wird, hängt auch davon ab, wie das Land und damit auch der Landkreis aus der Corona-Krise herauskommen.
Ein Silberstreif am Horizont scheint aber erkennbar: Die aktuelle Steuerschätzung des Landes weist deutliche höhere Steuereinnahmen auf als erwartet. Davon profitiert der Landkreis auf zweierlei Weise: Einmal direkt über höhere finanzielle Zuweisungen aus Hannover, die den bisher veranschlagten Betrag von 43,6 Millionen Euro wohl erheblich übersteigen. Und zweitens indirekt über die Kreisumlage, die die Kommunen an den Landkreis entrichten.
Im vergangenen Jahr wurde die Kreisumlage um einen Prozentpunkt abgesenkt, um in Corona-Zeiten die kommunalen Haushalte zu entlasten. 2022 soll sie wieder auf den vollen Satz von 47,5 Prozent steigen. Ein Prozentpunkt hat aktuell einen "Wert" von 2,6 Millionen Euro. Je mehr aber das Land an Steuern kassiert und an die Gemeinden weiterreicht, umso höher fällt am Ende die Kreisumlage aus - bei gleichem Prozentsatz.
Das unverhoffte Steuerplus wirkt sich letztlich auch positiv auf den Haushalt des Landkreises aus: Der Erste Kreisrat kann wohl noch mal den Stift zücken und das im Entwurf vermerkte Defizit von knapp 17 Millionen auf nur noch zwölf Millionen Euro korrigieren. Wie sich das verbleibende Minus noch durch mögliche Einsparungen reduzieren lässt, muss sich in den jetzt beginnenden Haushaltsberatungen in den Fachausschüssen herausstellen. Die Politik hat sicher noch den einen oder anderen kreativen Vorschlag. Es bleibt nur zu hoffen, dass man sich nicht gleich auf den Kulturbereich stürzt, der ohnehin nur ein Prozent der Ausgaben ausmacht.
In vielen Haushaltsposten lässt sich aber gar nicht an der Ausgabenschraube drehen. Vieles sind Pflichtaufgaben, die der Landkreis leisten muss. Der "dickste Brocken" sind hier die Leistungen im Bereich der Sozial- und Jugendhilfe mit fast 209 Millionen Euro. Allein im Bereich der Sozialleistungen wird es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von 3,6 Millionen Euro bzw. 13,6 Prozent geben. Ein großer Posten sind auch die Personalkosten, die 2022 mit 55,5 Millionen Euro zu Buche schlagen werden.
Abschließend ein Blick auf die Schulden: Mit 78,3 Millionen Euro weist der Landkreis in diesem Jahr die niedrigste Verschuldung seit Langem auf. Das wird sich 2022 und in den Folgejahren aber ändern: Für das kommende Jahr ist eine Neuverschuldung von 42 Millionen Euro vorgesehen, um die geplanten Investitionen finanzieren zu können. Bis 2025 wird der Schuldenberg auf mehr als 160 Millionen Euro anwachsen. Das heißt: In vier Jahren wird der Landkreis doppelt so hoch in der Kreide stehen wie jetzt.
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