"Hässliche Fratze des Rassismus"
Stader Kreistag: Kritik am AfD-Antrag zum "Flüchtlings-Stopp"
Nach dem Ende der Pandemie-bedingten Beschränkungen tagte der Kreistag am Montag erstmals wieder im Stader Kreishaus. Die Sitzung war auch im Livestream auf der Internetseite des Landkreises zu sehen. Auf der Tagesordnung standen verschiedene bereits in den Fachausschüssen beratene Themen sowie Anträge aus den Fraktionen, über die die Politiker abzustimmen hatten. Darunter war ein Antrag der AfD, die Aufnahme von Flüchtlingen aus nicht-europäischen Ländern zu stoppen.
Das WOCHENBLATT präsentiert die wichtigsten Themen:
Ehrung für Verstorbene
Vor dem Einstieg in die Tagesordnung gab es eine Schweigeminute - zu Ehren der im März verstorbenen ehemaligen Kreistagsabgeordneten Egon Ohlrogge (†83, SPD) und Helmut Barwig (†92, SPD). Ohlrogge gehörte dem Kreistag ab 1986 insgesamt 25 Jahre an, Barwig prägte über drei Jahrzehnte die Kreispolitik und war von 1972 bis 1976 ehrenamtlicher Landrat.
Förderung des Plattdeutschen
Der Landkreis Stade hat sich bereits seit fast 25 Jahren Jahren der Förderung der plattdeutschen Sprache verschrieben. In einem Lagebericht zur Situation der plattdeutschen Sprache warb der Vorsitzende des Vereins „De Plattdüütschen“, Heinz Mügge, gegenüber der Kreispolitik eindringlich dafür, in den Bemühungen zum Erhalt und zur Förderung der plattdeutschen Sprache nicht nachzulassen. Mügges Appell: Einfach mal mehr Mut zu haben, "Platt zu schnacken" - beispielsweise in der Nachbarschaft.
Der CDU-Fraktionschef Helmut Dammann-Tamke berichtete, dass er erst als Jugendlicher Plattdeutsch gelernt habe - parallel zum Englischen. Plattdeutsch zu sprechen, habe ihm sehr geholfen bei seiner Tätigkeit als Landwirt. Es sei eben eine charmante Sprache, frei von Aggressivität.
Nachrückerin bei der FWG
Der Kreistagsabgeordnete Carsten Brokelmann (FWG) hat aufgrund seiner neuen Position als Stadtrat der Hansestadt Stade sein Mandat im Kreistag abgegeben, für ihn ist als Nachrückerin Beate Rempe (FWG) verpflichtet worden.
Katastrophenschutz-Zentrum
In nichtöffentlicher Sitzung beauftragten Kreisausschuss und Kreistag die Kreisverwaltung, die Planungen für ein Katastrophenschutzzentrum voranzutreiben. Die weiteren Beratungen dazu werden im April im zuständigen Fachausschuss geführt.
Zuschüsse für Kita-Bauten
Die Vereinbarung des Landkreises mit den Kommunen zur Finanzierung des Baus und Betriebs von Kindertagesstätten gilt rückwirkend zum Jahresbeginn in einer neu gefassten Form. Künftig gibt es für Neubauten 10.000 Euro pro Kita-Platz, bei Umbauten sind es 5.000 Euro. Damit erhalten die Kommunen unter dem Strich höhere Zuschüsse. Der Kreistag schloss sich damit der Empfehlung des Fachausschusses an. Die FWG wollte niedrigere Zuschüsse durchsetzen, doch der Antrag auf Reduzierung der Beträge um 50 Prozent wurde vom Kreistag abgelehnt.
Ehrenamts-Koordinator
Der Landkreis stellt bis zu 12.000 Euro im Jahr für eine beim Diakonieverband Buxtehude-Stade angesiedelte Stelle für die Ehrenamtskoordination bereit – zunächst befristet bis Ende 2025. Einen Großteil der Kosten trägt das Diakonische Werk Niedersachsen. Der Kreistag folgte mit seinem Beschluss dem Votum des Fachausschusses.
Energie-Härtefallfonds
Der Landkreis richtet einen regionalen Energie-Härtefallfonds ein. Dafür werden 130.000 Euro bereitgestellt. Die Kreisverwaltung wird eine entsprechende Vereinbarung mit dem Land Niedersachsen abschließen. Auch mit dieser Entscheidung griff der Kreistag eine Empfehlung des Fachausschusses auf.
Neue Landkreis-Dezernentin
Einstimmig ist der Kreistag dem Vorschlag von Landrat Seefried gefolgt, der bisherigen Leiterin des Amtes Recht, Sabine Brodersen, zum 1. April die Leitung des Dezernats III (u.a. zuständig für das Ordnungswesen) zu übertragen. Die Volljuristin wird vorbehaltlich der erfolgreich abgeleisteten mindestens sechsmonatigen Erprobungszeit zur Leitenden Kreisverwaltungsdirektorin ernannt.
Kritik an AfD-Antrag
Die AfD hatte den Antrag gestellt, dass ein "Aufnahmestopp für nicht europäische Migranten im Landkreis Stade" verhängt wird. Die Argumentation der Populisten-Partei: Die Aufnahmekapazitäten seien erschöpft, daher müssten "Wirtschaftsflüchtlinge" aus Syrien und anderen arabischen Staaten abgewiesen werden. In Syrien herrsche kein Krieg mehr, so der AfD-Abgeordnete Maik Julitz, der als vermeintlichen Beleg einen Prospekt für Bildungsreisen nach Syrien mitbrachte.
Der SPD-Fraktionschef Björn Protze verwies darauf, dass die AfD mit ihrem Antrag zum Rechtsbruch aufrufe. Tatsächlich ist es nicht Sache eines Landkreises, darüber zu befinden, ob bestimmte Gruppen von Flüchtlingen bzw. Asylbewerbern aufgenommen werden oder nicht. Offenbar hatten sich SPD, CDU, Grüne und FWG im Vorfeld zu einer gemeinsamen Stellungnahme zum AfD-Antrag verständigt.
Clemens Ultsch (Die Partei) bezeichnete den Antrag als "moralisch verwerflich und würdelos", Benjamin Koch-Böhnke (Linke) erklärte, der Antrag zeige die "hässliche Fratze des Rassismus". Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.
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