Kreisjägerschaft fordert Konsequenzen
Wolfsattacke an der Oste: 55 tote Schafe in Gräpel
Wolfsattacke auf eine Schafsherde: In Gräpel an der Oste (Samtgemeinde Oldendorf-Himmelpforten) wurde in der Nacht zu Samstag (26. August) eine Herde Schafe angegriffen - aller Wahrscheinlichkeit von einem Wolf oder mehreren Wölfen. Von den 112 Schafen wurden 18 sofort getötet, weitere 37 Tiere mussten wegen ihrer schweren Verletzungen eingeschläfert werden. Außerdem mussten bei 30 Schafen Verletzungen behandelt werden. Zwei Tiere werden vermisst. Drei Tierärzte waren vor Ort, um die Schafe einzuschläfern bzw. zu versorgen. Beteiligte sprachen davon, dass sich ihnen angesichts der zerfleischten Tiere ein grauenhaftes Bild geboten habe. Die Jägerschaft des Landkreises Stade nimmt das Massaker unter den Schafen erneut zum Anlass, auf die "Auricher Erklärung" zum Schutz der Deichschafe hinzuweisen.
Bei dem Vorfall in Gräpel ist noch völlig offen, wie viele Wölfe beteiligt gewesen sein könnten, und ob es sich womöglich um ein Wolfsrudel gehandelt hat. Genetische Spuren an den Schafen und auf der Weide wurden für die Probe in einem Labor durch einen Wolfsberater gesichert. Es ist aber bereits aufgrund der vorgefundenen Pfotenabdrücke ziemlich sicher, dass es sich um einen Wolfsangriff handelt. Die Schafe sollen erst einen Tag vorher auf die Weide getrieben worden sein, wo jetzt das Massaker stattfand. Zuvor soll der Schafhalter einen Wolfsschutzzaun aufgebaut haben, für den es eine fünfstellige Fördersumme des Landes gab.
Ein aktuelles Statement von Stades Landrat Kai Seefried zu dem Vorfall in Gräpel finden Sie hier:
Schafe sind wichtig für die Deichsicherheit
Der aktuelle Angriff von einem oder mehreren Wölfen auf eine Schafherde in Gräpel habe wieder einmal gezeigt, dass in den küstennahen Grünlandgebieten die Anwesenheit von territorialen Rudeln dem politischen Ziel "Weidehaltung" entgegensteht, heißt es seitens der Stader Kreisjägerschaft. Wolfsattacken von diesem Ausmaß führen letztlich zur Aufgabe von (Deich-)Schäfereien und damit zu einem weiteren Rückgang der Weidetierhaltung. Das hätte negative Folgen für die Deichsicherheit. Bekanntlich verfestigen Schafe die Grasnarbe der Deiche ("Trippelschritte") und halten das Gras sehr kurz, wodurch die Halme dicker und die Wurzeln kompakter werden.
Umgehend ein Wolfs-Management realisieren
Die Jägerschaft des Landkreises Stade erneuert vor dem Hintergrund des jüngsten Vorfalls in Gräpel die Forderungen der Küstenjägerschaften in der "Auricher Erklärung" vom April 2023. In dem Wolfs-Positionspapier werden die regionalen Bundes- und Landtagsabgeordneten aufgefordert, sich an der Küste für die optimale Pflege der Deiche durch das Nutztier Schaf einzusetzen, sodass die Sicherheit der Deiche gewährleistet wird. Denn nur sichere Deiche können das Hab und Gut sowie das Leben von Menschen schützen. Die Jäger aus dem Kreis Stade appellieren nun an die Abgeordneten aus der Region, sich für die Vereinbarungen der Koalitionsverträge in Bund und Land einzusetzen, wonach ein Bestandsmanagement für den Wolf umgehend realisiert werden soll.
Der Wolf ist nach Ansicht der Kreisjägerschaft gut geschützt: Die internationalen Schutzbemühungen – z.B. über die FFH-Richtlinie der Europäischen Union – hätten bereits dazu geführt, dass der westeuropäische Wolf weder in Deutschland noch in Niedersachsen in seinem Bestand gefährdet sei, im Gegenteil. Schätzungsweise leben rund 1.500 Wölfe in Deutschland, davon ein Drittel in Niedersachsen.
Weil beim Wort nehmen
Jetzt will man Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) beim Wort nehmen. Dieser hatte sich bei seinem Besuch am 15. August in Freiburg/Elbe zum Thema Wolfsmanagement positioniert. Laut Weil ist es das Ziel der Landesregierung, in den durch Wolfsangriffen überlasteten Regionen so lange den Wolfsbestand zu reduzieren, bis es "kein Übermaß an Schäden mehr gibt".
Die Kreisjägerschaft drängt jetzt auf zügige Konsequenzen: "Bei uns im Landkreis Stade ist das Maß überschritten. Der Vorfall in Gräpel zeigt, dass schnelles Handeln gefordert ist und der Küsten- und Deichschutz schnelle Antworten benötigt", erklärte der Vorsitzende Peter Hatecke gegenüber dem WOCHENBLATT. "Wir fordern aber nicht nur ein schnelles Handeln zur Reduzierung des Wolfsbestandes, sondern auch eine unbürokratische Hilfe für den betroffenen Schäfer", so der Vorsitzende weiter.
Statement der CDU-Opposition im Landtag
Die Wolfsangriffe vom vergangenen Wochenende kommentiert der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Sebastian Lechner wie folgt: "An diesem Wochenende wurden insgesamt 60 Schafe in Niedersachsen von Wölfen gerissen oder mussten als Folge der Angriffe eingeschläfert werden, weitere wurden verletzt. Das muss jetzt enden. Wir können nicht auf weitere Gesprächsrunden irgendwann im Herbst warten. Der Ministerpräsident muss jetzt handeln und geltendes EU-Recht anwenden. Die Weidetierhalter in Niedersachsen leiden mit ihren Tieren schon lange über die Belastungsgrenze hinaus. Wir brauchen ein aktives Wolfsmanagement in Niedersachsen - und zwar sofort."
Die "Auricher Erklärung" ist hier in vollem Wortlaut nachzulesen: Bitte hier klicken.
Das sind die Forderungen aus der Auricher Erklärung:
Gefordert wird bzw. werden...
- wolfsrudelfreie Zonen in den küstennahen Landkreisen zum Schutz der für den Deich‐und Küstenschutz notwendigen und naturverträglichen Nutztierhaltung und Weidewirtschaft sowie der landschaftstypischen Weidetierhaltung durch Rinder und Pferde
- den Vorrang von Deichschutz und Deichsicherheit zum Schutz von Menschenleben in Zielkonflikten mit dem Schutzstatus des Wolfes
- eine Aufrüstungsspirale beim Herdenschutz kann nicht länger zu Lasten der Betroffenen gehen: Weidetierhaltung ist ein wichtiges Instrument der Landschaftspflege. Auf Küstendeichen und in Grünlandregionen mit hoher Weidetierdichte sind Weidetiere durch Zäunung jedoch nicht zu schützen.
- die Wahrung der Anonymität und des Persönlichkeitsschutzes aller Beteiligten in Fällen der Umsetzung von artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen
- Insbesondere fordern wir die Abgeordneten des Bundes‐ und des Landtages dieser Regionen auf, sich der Sorgen und Betroffenheiten der hier lebenden Menschen anzunehmen und dafür einzutreten
- die Formulierungen in den Koalitionsverträgen sowohl auf Bundes‐ wie auf Landesebene, ein europarechtskonformes, regional differenziertes Bestandsmanagement zu ermöglichen, endlich in die Tat umgesetzt werden
- dass sich das Land Niedersachsen den Forderungen der sechs anderen Bundesländer, eine Neubewertung der EU‐Strategie bei der Europäischen Kommission sowie eine Überprüfung des Schutzstatus des Wolfes nach Anhang II und IV der FFH‐Richtline einzufordern, anschließt.
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