Infokampagne mit dem Landkreis Stade, Teil 8
Interview mit Polizeipräsident Thomas Ring zum Katastrophenschutz
![Cyber-Attacken werden immer gefährlicher. Sie können unsere kritische Infrastruktur schädigen oder sogar ganz lahmlegen | Foto: Adobe Stock/Rawpixel.com](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2023/01/31/7/551217_L.jpg?1675174120)
- Cyber-Attacken werden immer gefährlicher. Sie können unsere kritische Infrastruktur schädigen oder sogar ganz lahmlegen
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Im Zivil- und Katastrophenschutz greifen viele Rädchen ineinander. Ämter, Feuerwehren, Hilfsorganisationen und die Polizei arbeiten eng zusammen. Im Interview mit dem WOCHENBLATT spricht der für die Region zuständige Polizeipräsident Thomas Ring von der Polizeidirektion Lüneburg über aktuelle Gefahren und die Aufgaben der Polizei im Katastrophenfall. An dieser Stelle wird der erste Teil des Interviews veröffentlicht. Der zweite Teil, in dem es um ein konkretes Katastrophen-Szenario (Strom-Blackout bzw. Unterbrechung der Energieversorgung) geht, folgt in einer Woche.
WOCHENBLATT: Der russische Angriff auf die Ukraine und die daraus resultierende Energiekrise in Deutschland verunsichern viele Menschen. Plötzlich sind Themen des Zivil- und Katastrophenschutzes wieder in aller Munde. Wie schätzen Sie die Situation in der hiesigen Region zurzeit ein?
Thomas Ring: Wladimir Putin führt einen schrecklichen und völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die fortlaufenden Ereignisse sind erschütternd, sie lassen uns permanent durch Newsticker scrollen, das abendliche Fernsehprogramm besteht statt Spielfilm aus Kriegsberichten und all das hinterlässt große Betroffenheit. Durch die Sanktionen gegen Russland und die absolut notwendige Unterstützung der Ukraine beschäftigen wir uns wieder stärker mit Ressourcenmangellagen und Bevölkerungsschutz. Die Bilder dieses Krieges zeigen uns, wie wichtig es ist, sich in stärkerem Maße auf Großschadenslagen vorzubereiten. Denn die wenigsten von uns hätten vor einem Jahr an einen Krieg in Europa geglaubt. Eine Vernetzung von verschiedenen Behörden ist wichtig, um für Katastrophenfälle jeglicher Art gerüstet zu sein. Es gibt für die Bevölkerung aber keinen Grund, besorgt zu sein. Umsicht und intensive Planungen der Behörden garantieren uns, im Ernstfall handlungsfähig zu sein. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Zuständigkeitsbereiches können sich auf ihre Polizei verlassen.
Lesen Sie hier alle bisherigen Artikel der Info-Kampagne zum Thema KatastrophenschutzWOCHENBLATT: Immer wieder ist die Rede von gezielter Desinformation und Propaganda, gesteuert und finanziert aus Russland. Wie bewerten Sie diese Gefahr?
Thomas Ring: Der Einsatz von gezielter Desinformation und Propaganda ist kein neues Mittel. Wir leben in Zeiten sogenannter „Deepfakes“ und anderer Formen der Manipulation von Informationen. Grundsätzlich sollte man sich Informationen aus verschiedenen und vor allem öffentlich-rechtlichen Quellen einholen. Es liegt an jedem selbst, die Zuverlässigkeit der gewonnenen Erkenntnisse zu bewerten und einzuordnen. Es ist daher richtig und wichtig, den Inhalt einer Auskunft in angemessener Weise zu hinterfragen. Mit Desinformation und Propaganda soll durch das Vortäuschen falscher Tatsachen vor allem eine Demoralisierung des Gegners und eine Glorifizierung der eigenen Handlungen erreicht werden. Wir alle haben das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und tragen gleichzeitig jedoch auch die Verantwortung, mit Informationen gewissenhaft umzugehen. Der Großteil unserer Bevölkerung tut das meiner Meinung nach bereits. Wenn jede Bürgerin und jeder Bürger dementsprechend handelt und sowohl die Information in ihrem Kern hinterfragt als auch die Zuverlässigkeit ihrer Quelle für sich bewertet, ist die Gefahr von Desinformation und Propaganda gering.
WOCHENBLATT: Was können die Bürger tun, um sich fundiert zu informieren?
Thomas Ring: Sie sollten sich über verschiedene und öffentlich-rechtliche Kanäle informieren. In puncto Krisenmanagement empfehle ich die gezielte Information über das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK). Dieses bietet unter anderem mit den Broschüren „Katastrophenalarm“ und „Meine persönliche Checkliste“ sowie weiteren Ratgebern ein umfassendes Informationsmaterial zu dieser Thematik. Grundsätzlich empfehle ich jedem, sich mit dem Thema Vorsorge zu beschäftigen, um im Krisenfall gut vorbereitet und handlungsfähig zu sein.
WOCHENBLATT: Insbesondere die Energieversorgung als Bestandteil der kritischen Infrastruktur bietet viele Angriffspunkte. Immer wieder ist die Rede von der Gefahr durch Cyber-Angriffe. Wie schätzen Sie diese Gefahr ein?
Thomas Ring: In Deutschland hat es in den letzten Jahren einen Anstieg von Cyber-Angriffen gegen Unternehmen und Regierungsstellen gegeben. Dies ist nicht nur auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zurückzuführen, sondern einen Anstieg der Anzahl von Cyber-Straftaten im Allgemeinen. Um die Sicherheit im Bereich der kritischen Infrastruktur zu erhöhen, wurden die Betreiber von den Bundesbehörden über die Gefahren von Cyber-Angriffen informiert. Aufgrund der angespannten geopolitischen Lage müssen wir weiterhin mit solchen Angriffen von Cyber-Aktivisten rechnen.
Im Bereich des Energiesektors stellen beispielsweise die neugebauten LNG-Terminals als logistische Knotenpunkte für die Entladung von LNG-Tankern, die Regasifizierung und die Einspeisung in das Gas-Netz sowie die bereits bestehenden Gaskraftwerke mit ihren komplexen IT- und Prozesssteuerungssystemen eine sensible Einfallstelle dar, die es zu schützen gilt. Spezifische Erkenntnisse zu konkreten Gefährdungen liegen der Polizei derzeit jedoch nicht vor. Vor dem Hintergrund der weiterhin konsequenten humanitären Hilfe und der Lieferung von Kriegswaffen Deutschlands an die Ukraine ist das Risiko von Cyber-Angriffen auf die kritische Infrastruktur unverändert hoch. Derzeit können überwiegend einfache Attacken beobachtet werden, die zwar Webseiten betreffen, selten jedoch die internen Systeme.
![Cyber-Attacken werden immer gefährlicher. Sie können unsere kritische Infrastruktur schädigen oder sogar ganz lahmlegen | Foto: Adobe Stock/Rawpixel.com](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2023/01/31/7/551217_L.jpg?1675174120)
![Thomas Ring | Foto: Polizei](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2023/01/31/4/551214_L.jpg?1675174076)
Redakteur:Jörg Dammann aus Stade |
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