Sichtbares Zeichen für Toleranz und Vielfalt
Umzug des House of Tolerance in Tostedt

Mit Bannern zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Jugendzentrum über die Bahnhof- und Triftstraße zum Rathaus | Foto: bim
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  • Mit Bannern zogen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Jugendzentrum über die Bahnhof- und Triftstraße zum Rathaus
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Dieser Umzug für Toleranz und kulturelle Vielfalt in Tostedt war nicht zu übersehen: Das House of Tolerance, das 2013 bei einem Bürgerfest als Zeichen für ein tolerantes und weltoffenes buntes Tostedt geschaffen wurde, zog jetzt erneut um. Mit Bannern begleiteten rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer das bunte Häuschen vom Jugendzentrum über die B75-Kreuzung, Bahnhof- und Triftstraße zum Rathaus.

Im Namen der Toleranz

Auf den Bannern war etwa zu lesen: "Im Namen der Toleranz sollten wir das Recht beanspruchen, die Intoleranz nicht zu tolerieren" (Karl Raimund Popper), "Wo der Mut keine Zunge hat, bleibt die Vernunft stumm" (Jupp Müller) oder: "Wo die Zivilcourage keine Heimat hat,  reicht die Freiheit nicht weit" (Willy Brandt).

Moderiert von Ulrich Graß, Sprecher des Forums für Zivilcourage, das seit 25 Jahren besteht, gab es vor dem Rathaus einige Wortbeiträge. Zunächst trug Landfrau Jenni Näfe sozusagen eine Liebeserklärung an ihr Heimatland Südafrika vor. "Sansi liegt auf einem Kontinent, wo die Wiege der Menschheit ist", sagte sie. Wo Menschen vieler Religionen und Nationalitäten leben und nur ein Kilometer Reichtum und Überfluss von Armut trennt.

Ein neues Zuhause in Tostedt

Jenni Näfe hat wie viele andere Menschen aus über 120 Nationalitäten in Tostedt eine neue Heimat gefunden. Ulrich Graß erinnerte sich an seine Ankunft als Lehrer am Tostedter Gymnasium Mitte der 1990er Jahre, als Tostedt wegen der Neonaziszene noch regelmäßig im Verfassungsschutzbericht auftauchte. "Tostedt hat sich verändert. Wir haben viele Bürgerfeste mit unseren ausländischen Mitbürgern gefeiert und bewiesen: Tostedt ist bunt, nicht braun", so Graß. Mit dem House of Tolerance, das in den zehn Jahren seines Bestehens mehrfach den Standort gewechselt hat, sollte diese Vielfalt mit Leben gefüllt und sichtbar gemacht werden. Viele Bürgerinnen und Bürger vieler Nationalitäten und jeden Alters gestalteten die kleinen Steine mit ihren Zukunftswünschen. "Erfreulich, dass das House of Tolerance zum Rathaus und damit zum Zentrum der Macht zurückkommt", meinte Graß.

Tostedts Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam bekannte: "Ich war immer mal wieder im Forum aktiv. Ich hatte in meiner Jugend aber nicht das Gefühl, in einem braunen Nest aufzuwachsen." Es habe immer Menschen "mit sehr verqueren Weltbildern" gegeben, und dann habe Tostedt sehr stark mit Rechtsradikalen zu tun gehabt.

Rechten kein Forum bieten

Sowohl das Forum als auch die Aufklärungsarbeit in den Schulen, u.a. durch Ulrich Graß, führte zu der Überzeugung, den Rechten kein Forum zu bieten. Im Rahmen der Aktion "Tostedt gegen Rechts" seien 4.000 Unterschriften gesammelt worden. Und es gebe eine großartige Flüchtlingsunterstützung in Tostedt.
Als seine Mutter Renate vor einigen Jahren zwei Gedenktafeln, die an zwei vom NS-Regime ermodete polnische Zwangarbeiter erinnern, auf dem Heidenauer Friedhof anbringen wollte, habe es noch Einzelne gegeben, die sich behement dagegen aussprachen. Die Gedenktafeln hängen jetzt in der Tostedter Bücherei. Vergangenes Jahr wurden zur Erinnerung an NS-Opfer auch in Heidenau Stolpersteine verlegt, dabei gab es keinen Protest. "Die, die es anders sehen, geben nicht den Ton an", so Dörsam.

Mensch ist Mensch

"Die rechte Szene sieht man nicht mehr auf der Straße", sagte Tostedts Bürgermeisterin Nadja Weippert. Gleichwohl sei die Herausforderung, gegen rechte Tendenzen zu kämpfen, größer geworden - wegen Smartphones und bestimmten Facebookgruppen, in denen Hass, Hetze, Verleumdungen und Fehlinformationen verbreitet würden. "Wir müssen die Ängste der Menschen ernst nehmen", betonte Nadja Weippert. Dafür sei sie sowie die Ratsmitglieder aller Fraktionen, die sich auch an dem Marsch durch Tostedt beteiligten, immer ansprechbar. "Schreibt dagegen, lasst Hetze nicht unkommentiert im Netz stehen", appellierte sie. "Mensch ist Mensch, egal welche Hautfarbe oder Natonalität." Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Kundgebung vor dem Rathaus gäben der Demokratie und der Menschlichkeit ein Gesicht. "Lasst uns zusammenhalten für ein lebens- und liebenswertes Tostedt", so Weippert. 

Zwischen den Redebeiträgen stimmten Barbara Wilkens vom Forum und Finn-Olaf Walter die Lieder "Sag mir wo die Blumen sind", "We shall overcome" und "Imagine" an.

Am Rande: Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam bedankte sich bei Verwaltungsmitarbeiter Volker Indorf. Da die Verwaltung keine eigene Lautsprecheranlage hat, hatte Indorf seine private Technik zur Verfügung gestellt.

Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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