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Die wichtigste Baustelle im Kreis Stade: das LNG-Terminal
Im Stader Seehafen laufen die Bauarbeiten für das schwimmende LNG-Terminal auf Hochtouren. Bis Ende des Jahres soll der neue Anleger fertiggestellt sein, damit das Spezialschiff mit der Regasifizierungseinheit für das verflüssigte Erdgas (Liquefied Natural Gas = LNG) dort andocken kann.
Die Stader Anlage ist eines von bundesweit fünf schwimmenden Terminals, mit denen LNG als Ersatz für russisches Pipeline-Gas importiert werden soll. Ein wenig in den Hintergrund getreten ist in der Berichterstattung das schon länger geplante landseitige LNG-Terminal. Doch auch von diesem Vorhaben gibt es jetzt Neues zu berichten. Das WOCHENBLATT präsentiert alle aktuellen Informationen rund um die beiden LNG-Projekte.
Anlage als "Baukastensystem"
Projektierer für das landbasierte LNG-Terminal ist die Hanseatic Energy Hub GmbH (HEH). Die Planungen laufen bereits seit rund fünf Jahren. In diesem Jahr soll mit der Realisierung des Bauvorhabens begonnen werden, das dazu beitragen wird, die Versorgung Deutschlands mit LNG und grünen Gasen zu sichern. Dabei geht es nicht nur um LNG. Bereits in der ersten Ausbaustufe, die 2027 in Betrieb gehen soll, können auch grüne Energieträger wie Bio-LNG und Synthetic Natural Gas (SNG) über das emissionsfreie Terminal importiert werden.
Das Terminal wird als flexibles Baukastensystem ausgelegt, sodass später modulweise eine Umstellung auf Ammoniak erfolgen kann. Ammoniak dient als Träger für Wasserstoff und stellt eine relativ kostengünstige Lösung dar, diesen Energieträger der Zukunft zu speichern. Um aus dem verflüssigten Ammoniak wieder Wasserstoff zu gewinnen, wird ein als "Cracken" bezeichnetes Verfahren angewendet. Dabei erfolgt eine Aufspaltung in Wasserstoff und Stickstoff. Das HEH-Konzept sieht reservierte Flächen für separate Ammoniaktanks vor, um parallel zum LNG-Betrieb in die Wasserstoff-Nutzung einzusteigen, sodass ein fließender Übergang erfolgen kann. Die Anlage wird von der HEH daher als "Ammoniak-ready" bezeichnet.
80 Prozent der Kapazität sind bereits gebucht
Das landbasierte Terminal ist darauf ausgelegt, jährlich 13,3 Milliarden Kubikmeter Gas in das deutsche Netz einzuleiten. Das entspricht etwa 15 Prozent des aktuellen deutschen Gasbedarfs. Rund 80 Prozent der Kapazität des LNG-Terminals sind bereits langfristig von Kunden, hauptsächlich große deutsche Gasversorger, über Vorverträge gebucht. Dabei gibt es die Option, später auf Ammoniak umzusteigen.
Spanische Firma wird Generalunternehmer beim Bau
Die Hanseatic Energy Hub GmbH hat in dieser Woche eine wichtige Weichenstellung vorgenommen: Es steht jetzt fest, wer die landbasierte Anlage bauen soll. Den Zuschlag erhält das spanische Unternehmen Técnicas Reunidas. Die weltweit tätige Spezialfirma, die bereits den Bau von mehr als 1.000 Industrieanlagen und Infrastrukturprojekten umgesetzt hat, führt als Generalunternehmer ein Konsortium an, das das Stader Terminal realisieren soll. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Madrid wird die Planung und Steuerung der Bauphase übernehmen.
Dem Konsortium gehören außerdem die ebenfalls aus Spanien stammende FCC-Gruppe und die Entrade GmbH an. Die FCC-Gruppe wird alle vorbereitenden Arbeiten und den Bau der Anlage selbst durchführen. Die Firma verfügt über umfassende Erfahrungen im Bau von Flüssiggastanks. Die Entrade GmbH, eine Tochter der türkischen ENKA-Gruppe, wird für die elektromechanische Montage verantwortlich sein. Das Ingenieur- und Bauunternehmen ist heute bereits in der Nähe von Stade tätig. „Wir setzen bei der Auswahl des Konsortiums auf langjährige Erfahrung im Bau komplexer Infrastrukturprojekte und eine umfassende technische Expertise bei LNG, grünen Gasen und Wasserstoff“, so Johann Killinger, HEH-Geschäftsführer und Mitgesellschafter.
Abwärme der Dow nutzen
Die Anlage an Land ist als "Zero-Emission-Terminal" geplant. Das bedeutet, dass kein Gas verbrannt werden muss, um das für den Transport auf mindestens minus 161 Grad heruntergekühlte LNG wieder "aufzutauen". Für die Regasifizierung wird stattdessen die Abwärme der benachbarten Dow-Produktionsanlagen genutzt. Statt das erwärmte Kühlwasser in die Elbe zu leiten, wird es so einer sinnvollen Nutzung zugeführt. Beim schwimmenden LNG-Terminal funktioniert dieses Verfahren allerdings nicht. In warmen Monaten wird Elbwasser verwendet, um das LNG zu erwärmen, in der kalten Jahreszeit muss Gas eingesetzt werden.
Spezialschiff für LNG
Für die schwimmende LNG-Einheit (engl. Floating Storage and Regasification Unit, FSRU) kommt das 2021 gebaute, knapp 300 Meter lange Spezialschiff "Transgas Force" (siehe Fotos li.) der griechischen Reederei Dynagas zum Einsatz. Die Kapazität des schwimmenden Terminals liegt bei 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr. Da nicht beide Terminals gleichzeitig betrieben werden können, wird die "Transgas Force" ihren Betrieb einstellen, sobald die landseitige Anlage ihre Arbeit aufnehmen kann. Dynagas stellt ein eigenes Team zur Betreuung der Anlage, ab Hafenkante ist die Dow zuständig. Das Gas wird über eine vorhandene Leitung eingespeist, die Dow und AOS bereits nutzen. Für die Einspeisung des Gases wird einfach die Fließrichtung umgekehrt.
Baubeginn im Herbst geplant / Ab 27. April werden die Unterlagen öffentlich ausgelegt
Laut HEH beträgt die Investitionssumme für das landseitige Terminal rund eine Milliarde Euro. Die finale Investitionsentscheidung wird im Sommer gefällt, sobald die Baugenehmigung vorliegt. Die eingereichten Bauunterlagen sind inzwischen auf Vollständigkeit überprüft worden. Die Genehmigung erfolgt nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (sog. BImSchG-Verfahren). Im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung werden die Antragsunterlagen ab Donnerstag, 27. April, für einen Monat ausgelegt. Die Unterlagen sind u.a. im Stader Rathaus, Raum 103 (Terminvereinbarung unter Tel. 04141 - 401261 oder per E-Mail an karina.schuett@stadt-stade.de) sowie online unter www.gewerbeaufsicht.niedersachsen.de (und dort über den Pfad „Bekanntmachungen > Lüneburg — Celle — Cuxhaven“) einzusehen.
Am Montag, 17. Juli, findet ab 10 Uhr eine Erörterung in der Stader Seminarturnhalle (Seminarstraße 7) statt, bei der es um die Einwendungen und Anregungen geht. Die HEH rechnet damit, dass im August oder September die Baugenehmigung erteilt wird. Baubeginn wäre dann im Oktober oder November.
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