Tostedt
Stolpersteine erinnern an Schicksale Verfolgter und Getöteter

Werben für die Ausleihe der Begleitausstellung: Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam (li.), Archivarin Katrin Kludas und die Initiatoren Manfred Falke und Adolf Staack (re.) | Foto: bim
  • Werben für die Ausleihe der Begleitausstellung: Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam (li.), Archivarin Katrin Kludas und die Initiatoren Manfred Falke und Adolf Staack (re.)
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Sie wurden verhaftet, ermordet oder starben unter unwürdigsten Umständen an Krankheiten in Konzentrationslagern, weil sie eine andere politische Überzeugung oder sexuelle Orientierung hatten, sich kritisch gegen das Nazi-Regime äußerten oder in den falschen Menschen verliebt waren. An die Schicksale der Menschen, die im Dritten Reich verfolgt und getötet wurden, erinnern vielerorts sogenannte Stolpersteine, auch in der Samtgemeinde Tostedt. Die dazugehörige Ausstellung geht nun auf Wanderschaft und kann von allen Interessierten ausgeliehen werden.

Archivarin Katrin Kludas hat im Namen der Samtgemeinde Tostedt 23 Schulen in der Region angeschrieben und auf diese Möglichkeit hingewiesen.Zur Ausstellung gehören sechs Roll-Ups, Unterrichtsmaterial und eine Begleitbroschüre. Auch kann ein Film über die Stolpersteinverlegung Ende Oktober 2021 gebucht oder Interviews mit Zeitzeugen und Experten nach Anmeldung bei Archivarin Katrin Kludas heruntergeladen werden.

Die Stolpersteine, kleine Gedenktafeln aus Messing, die vor den Wohnungen von verfolgten, deportierten, vertriebenen und ermordeten Menschen in den Boden eingelassen werden, bilden eines der größten dezentralen Mahnmale der Welt gegen Terror- und Gewaltherrschaft. In Tostedt und Heidenau wurden 2021 sechs Stolpersteine verlegt.

Die Initiatoren Manfred Falke, Adolf Staack und Archivarin Katrin Kludas haben weiter geforscht bzw. Erkenntnisse gewonnen, sodass im September weitere Stolpersteine in Tostedt und Otter verlegt werden sollen. Vier Stolpersteine werden der jüdischen Familie Rosen gewidmet, die nahe des Tostedter Bahnhofs lebte. "Der Vater der Familie hat bereits einen Stoplerstein in Amersfoort in den Niederlanden", berichtet Manfred Falke. "Es ist erstaunlich, man trifft Leute, die selbst in der Richtung aktiv sind", erzählt Katrin Kludas begeistert vom Kontakt zu einer Hamburger Historikerin, die die Geschichte der Familie Rosen recherchiert hat.

Einer der damals verlegten Stolpersteine ist dem polnischen Zwangsarbeiter Boleslaw Marcec (1916-1940) gewidmet, der bei einem Landwirt in Heidenau beschäftigt war und eine intime Beziehung zu einer 18-jährigen deutschen Landhelferin hatte. Marcec wurde wegen "verbotenem Umgang" in der Todtglüsinger Heide in Anwesenheit von Oberregierungsrat Dr. Hoffmann, dem Leiter der Gestapo-Dienststelle in Lüneburg,erhängt. Kludas, Falke und Staack haben erst in den vergangenen Monaten erfahren, dass die junge Frau ins KZ Ravensbrück kam und dieses tatsächlich überlebt hat. "Sie hat 1954 Antrag auf Entschädigung gestellt, der 1956 abgelehnt wurde, weil sie keine politisch Verfolgte war", berichtet Adolf Staacküber Quellen aus dem Staatsarchiv Hannover, Außenstelle Pattensen. Auch ein weiterer Antrag auf Entschädiung für Gestapo-Haft und KZ hatte keinen Erfolg. "Der damalige Justizminister Fritz Schäffer (1888-1967, CSU) erklärte 1959, man müsse da den Deckel drauf halten, sonst sei die Bundesrepublik bald pleite", berichten Falke und Staack von dem unbegreiflichen Vorgang.

Wer die Ausstellung ausleihen möchte, meldet sich bei Mit-Intitiatorin und Archivarin Katrin Kludas unter Tel. 04182-298150 oder per E-Mail an: archiv@tostedt.de.

Mahnmale gegen Hass, Hetze und Gewalt
Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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