Energieversorger-Chef nimmt Stellung
Wie Stadtwerke Winsen auf die Energiekrise reagieren

Stadtwerke-Geschäftsführer Hans-Georg Preuß | Foto: Michael Bogumil
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Die Temperaturen gehen vielerorts immer weiter runter, während die Gas- und Strompreise in die Höhe schnellen. Die Energiekrise ist in vollem Gange und ein Ende nicht abzusehen. Das WOCHENBLATT hakte bei Hans-Georg Preuß, Geschäftsführer der Stadtwerke Winsen, nach, wie sein Unternehmen mit der Krise und ihren Auswirkungen umgeht.

WOCHENBLATT: Herr Preuß, die Lage auf den Energiemärkten ist angespannt, die Preise für Energie explodieren. Wie bewerten Sie die derzeitige Situation?
Hans-Georg Preuß: Ja, die Situation ist äußerst angespannt und eine Verschlechterung nicht auszuschließen. Laut Bundesnetzagentur ist die Sicherheit der Gasversorgung in Deutschland derzeit
jedoch gewährleistet – der Gesamtspeicherstand liegt bei 93,50 Prozent. Das verdanken wir auch den überdurchschnittlich hohen Temperaturen im Oktober und November. Da die Speicher in Deutschland bei Unterbrechung der Lieferungen aus dem Ausland aber nur für zwei Monate ausreichen und wir auch im nächsten Jahr noch mit begrenzten Lieferkapazitäten rechnen müssen, gilt für uns alle nach wie vor: Energiesparen ist das Gebot der Stunde.
WOCHENBLATT: Inwieweit erschweren die derzeitigen Minusgrade die Lage?
Preuß: Problematisch ist der aktuell durch die ungewöhnliche Dezemberkälte bundesweit gestiegene Gasverbrauch. Anfang des Monats lag der durchschnittliche Verbrauch laut Bundesnetzagentur noch 13 Prozent unter dem Niveau der letzten vier Jahre. Jetzt ist er gegenüber der Vorwoche um 14 Prozent gestiegen. Das Sparziel wurde somit deutlich verfehlt – und das ist Grund zur Sorge. Insbesondere, weil die Temperaturen stetig fallen und uns für den Dezember weiterhin Rekordkälte prognostiziert wird. Der Gasverbrauch wird so weiter ansteigen, und ich bin ganz ehrlich: Sofern es uns nicht gelingt, stärker Gas einzusparen, bereitet mir das ernste Kopfschmerzen, auch wenn ich aktuell nicht mit Lieferunterbrechungen für private Haushalte rechne.
WOCHENBLATT: Was kann der Verbraucher tun, um die Situation zu entschärfen?
Preuß: Nur in der gemeinsamen Anstrengung aller liegt die Chance, der Energiekrise erfolgreich zu begegnen. Jeder private Haushalt sollte ein Energieeinsparziel von möglichst 20 Prozent anstreben. Dann schaffen wir das.
WOCHENBLATT: Wie reagieren die Stadtwerke Winsen auf die Energiekrise?
Preuß: Im engen Schulterschluss mit der Stadt Winsen, dem Umland und dem Landkreis Harburg haben die Stadtwerke zahlreiche Sparmaßnahmen ergriffen und Hilfsangebote geschaffen. Zum Beispiel haben wir damit begonnen, die restlichen 1.000 Natrium-Dampflampen in der Winsener Straßenbeleuchtung durch LED-Leuchtkörper zu ersetzen. Wir haben zwei Online-Beratungen für Bürgerinnen und Bürger durchgeführt, die der erhöhten Nachfrage zu Möglichkeiten der Energieeinsparung nachkamen. Zusätzlich finden sich auf unserer Website praktikable Tipps zum Einsparen von Energie.
WOCHENBLATT: Wie sparen Sie im Unternehmen selbst Energie?
Preuß: Wir haben umfangreiche Maßnahmen zur Senkung des eigenen Verbrauchs eingeleitet. Unter
anderem wurde die Temperatur in unseren Büros auf 19 Grad abgesenkt. Mitarbeiter haben sich – per Selbstverpflichtung – zum Sparen bereiterklärt. Um effektiv Energie einzusparen, schließen wir unser Unternehmen zwischen den Feiertagen komplett.
Bereits Anfang September haben wir in unserem Freizeitbad die Luft- und Beckentemperaturen gesenkt und eine Abdeckung für das Außenbecken bestellt – die Installation erfolgt in Kürze. Die jährlich anfallende Revision wurde in den kälteren Dezember verlegt, um mehr Energie zu sparen. Wir nutzen diese Zeit für Renovierungsarbeiten. Das Bad öffnet unmittelbar nach Weihnachten.
Diese und weitere Schritte zeigen schon jetzt Wirkung, und wir rechnen mit einer Energieeinsparung von 30 Prozent, genug, um circa 100 Haushalte über den Winter mit Gas zu versorgen. Natürlich haben unsere Sparmaßnahmen für sich genommen nur einen geringen Einfluss, es braucht die gemeinschaftliche Bemühung der Gesellschaft. Daher an dieser Stelle nochmals mein Appell an die Verbraucherinnen und Verbraucher: Gehen Sie in diesem Winter möglichst sorgsam mit Energie – insbesondere Erdgas – um.
WOCHENBLATT: Wie beschaffen Sie die derzeit benötigten Energiemengen?
Preuß: Wir beschaffen den Energiebedarf unserer Privatkundinnen und -kunden rechtzeitig im Voraus. Dazu kalkulieren wir, wie viel Strom und Erdgas zum Zeitpunkt der Lieferung benötigt wird, und kaufen dann die entsprechende Menge ein. Dabei wird nicht alles auf einmal beschafft, sondern es werden Teilmengen eingekauft. Daraus ergibt sich ein Durchschnittspreis, der - zuzüglich Netzentgelten, Umlagen, Abgaben und Steuern - den Verbrauchspreis für unsere Kundschaft bildet. Dies hat seit vielen Jahren zu weitgehend konstanten und für unsere Kundinnen und Kunden attraktiven Preisen geführt.
WOCHENBLATT: Inwieweit geben Sie die gestiegenen Einkaufspreise an Ihre Kunden weiter?
Preuß: Die hohen Einkaufspreise der letzten zwölf Monate und insbesondere die Preisspitzen seit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wirken sich natürlich auch auf unsere Beschaffungspreise aus. Deshalb sind auch wir gezwungen, die Kostensteigerungen an unsere Strom- und Erdgaskundinnen und -kunden zum 1. Januar 2023 weiterzugeben – zumindest an einen Großteil. Verglichen mit anderen Anbietern im Markt sind unsere Preise jedoch sehr moderat, wir bleiben im Bereich Strom sogar unterhalb der Preisbremse von 40 Cent pro Kilowattstunde brutto. Trotzdem bleibt natürlich unter dem Strich eine erhebliche Preissteigerung.
WOCHENBLATT: Wie setzen die Stadtwerke die Energiepreisbremse um?
Preuß: Wir setzen die Preisbremse so um, wie es der Regierungsbeschluss ab 2023 vorsieht. Der Gesetzentwurf zur Einführung von Preisbremsen ist noch nicht verabschiedet, und daher ist die genaue Umsetzung noch nicht final geklärt. Nach heutigem Stand ist geplant, dass Verbraucherinnen und Verbraucher sowie kleinere Unternehmen 80 Prozent ihres Stromverbrauchs zum gedeckelten Preis von 40 Cent pro Kilowattstunde erhalten. Beim Gas liegt der Preisdeckel für sie bei 12 Cent pro Kilowattstunde.
Maßgeblich ist in der Regel die Verbrauchsmenge des Vorjahres. Für Großunternehmen werden etwas abweichende Maßnahmen gelten. Wir werden auf jeden Fall alle Entlastungen weitergeben und arbeiten jetzt schon auf Hochtouren an der Umsetzung.
WOCHENBLATT: Was ist mit dem Dezember-Abschlag?
Preuß: Den Dezemberabschlag für Gas, der Ende Dezember fällig wird, werden wir nicht einziehen. Kundinnen und Kunden mit SEPA-Mandat müssen sich um nichts kümmern, und Kundinnen und Kunden, die überweisen, müssen den Gasabschlag nicht überweisen. Sollte die Überweisung trotzdem im Dezember von ihnen getätigt werden, so wird der Betrag selbstverständlich mit der nächsten Jahresabrechnung verrechnet, und eventuelle Guthaben werden ausgezahlt.
WOCHENBLATT: Was sind Ihre Themen und Ziele für das kommende Jahr?
Preuß: Unser wichtigstes Ziel bleibt bestehen: Wir setzen unseren Nachhaltigkeitskurs fort und unterstützen unsere Privat- und Geschäftskunden dabei, auf ihren Dächern Photovoltaikanlagen zu installieren, um ihren eigenen Strom zu erzeugen. Wir initiieren Wärmeprojekte ohne Einsatz fossiler Energieträger und setzen sie um, zum Beispiel mit unseren Konzepten für neu entstehende Wohngebiete. Außerdem engagieren wir uns weiterhin stark für eine klimafreundliche Mobilität. Wir befördern den Ausbau regionaler Ladeinfrastruktur, agieren als deren Betreiber und pushen das E-Carsharing. Damit helfen wir dem Klima und verringern die
Abhängigkeit von Energieimporten.
WOCHENBLATT: Herr Preuß, vielen Dank für das Gespräch. (ce).

Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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