Flüchtlingsunterbringung in Klecken
Überzogene Kritik stößt Ehrenamtliche vor den Kopf
Die Unterbringung unzähliger Menschen, die vor Putins Angriffskrieg aus der Ukraine geflüchtet sind, stellt die Kommunen vor große Herausforderungen. Da Wohnraum fehlt, werden auch Turnhallen genutzt. So wie in Klecken, wo die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Johanniter im Auftrag der Gemeinde Rosengarten die Sporthalle binnen weniger Stunden als vorübergehende Unterkunft hergerichtet haben. Keine 48 Stunden später erreichte die Gemeinde Rosengarten und die Johanniter eine schriftliche Beschwerde des Integrationslotsen Eike Andreas Seidel über vermeintlich unhaltbare Zustände.
Seidel erhebt und verbreitete - offenbar ohne zuvor mit den Verantwortlichen das Gespräch zu suchen - eine Reihe von Vorwürfen. Unter anderem hätten die Geflüchteten von einer nicht funktionierenden Heizung und Warmwasserversorgung, fehlenden Rauchmeldern und nicht abschließbaren Türen berichtet. Dazu nehmen Gemeinde und Johanniter Stellung.
In Betrieb genommen wurde die Unterkunft mit Platz für bis zu 60 Personen in Vier-Bett-Abteilen demnach am 4. Oktober durch den Einzug von sechs Geflüchteten. Die Turnhalle sei bis zuletzt im Sportbetrieb gewesen, die Vereine hätten der Gemeinde keine Ausfälle gemeldet. Die Gemeinde habe Heizung und Warmwasser vorab auf Funktionsfähigkeit geprüft. "Am Freitag, 7. Oktober, hat die Gemeinde die Raumtemperatur in den Zimmern der Unterkunft im ersten Stock nachgemessen und kam an fünf verschiedenen Standorten auf Messergebnisse von 19,5 bis 20 Grad (gemessen in ca. 80 cm Höhe)."
Die Gemeinde habe auch die Wassertemperaturen in den Duschen nachgemessen und einen Wert von 38 Grad ermittelt. "In öffentlichen Duschen ist ein Brühschutz vorgeschrieben, der die Wassertemperatur auf 38 Grad begrenzen muss, dies wird in der Turnhalle in Klecken eingehalten", heißt es weiter. Das warme Wasser müsse aber erst eine gewisse Strecke von der Heizungsanlage zur Dusche zurücklegen und eine gewisse Menge Wasser abgenommen werden, bis aus dem Duschkopf warmes Wasser kommt.
Da es sich bei der Unterkunft um eine Sporthalle handelt, gebe es - nach Geschlecht getrennt - nur Gemeinschaftsduschen. "Gemeinde und Johanniter werden hier aber schnellst möglich nachbessern und Duschvorhänge für mehr Privatsphäre anbringen", versprechen die Verantwortlichen.
Abschließbare Türen gebe es aus dem Grund nicht, da die Abteile aus Messewänden gebaut wurden. Jedes Abteil verfüge über eine Tür, die geschlossen, aber nicht abgeschlossen werden könne, erläutern Johanniter und Gemeinde.
Was das Internet angeht, gebe es im ganzen Ort keinen Internet-Hotspot. "Der Gemeinde und den Johannitern ist bewusst, wie wichtig ein gut funktionierendes Internet für Geflüchtete ist, um Kontakt zu Daheimgebliebenen zu halten. Es gibt in der Unterkunft freies WLAN für jeden Geflüchteten. Teilweise kommt es leider noch zu Internetausfällen, hier bessern die Gemeinde und die Johanniter gerade nach", teilen die Verantwortlichen weiter mit.
Bezüglich fehlender Rauch- oder Brandmelder erklären sie: "In der Unterkunft gilt ein striktes Rauchverbot, das die Mitarbeitenden von Johannitern und Sicherheitsdienst auch konsequent umsetzen. Zudem überwacht ein Sicherheitsdienst 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche die Einrichtung. Der Sicherheitsdienst ist in die Immobilie eingewiesen und wird im Gefahrenfall eine Evakuierung der Unterkunft veranlassen."
Seidel nannte noch weitere Kritikpunkte, die teilweise auch auf mangelnde Verständigung zurückzuführen sein könnten, und auf die das WOCHENBLATT daher nicht näher eingeht.
Zum Abschluss wird der Beschwerdeführer eingeladen, sich persönlich ein Bild von der Unterkunft zu machen. Um die Privatsphäre der Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen, raten Johanniter und Gemeinde allerdings von unangekündigten Besuchen ab.
Auf ein Wort: Überr das Ziel hinausgeschossen
Der Integrationslotse Eike Seidel ist dem WOCHENBLATT als engagierter ehrenamtlicher Flüchtlingsunterstützer gut bekannt. Er erhebt das Wort dort, wo den Geflüchteten die Sprache oder ein Sprachrohr fehlt. So hat er schon häufiger Missstände angeprangert, die Dank seiner Initiative behoben wurden.
Diesmal aber ist er übers Ziel hinausgeschossen. Er hat mit seiner "Beschwerde" das Engagement der Gemeinde und den ehrenamtlichen Einsatz der Johanniter schlecht geredet. Und er hat den ukrainischen Flüchtlingen damit letztlich einen Bärendienst erwiesen, die als undankbare und komfort-verwöhnte Schmarotzer wirken. Mit einer solch unberechtigten "Beschwerde" redet man leider denen das Wort, die genau das von den in Deutschland asylsuchenden Menschen behaupten.
Bianca Marquardt
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