Workshop im Stader Kreishaus: Wie lässt sich die Artenvielfalt fördern?
Weiteres Insektensterben verhindern
jd. Stade. Auch wenn Mücken uns gerade in dieser Zeit als nächtliche Plagegeister nerven und auch Wespen mitunter lästig sind: Das Insektensterben sollte uns allen zu denken geben. In dieser Woche haben sich Politiker und Verwaltungsmitarbeiter aus dem gesamten Landkreis mit dem Thema auseinandergesetzt. Die Kreis-Dezernentin Madeleine Pönitz, in deren Aufgabenbereich auch der Natur- und Umweltschutz fällt, hatte auf Anregung des Kreistags-Ausschusses für Regionalplanung und Umweltfragen einen Workshop initiiert, zu dem auch Vertreter der Kommunen, der Landwirtschaft und der Umweltverbände eingeladen waren. Es ging um die Frage, wie dem besorgniserregenden Schwund bei den Insektenarten begegnet werden kann.
Die rund 30 Teilnehmer an der Veranstaltung im Stader Kreishaus waren sich einig, dass es das gemeinsame Ziel sein muss, die Insektenvielfalt in der Region zu fördern. Nicht nur die Bienen, die im Alten Land Obstbäume bestäuben, sind bedroht", erklärte der Leiter des Kreis-Naturschutzamtes, Dr. Uwe Andreas. Auch etwa die Hälfte der Schmetterlinge, Käfer, Heuschrecken, Ameisen und Libellen seien rückläufig, wie überregionale Untersuchungen ergeben hätten.
"Den höchsten Schwund gibt es mit 68 Prozent bei den allgemein wenig bekannten Köcherfliegen-Arten", so Andreas. Grund dafür sei der vielerorts schlechte Zustand von Bächen, Gräben und Flüssen. Das Wasser, auf das diese Arten zum Überleben angewiesen seien, habe oftmals eine miserable Qualität. Laut Andreas besteht kein Zweifel daran, dass der schon seit vielen Jahrzehnten registrierte Insektenschwund bedrohliche Ausmaße angenommen hat. So wundern sich Autofahrer in den vergangenen Jahren über kaum verschmutzte Frontscheiben nach langen sommerlichen Fahrten.
Für den Rückgang der Artenvielfalt bei den Insekten gibt es verschiedene Gründe. Dazu zählen der Strukturwandel in der Landwirtschaft, der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die Flächenversiegelung durch Baumaßnahmen sowie die Nährstoffeinträge in Böden und Gewässer. Weitere bekannte Ursachen sind Windräder und die durch den Klimawandel begünstigte Einwanderung invasiver Arten aus anderen Kontinenten, die heimische Insekten durch Fraß bedrohen oder deren Population verdrängen.
Auf dem Workshop wurde aber deutlich: Konkrete Schutzmaßnahmen vor Ort, die das Insektensterben bremsen und die Artenvielfalt fördern, können im Landkreis Stade erst dann eingeleitet werden, wenn man weiß, welche Arten noch in welchen Bereichen von Geest und Marsch vorkommen und wie groß die jeweiligen Populationen sind.
Bislang gibt es im Landkreis nur die Naturschutzgebiete als Rückzugsräume für Insekten. Als Beispiel nannte Andreas die Barger Heide bei Stade. Dort wurde kürzlich die Blauflügelige Ödlandschrecke entdeckt, eine sehr seltene Heuschreckenart. Kreislandwirt Johann Knabbe wies auf dem Workshop darauf hin, dass auch Landwirte ihren Beitrag leisten. Gemeinsam mit den Jägern und dem Maschinenring seien kreisweit 50 Hektar Blühstreifen angelegt worden. Hinzu rechnen müsse man 177 Hektar Brachflächen, so Knabbe.
Insgesamt fehle aber eine Strategie für den Insektenschutz im Landkreis Stade, die sich an den erhobenen Daten über einzelne Arten orientiere, so ein Fazit des Workshops. Als erster Schritt wurden auf dem Workshop in vier Arbeitsgruppen Handlungsempfehlungen entwickelt, die der Kreistags-Ausschuss für Regionalplanung und Umweltfragen bei seiner Sitzung am Donnerstag, 29. August um 8.30 Uhr im Kreishaus auf den Weg bringen soll. Dazu gehören Bestandsaufnahmen und die Schulung von Bauhof-Mitarbeitern sowie Informationsveranstaltungen zum Insektenschutz.
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