Interview mit Finanzdezernent Dirk Hirsch
Buchholz hat 32 Millionen Euro Schulden
Bei der Debatte um den Abschluss des Haushaltsjahres 2020 im Buchholzer Stadtrat betonte Dirk Hirsch jüngst, dass es Buchholz finanziell in der Corona-Pandemie nicht so schlimm erwischt hat wie befürchtet. Im Interview mit WOCHENBLATT-Redaktionsleiter Dirk Hirsch berichtet der Finanzdezernent über die finanzielle Lage der Nordheidestadt.
WOCHENBLATT: Das Minus im Jahresabschluss 2020 ist deutlich geringer als befürchtet. Sie sprachen im Stadtrat von einer "kleinen Kehrtwende". Wie bewerten Sie die finanzielle Situation der Stadt Buchholz?
Dirk Hirsch: In Anbetracht der aktuellen Rahmenbedingungen (Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg usw.) bewerte ich die derzeitige finanzielle Situation der Stadt positiv. Oder anders ausgedrückt: Durch die beiden Corona-Jahre 2020 und 2021 sind wir finanziell besser gekommen als erwartet. Entgegen der damaligen Planung ist das Haushaltsjahr 2020 mit einem Überschuss abgeschlossen worden, gleiches erwarten wir auch für 2021. Allerdings gibt es auch einen Wermutstropfen: Um die Konsolidierung des Haushaltes in diesen beiden Jahren zu erreichen, wurden zahlreiche Investitions- und auch Unterhaltungsmaßnahmen auf zukünftige Jahre verschoben, diese gilt es bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Spielräume in den kommenden Jahren nachzuholen.
WOCHENBLATT: 3,2 Millionen Euro stellte der Bund für Steuerausfälle zur Verfügung, der Kreis überweist auch mehr Geld. Reicht das oder braucht die Stadt Buchholz mehr Entlastungen?
Hirsch: Die im Jahr 2020 vom Bund bereitgestellte einmalige Kompensationszahlung für die Gewerbesteuerausfälle umfasste rund 50 Prozent. Selbstverständlich hätten wir uns eine vollständige Kompensation der Steuerausfälle gewünscht, glücklicherweise hat das Gewerbesteueraufkommen Ende 2020 wieder zugenommen, sodass wir besser dastehen als noch im Jahr 2020 geplant. Allerdings liegen die Steuereinnahmen noch nicht wieder auf dem Niveau des Jahres 2019, also vor der Corona-Pandemie. Sorgen bereiten uns jedoch die zu erwartenden Auswirkungen aufgrund des anhaltenden Ukraine-Krieges und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Konjunktur und damit die Steuereinnahmen auf allen Ebenen. Sollte es zu einer Rezession oder sogar Wirtschaftskrise beispielsweise aufgrund einer Gasmangellage in Deutschland kommen, werden die Steuereinnahmen, insbesondere bei unseren Haupteinnahmequellen der Einkommenssteuer und der Gewerbesteuer, voraussichtlich deutlich einbrechen und damit auch einen Ausgleich unseres Haushaltes unmöglich machen. Hierauf müssen wir zumindest gefasst sein.
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"Überschüsse werden in die Infrastruktur investiert"
[/b]WOCHENBLATT:[/b] Aus der FDP-Ratsfraktion wurden ja Stimmen laut, jetzt wieder mehr zu investieren. Ist diese Forderung berechtigt?
Hirsch: Ich glaube hier liegt ein Interpretationsproblem vor. Zutreffend ist, dass in den letzten Jahren deutliche Überschüsse im städtischen Haushalt erwirtschaftet wurden, die zu einer Erhöhung des Eigenkapitals in unserer Bilanz führen. Diese Mehreinnahmen (Überschüsse) wurden in den vergangenen Jahren jedoch stets dazu verwendet, die nicht unerheblichen Investitionen der Stadt sowohl in die Infrastruktur (Straßen, Kanäle usw.) und insbesondere auch in die soziale Infrastruktur (Schule, Kita, Sport und anderes mehr) zu finanzieren und damit deutlich weniger Kredite aufzunehmen als ursprünglich geplant. Dies war und ist auch Zielsetzung der Haushaltsführung, um eine stark ansteigende Verschuldung der Stadt und der daraus resultierenden Verpflichtungen für Zins- und Tilgungsleistungen zu vermeiden oder zu verringern. Corona-bedingt wur "Wir stehen besser da, als im Jahr 2020 geplant"den einige größere Investitionsmaßnahmen, zum Beispiel das Programm „Stadtumbau West“, um zwei Jahre verschoben. Darüber hinaus gibt es noch zahlreiche weitere Investitionsbedarfe, über die im Rahmen der anstehenden Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2023/2024 zu beraten sein wird. Nur so viel: Wir haben in den vergangenen sieben Jahren, mit Ausnahme der beiden Coronajahre, Investitionen auf Rekordniveau getätigt!
WOCHENBLATT: Kann die Stadt Buchholz alle mittel- und langfristig geplanten Investitionen stemmen oder müssen Vorhaben verschoben werden?
Hirsch: Dies wird sehr stark von der weiteren konjunkturellen Entwicklung abhängig sein. Die langfristige Investitionsplanung der Stadt Buchholz zeigt jedoch bereits jetzt auf, dass voraussichtlich nicht alle Investitionen finanziert beziehungsweise die hierfür erforderlichen Kredite getragen werden können. Gerade auch in Anbetracht der Herausforderung im Bereich des Klimaschutzes und der erforderlichen Investitionen im Bereich der Pflichtaufgaben ist es unumgänglich, dass Prioritäten gesetzt und Maßnahmen mit einer niedrigeren Priorität verschoben beziehungsweise aufgeschoben werden müssen.
WOCHENBLATT: Wie ist derzeit die Verschuldung der Stadt Buchholz?
Hirsch: Die Verschuldung der Stadt beläuft sich aktuell auf rund 32 Millionen Euro.
Redakteur:Oliver Sander aus Buchholz | |
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