Beleidigt und bedroht: Bleiben Opfer damit allein?
So werden Gewalttäter ausgebremst
"Du bist tot, du weißt es nur noch nicht." Diesen Satz schleuderte ein Mann (35) am Mittwoch der vergangenen Woche seinem Stiefvater (83) entgegen. Es blieb nicht bei verbalen Attacken. Steine flogen gegen Auto und Haus, der wütende Mann riss Gullydeckel aus der Straße: Polizeieinsatz. "Immer wenn mein Stiefsohn unter Alkohol- und Drogeneinfluss steht, rastet er schnell aus", sagt der Senior. Die Familie hat Angst. Der 35-Jährige könnte schließlich jederzeit wiederkommen. Der Aggressor könnte sogar bequem mit der S-Bahn anreisen.
Stades Polizeisprecher Rainer Bohmbach bestätigt den Vorfall. Er sagt auch: "Der Mann ist amtsbekannt." Sachbeschädigung und Bedrohung sowie andere Delikte finden sich in seiner Strafakte. Nach Angaben des Stiefvaters habe der 35-Jährige bis vor einem halben Jahr für längere Zeit im Gefängnis gesessen. "Was können wir bloß tun?", fragt der 83-Jährige.
Polizei kann Täter gezielt ansprechen
Tatsache ist: Es gibt keine unmittelbare Handhabe gegen gewaltbereite Zeitgenossen, die andere Menschen beleidigen, bedrohen oder gar angreifen. Wegsperren als Vorsichtsmaßnahme durch die Polizei ist nicht erlaubt. Wie der Fall des "Axtmannes" aus dem Alten Land zeigt - das WOCHENBLATT hatte mehrfach berichtet - sind regelmäßige und bedrohliche Ausraster wegen einer psychischen Erkrankung ebenfalls kein Grund, jemanden wegzusperren, etwa in die Psychiatrie. Sind Opfer von Gewalt also auf sich allein gestellt?
Mitnichten! "Wir können eine sogenannte Gefährderansprache machen", sagt Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Dabei werde einem potenziellen Gewalttäter sehr deutlich vor Augen geführt, dass die Polizei ihn auf dem Schirm habe, so der Polizeisprecher.
Bei Verstößen geht es irgendwann in Haft
Einen anderen Weg erklärt der Buxtehuder Strafverteidiger Lorenz Hünnemeyer: das Näherungsverbot. "Das ist ein relativ scharfes Schwert", sagt der Jurist. Der Betroffene geht zum Amtsgericht und beantragt das bei einem Rechtspfleger. "Dafür ist kein Anwalt notwendig", sagt Hünnemeyer. Im Fall des 83-Jährigen sei das, mit der Anzeige in der Hand, ein Selbstläufer, so der Jurist. Der mutmaßliche Aggressor werde dabei nicht zwingend gehört. Ein Richter oder eine Richterin kann das ohne Anhörung aussprechen.
Die "Schärfe" von der Lorenz Hünnemeyer spricht, kommt bei Verstößen ins Spiel. Wer das Näherungsverbot ignoriert, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Das kostet bei wiederholten Verstößen empfindlich viel Geld. Wer pleite sei, könne ersatzweise auch in Ordnungshaft genommen werden, erklärt der Jurist. Hinzu kommt: Wenn schon einmal ein Gericht beteiligt war, "ist die Wahrscheinlichkeit größerer Milde bei einer eventuellen Verhandlung eher gering", sagt Lorenz Hünnemeyer.
Der von den Gewaltausbrüchen seines Stiefsohns betroffene Mann möchte einfach nur eins: "Wir wollen Ruhe und Sicherheit."
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