650 Unterzeichner aus 30 Orten
Faslamsvereine protestieren mit Brandbrief gegen TÜV-Auflagen

Die heftig umstrittene TÜV-Abnahme für Faslams-Bauwagen war auch Thema beim jüngsten Narren-Umzug durch Stöckte und Winsen | Foto: aw
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  • Die heftig umstrittene TÜV-Abnahme für Faslams-Bauwagen war auch Thema beim jüngsten Narren-Umzug durch Stöckte und Winsen
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"Umzug trotzt allen Hürden", titelte das WOCHENBLATT, als es jetzt über den Faslamsumzug durch Stöckte und Winsen berichtete. Die "Hürden" sind immer strengere TÜV-Auflagen bis hin zu teuren Gutachten für die Umzugswagen, die schon bald das Ende der seit Jahrzehnten im gesamten Landkreis Harburg gepflegten Traditionsfeste bedeuten könnten. Das will Jan Filter (44), Mitglied im Faslamsverein Hoopte und zudem aktiv bei den Stöckter und Fliegenberger Narren, unbedingt verhindern. Er hat einen Brandbrief "Rettet Faslam!" an die politisch Verantwortlichen vom Winsener Stadtrat bis zum Bundestag geschrieben - den rund 650 Faslamsfans aus gut 30 Orten in der Region mit unterzeichneten. 

"Es handelt sich um eine rein private Initiative, die aber offensichtlich viele Mitglieder von Faslamsvereinen bewegt", erklärt Jan Filter. "Das Thema war auf nahezu allen Umzügen in diesem Jahr bereits sehr prominent und wurde von mindestens einem Dutzend der Wagen aufgegriffen." 

Zu Beginn des Brandbriefs stellt Filter klar, dass das Schreiben "kein Vorwurf gegenüber irgendwem" sein solle. Die Faslamsfreunde wollten vielmehr über die Auswirkungen der TÜV-Vorgaben aufklären "und dafür werben, dass wir alle gemeinsam andere Lösungen finden, wenn es welche gibt".

Bei den Umzügen - so Filter - investierten die Veranstalter ehrenamtlich "jedes Jahr tausende Euro und noch viel mehr Stunden in den Bau der Wagen, die dann viele zehntausend Menschen an den Straßenrändern bewundern und feiern". Die Faslamszeit sei ein "regionales Alleinstellungsmerkmal" und für die Dörfer "identitätsstiftend und das, was die Dorfgemeinschaft aufrechterhält". 

Im vergangenen Jahr habe sich ein besorgter Bürger an das Niedersächsische Innenministerium gewandt und offensichtlich die Sicherheit der Faslamswagen angezweifelt. "In der Folge wurde nämlich, beginnend mit dem Hoopter Umzug im Januar, plötzlich haargenau geprüft, ob denn auch alles sicher sei, und teilweise sogar Anhänger aus dem Verkehr gezogen, die in den Jahren vorher nie als Problem betrachtet worden waren", so Jan Filter. Bis dahin habe es keine sicherheitstechnischen Beanstandungen oder einen durch die Bauweise bedingten Unfall gegeben. Ursache für Unfälle bei Umzügen sei nach Erkenntnissen der Veranstalter "durchweg individuelles Fehlverhalten gewesen und eben nicht fahrlässige bauliche Konstruktionen oder gar eine fehlende TÜV-Plakette für einen Brauchtumswagen". 

Die Wagen würden viele Wochen lang gebaut und die Konstrukteure schon aus Selbstschutz auf die Sicherheit achten. Dass diese sehr ernst genommen werde, hätten örtlichen Behörden den Wagenbauern bei Überprüfungen stets bestätigt. "Es gibt und gab immer eine enge Zusammenarbeit aller Akteure vor Ort - sei es mit der Polizei oder mit der Verwaltung, was Konstruktion und Bau der Wagen betrifft."

Entsprechend groß sei das Unverständnis über die strengen Kontrollen durch das Innenministerium bzw. den TÜV, die nach Informationen der Macher ab nächstem Jahr noch schärfer werden dürften. "Gutachter müssen sich künftig komplette Faslamswagen anschauen, wo es bisher genügte, dass der Unterbau sicher und mit einem Gutachten an den Start geht. Eine solche Prüfung muss dann logischerweise jedes Jahr aufs Neue stattfinden, da ja jedes Jahr neue Wagen gebaut werden", so Jan Filter. "Es wird durch diese Gutachten nichts sicherer, es wird lediglich der Wagenbau um einen in Summe vermutlich fünfstelligen Betrag teurer. Denn die Gutachten kosten natürlich jedes Jahr richtig viel Geld."

Filter befürchtet, dass sich als Konsequenz viele Wagenbau-Teams auflösen, die Umzüge immer kleiner werden und nur noch Fußgruppen übrigbleiben würden. "Faslamsbrüder und -schwestern lassen sich nicht gern sinnlos schikanieren, und diese Neuerungen können nur als Schikane empfunden werden."

"Unsere Bitte an Sie ist daher, dass Sie eine Lösung finden, die unsere Faslamstradition rettet. Dazu ist es nötig, dass diese Lösung ohne die genannten Gutachten auskommt", appellieren die Unterzeichner des Brandbriefs schließlich an die Politiker bis hin nach Berlin. Die Gutachten seien für die meisten Wagenbaugruppen "weder logistisch noch finanziell realisierbar", entbehrten jeder sicherheitstechnischen Grundlage und würden vor Ort als "pure Paragrafenreiterei empfunden". Sie würden nichts verbessern, sondern stattdessen "Faslamsumzüge, wie wir sie kennen, kaputtmachen".

Die heftig umstrittene TÜV-Abnahme für Faslams-Bauwagen war auch Thema beim jüngsten Narren-Umzug durch Stöckte und Winsen | Foto: aw
Brandbrief-Initiator und Faslamsvereins-Mitglied Jan Filter | Foto: Christina Opeldus
Redakteur:

Christoph Ehlermann aus Salzhausen

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