Keine Neuauszählung in Tötensen
Gemeinderatssitzung bringt Klarheit über UWR-Einspruch und weckt Erinnerungen
lm. Nenndorf. Zu seiner letzten Sitzung der laufenden Wahlperiode kam der Rat der Gemeinde Rosengarten jetzt in Böttchers Gasthaus in Nenndorf zusammen. Ein Thema, das besonders viel Anlass zur Diskussion bot, war der Tagesordnungspunkt fünf: der Einspruch der UWR zur Ortsratswahl in Tötensen.
Die Wählergemeinschaft hatte aus mehreren Gründen das Ergebnis der Wahl in Tötensen moniert: Das Wahlergebnis bei der Kommunalwahl war knapp ausgefallen, eine geringfügige Verschiebung der Stimmen würde zu einer anderen Sitzverteilung führen (das WOCHENBLATT berichtete). Zudem habe ein Wahlplakat in unmittelbarer Nähe des Wahllokals in der Tötensener Grundschule die Wähler beeinflusst.
Marco Stöver (UWR) übergab in der Sitzung am Mittwoch das Wort an Peter Relotius, der den Antrag als Mitglied des Ortsrates gestellt hatte. Er legte für die anwesenden Ratsmitglieder noch einmal ausführlich die Gründe für den Einspruch dar. Die fortgeschrittene Uhrzeit, zu der das Wahlergebnis für den Ortsrat in Tötensen eintraf, sei ein Indikator dafür, das insbesondere bei einem knappen Ergebnis Fehler möglich seien.
Dabei war Relotius besonders wichtig, dass den Wahlhelfern nicht mangelnde Kompetenz vorgeworfen werde. Er wolle lediglich aufzeigen, dass durch die Umstände bei der Kommunalwahl Fehler beim Auszählen der Stimmen nur menschlich seien. Eine erneute Zählung würde das Vertrauen der Bürger in das Wahlergebnis stärken, erklärte Relotius.
Nach seinen Ausführungen entbrannte unter den Ratsmitgliedern eine Diskussion, die Fronten waren dabei klar verteilt. SPD und CDU lehnten eine Neuauszählung ebenso wie die Vertreter der Verwaltung ab, die AWR und die Grünen schlugen sich auf die Seite der UWR. Volkmar Block (Grüne) führte dazu die Kommunalwahl 1991 an (siehe Infokasten). Aufgrund der damaligen Ereignisse sei Block ein Freund von Neuauszählungen. Jürgen Grützmacher (AWR) war ebenfalls für eine erneute Zählung der Stimmen und stellte die Frage in den Raum: "Was spricht in unserer Demokratie gegen diesen Vorgang?"
Anders sahen es die Ratsmitglieder aus den Reihen der SPD und der CDU. Für sie stand insbesondere die geleistete Arbeit der Wahlhelfer im Fokus. Arne Diercks von der CDU berichtete von Gesprächen, die er mit jungen Wahlhelfern geführt hatte: "Die haben mir gesagt, wenn unsere Arbeit hinterher politisch angezweifelt wird, dann war das das letzte Mal, dass wir geholfen haben." Klaus Meyer-Greve von der SPD richtete das Wort direkt an Relotius und erinnerte an die tatsächlichen Zahlen: "Wir sprechen hier von insgesamt 179 Stimmen, die zwischen SPD und UWR liegen. Wenn Sie das nicht akzeptieren können, dann kann ich Ihnen nicht helfen."
Auch die Verwaltung bezog in Person von Wahlleiter Carsten Peters Stellung. Hier scheine der Sachverhalt klar: Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg habe 2009 entschieden, dass ein knappes Ergebnis kein Anlass für eine Neuauszählung sei. Auch das Wahlplakat habe aufgrund des regen Betriebs vor dem Wahllokal keine Beachtung gefunden.
Gemeindebürgermeister Dirk Seidler setzte in der Diskussion den Schlusspunkt: "Ein Beschluss zur Neuauszählung wäre rechtswidrig, ich würde mein Veto einlegen." Der Einspruch gegen die Ortsratswahl in Tötensen wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.
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Der Kommunalwahl-Krimi 1991 in Rosengarten
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Die rechtliche Grundlage entscheidet Eigentlich war CDU-Mann Gustav Böttcher bei der Kommunalwahl 1991 schon ins Rathaus gewählt worden, als es zu einem echten Wahl-Krimi kam. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Werner Stemmann, seines Zeichens Mathelehrer an einer Schule in Harburg, warf aus privatem Interesse noch einmal einen Blick auf die Zahlen aus Rosengarten und stieß auf gleich mehrere Ungereimtheiten: Für die Ortsratswahl in Tötensen wurden 100 Wahlberechtigte zu viel angegeben. In Eckel betrug die Differenz zwischen den gültigen Stimmen für die Ortsrats- und die Kreistagswahl rund 100. Stemmann schlussfolgerte, dass diese bei der CDU fehlen müssten. Der dritte Fehler, der hauptursächlich für den kurzfristigen Führungswechsel im Nenndorfer Rathaus war, passierte jedoch ebenda. Für den Kreistag hatten die Grünen hier 188 Stimmen bekommen, gleichzeitig jedoch nur 61 für den Gemeinderat.
Beim Übertragen der Stimmen hatte hier ein kleiner Fehler mit großen Konsequenzen stattgefunden. Ein Grünen-Politiker hatte in seinem Wahlbereich nur 23 Stimmen bekommen, bei Einsicht der Zähllisten kam heraus: Tatsächlich waren es 123. Im Gemeinderat verschoben sich daraufhin die Mehrheiten. Die CDU verlor ihre absolute Mehrheit, die daraufhin an die SPD überging. Die stellten in der Folge auch den langjährigen ehemaligen Gemeindebürgermeister Dietmar Stadie.
Kommentar: Die rechtliche Grundlage entscheidet
Die lebhafte Diskussion bei der Gemeinderatssitzung verdeutlichte den zahlreichen anwesenden Einwohnern eindrucksvoll, wie Kommunalpolitik gelebt wird. Und auch der Ausgang, der in der Abweisung des Einspruches mündete, unterstreicht das Funktionieren der Demokratie. Es gibt durchaus Argumente, die eine Neuauszählung der Stimmen rechtfertigen und die auch plausibel erscheinen. Aber der Vergleich mit der Kommunalwahl 1991 hinkt und kommt gleichzeitig eher einem Vergleich von Äpfeln und Birnen näher.
Damals ging es um konkrete Mehrheitsverschiebungen im Gemeinderat und der damit einhergehenden Besetzung des Bürgermeisteramtes. Außerdem lag vor 30 Jahren ein ganz klar nachweisbarer Rechenfehler vor. In Tötensen ist es die Vermutung von möglichen Fehlern, begründet mit einem knappen Ergebnis. Es ist mehr als verständlich, dass die UWR hier Nutznießer sein möchte, um einen weiteren Sitz im Ortsrat zu ergattern, allerdings stehe ich auf der Seite der Gemeindeverwaltung: Das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg hat ein klares Urteil für solche Sachverhalte gefällt. Und die mahnenden Worte von Arne Diercks sprechen in jedem Fall für sich selbst. Jungen Leuten sollte durch solche Wahleinsprüche der Dienst am Wahltag nicht madig gemacht werden.
Lennart Möller
Redakteur:Lennart Möller aus Rosengarten |
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