Landkreis Stade
Thema Wolf: Mehr Transparenz nötig
CDU-Politiker fordert, das Untersuchungsmonopol bei DNA-Proben zu durchbrechen
(jd). Ist im benachbarten Landkreis Rotenburg tatsächlich ein Mensch von einem Wolf angegriffen worden? Diese Frage lässt sich offenbar nicht eindeutig beantworten. Jedenfalls konnten die eingeschickten DNA-Proben nicht zur Klärung des Falls beitragen. Laut Experten vom Senckenberg-Institut im hessischen Gelnhausen - dort werden bundesweit alle Spuren von (vermeintlichen) Wolfs-attacken analysiert - fanden sich keinerlei Hinweise, dass ein Wolf im Spiel war. Andererseits soll das Probenmaterial wenig brauchbar gewesen sein, so dass ein genetischer Nachweis ohnehin schwer zu führen gewesen wäre. Die Menschen in der Region sind jedenfalls verunsichert: Das Dörfchen Steinfeld, wo der Gemeindearbeiter in der vergangenen Woche angeblich von einem Wolf attackiert wurde, liegt nur knapp 25 Kilometer von der Stader Kreisgrenze entfernt. Das ist eine Distanz, die ein Wolf in nicht einmal einem halben Tag zurücklegt.
Obwohl ein eindeutiger Nachweis fehlt, sieht der hiesige Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke (CDU) dringenden Handlungsbedarf: "Die Angaben des gebissenen Gemeindearbeiters klingen glaubhaft." In der Region streife auch ein Wolfsrudel umher, auf das die Beschreibung des Mannes passt. "Die Politik muss reagieren, bevor es zu einem ernsten Zwischenfall kommt", erklärt Dammann-Tamke auf WOCHENBLATT-Nachfrage. Er begrüßt die Ankündigung von Umweltminister Olaf Lies (SPD), das betreffende Wolfsrudel mit Sendern zu versehen, um so ein Bewegungsprofil der Tiere zu erstellen.
"Ich hab es schon fast erwartet, dass bei der Untersuchung durch das Senckenberg-Institut nichts herauskommt", sagt Dammann-Tamke. In der Vergangenheit sei immer wieder Kritik laut geworden, ob das Institut in Hinblick auf Wolfs-Nachweise die richtigen Analysemethoden anwende und veröffentlichte Ergebnisse nicht zuvor durch einen "politischen Filter" gingen. Mit anderen Worten: Für den CDU-Politiker ist es durchaus denkbar, dass das Labor im Sinne der Pro-Wolf-Lobby agiere.
Im Steinfelder Fall, wo mögliche Spuren eines Wolfsbisses durch die ärztliche Behandlung verwischt wurden, wäre es nach Ansicht von Dammann-Tamke sicherlich besser gewesen, ein forensisches Institut zu beauftragen. Forensiker seien Experten bei der Beweissicherung an Tatorten und hätten die Spurensuche anhand von Blutspritzern oder anderem genetischen Material betreiben können.
"Doch leider hat das Senckenberg-Institut in Sachen Wolf das Analyse-Monopol", so Dammann-Tamke. Das Institut wache akribisch über seine Genmaterial-Bestände und weigere sich, Referenz-Proben etwa an kriminaltechnische Labore weiterzugeben. Solange das Senckenberg-Institut nicht transparent arbeite, bestehe ein verständliches Misstrauen gegenüber dessen Arbeit.
Dammann-Tamke hält es für sinnvoll, eine Beprobung von DNA-Spuren nach möglichen Wolfsattacken durch voneinander unabhängige Labore vornehmen zu lassen. Dafür müsse das Senckenberg-Institut aber seine genetische Datenbasis offenlegen. Die Nichtveröffentlichung widerspreche dem Umweltinformationsgesetz, so der CDU-Politiker: "Hier sehe ich unsere Bundestags-Abgeordneten in der Pflicht, auf die Durchsetzung der entsprechenden Regelungen zu drängen."
Skeptisch hinsichtlich der Arbeit des Senckenberg-Instituts zeigt sich der CDU-Politiker im Zusammenhang auf mögliche Wolfsattacken bei Pferden: In der Statistik des niedersächsischen Wolfsbüros findet sich bisher nur eine einzige Wolfsattacke auf Pferde, die das Institut bestätigt habe, obwohl etliche Vorfälle gemeldet worden seien. "Das macht mich stutzig", so Dammann-Tamke. Es stelle sich die Frage, ob möglicherweise verhindert werden solle, Angriffe auf Pferde mit dem Wolf in Zusammenhang zu bringen: "Dann bekäme man es nämlich mit einer ganz neuen Klientel zu tun, die eine wesentlich größere Lobby als die Schäfer hat: den Reitern."
Einige Tiere könnten auch Hybride sein
Die CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag fordert, DNA-Proben nach Nutztierrissen künftig intensiver auf einen weiteren Aspekt zu prüfen: Es soll geklärt werden, ob inzwischen auch Wolfs-Hybriden für Attacken auf Schafe oder Kühe in Frage kommen. Von einem Hybrid wird dann gesprochen, wenn sich Wolf und (streunender) Hund miteinander paaren: In dem Nachwuchs stecken dann sowohl die Erbanlagen des Haus- als auch des Wildtieres. "Das kann eine gefährliche Kreuzung ergeben", sagt Dammann-Tamke.
Unabhängig von den Gefahren für Mensch und Tier sei eine solche Vermischung des Genpools unter Naturschutz-Aspekten aus fachlicher Sicht unerwünscht: Um den Wolf als Rasse zu schützen, sei es wichtig, diese Hybride sofort zu töten.
Aber auch in dieser Hinsicht verhindere das Senckenberg-Institut mit seiner Geheimniskrämerei eine objektive Untersuchung der DNA-Proben, so Dammann-Tamke. Solange sich das Institut sperre, könne sogar die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass etliche niedersächsische Wölfe Hybride sind. Es sei mittlerweile bekannt, dass die Rote Armee Wolfs-Hybriden eingesetzt habe, weil diese eben schärfer als Hunde seien. Es könnte durchaus sein, dass einige diese Tiere beim Abzug der russischen Truppen aus dem ehemaligen Ostblock einfach ausgewildert wurden.
"Task Force" für den Wolf?
Der CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke unterstützt die Forderung seiner Fraktion, den Wolf ins Jagdrecht aufzunehmen. In den anderen Staaten der EU gebe es entsprechende Bestimmungen in den Jagdgesetzen, nur in Deutschland würden ausschließlich die strengen europäischen Richtlinien gelten.
Die Zuständigkeit für die Bejagung verhaltensauffälliger Tiere sollte bei den Jägern liegen, sagt Dammann-Tamke, der auch Präsident der Landesjägerschaft ist. Selbst wenn - wie in einigen Bundesländern geplant - eine spezielle "Task Force" den Wolf bejagen soll: "Aus wem sollte eine solche 'GSG 9 Wolf' denn bestehen?", fragt der CDU-Politiker: "Es wäre wenig sinnvoll, diese Aufgabe zusätzlich der Polizei aufzubürden." Wenn unbedingt eine solche Eingreiftruppe gebildet werden muss, dann sollte sie aus erfahrenen Jägern bestehen.
"Maulkorb" für die Wolfsberater
Der Kreis Stade ist neben Verden der einzige Landkreis in Niedersachsen, der derzeit keinen eigenen Wolfsberater hat. Die beiden ehrenamtlichen Wolfsberater Uwe Seggermann und Otto Fricke hatten ihr Amt niederlegt. Hintergrund ist eine Erklärung, die sie unterschreiben sollten. Das Wolfsbüro verlangte in dem Papier von allen Wolfsberatern in Niedersachsen, dass sie sich nicht mehr öffentlich zum Thema Wolf äußern. Auch Helmut Dammann-Tamke kritisiert diesen "Maulkorb": Auch ein Wolfsberater habe ein Recht auf freie Meinungsäußerung.
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