Hilferuf nach mehr Schulpersonal
Lehrer brauchen für Betreuung junger Flüchtlinge Unterstützung vom Land Niedersachsen
ce. Landkreis. Auch über die Landkreise Harburg und Stade kommen immer mehr Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine an, darunter viele Frauen und ihre Kinder im Schulalter. Die Leiter und Lehrer in den Schulen stoßen zunehmend an ihre Grenzen, denn eine effektive Integration der schutzsuchenden Jungen und Mädchen in den Unterricht ist wegen Personalmangels, fehlender Ausstattung und Sprachproblemen kaum möglich.
"Die Beschulung der teilweise traumatisierten Schüler bedeutet eine enorme Belastung unserer Lehrkräfte, die seit zwei Jahren durch Corona ohnehin bis aufs Äußerste gefordert sind", betont Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL). Von Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) fordert er: "Unsere Schulen benötigen dringend die Unterstützung, die unser Minister zugesagt hat. Es fragt sich nur, woher das benötigte Personal kommen soll. Auch die räumliche Situation der Schulen ist oftmals nicht ausreichend."
Verband Niedersächsischer Lehrkräfte fordert mehr Personal
Die Schulpsychologen seien seit Jahren chronisch unterbesetzt und sollten sich jetzt auch noch um die traumatisierten Schüler aus der Ukraine kümmern. Das werde ohne Neueinstellungen nicht umzusetzen sein. "Wir hoffen, dass unser Kultusminister für Entlastungen und unbürokratische Lösungen sorgt und es nicht bei Ankündigungen bleibt", appelliert der VNL-Vorsitzende. "Wenn nicht umgehend gehandelt wird, droht irgendwann der Kollaps."
Wie Integration gelingen kann, zeigt die Oberschule (OBS) in Meckelfeld (Landkreis Harburg). Dort werden aus der Ukraine und anderen Nationen stammende Jungen und Mädchen aus verschiedenen Schulen in der Gemeinde Seevetal in einer Sprachlernklasse unterrichtet. "Wir haben sonst 351 Schüler an unserer OBS. Jetzt kamen binnen fünf Tagen 14 Kinder aus der Ukraine dazu. Ihre Anwesenheit ist eine Bereicherung, aber auch ein zusätzlicher Kraftaufwand", erklärt Rektorin Katrin Pfeffer gegenüber dem WOCHENBLATT. "Zum Glück konnten wir eine bereits pensionierte Kollegin gewinnen und eine andere Lehrerin vorzeitig aus dem Erziehungsurlaub holen. Ansonsten hätten wir das personell nicht stemmen können. Da muss vom Land dringend Abhilfe geschaffen werden!"
"Es ist traurig, dass wir aus unserer Heimat fliehen mussten. Aber wir wurden hier sehr herzlich aufgenommen. Es tut gut, sich mit anderen Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine austauschen zu können." Das sagen Bogdan (16) und sein drei Jahre jüngerer Bruder Wladislaw (13), die vor gut einem Monat mit ihrer Familie aus dem ukrainischen Lemberg (Lwiw) nach Deutschland kamen und seit etwa zwei Wochen die Sprachlernklasse der Oberschule (OBS) in Meckelfeld (Kreis Harburg) besuchen. Insgesamt werden dort 14 Schutzsuchende aus dem Kriegsgebiet in den Unterricht integriert.
In Sprachlernklasse wird Integration von ukrainischen Flüchtlingen gelebt
Zu Bogdans Lieblingsfächern gehört Mathematik, während Wladislaw auf Sport schwört. Neben der Sprachlernklasse, in der sie täglich bis zu sechs Stunden unterrichtet werden, besucht Bogdan stundenweise die neunte Klasse der Realschule und Wladislaw die siebte OBS-Klasse. Als Dolmetscherin steht ihnen Oberschülerin Denisa (12) zur Seite, die aus Moldawien stammt und seit zwei Jahren in Deutschland lebt. "Ich freue mich, dass ich auf diese Weise den Menschen aus der Ukraine helfen kann. Gleichzeitig finde ich es traurig, dass Russland diesen grausamen Krieg angefangen hat", sagt Denisa.
"Hier ist alles gut strukturiert, während in unserer Heimat schlimme Zustände herrschen", erzählt Bogdan, der von Freunden aus Lemberg und Kiew immer wieder Fotos geschickt bekommt, die die verheerenden Zerstörungen in den Städten zeigen. "Wir hoffen, dass der Krieg bald aufhört und dass die Ukraine ein freies und demokratisches Land unter dem Schutz der NATO wird."
"Wir unterrichten in der Sprachlernklasse knapp 20 Schüler aus fünf Ländern, die verschiedene Schulen in Seevetal besuchen", erklärt die eigentlich pensionierte Lehrerin Jutta Katharina Werner, die insbesondere für die Betreuung der Ukrainer aus dem Ruhestand an die OBS zurückkehrte. Unterstützt wird sie von ihrer Kollegin Linda Hoffmann, die für die Aufgabe vorzeitig ihren Erziehungsurlaub beendete. "Ohne dieses tolle freiwillige Entgegenkommen wäre die zusätzliche Arbeit für uns nicht zu schaffen", betont Rektorin Katrin Pfeffer. "Hier muss das Land dringend Abhilfe durch Verstärkung schaffen", spricht sie auch für andere Schulleitungen, die bei der Unterrichtung von immer mehr ankommenden jungen Ukrainern personell an ihre Grenzen stoßen.
Überwältigt ist Katrin Pfeffer von der großen Spendenbereitschaft in der OBS und aus der Bevölkerung.
Viele Jungen und Mädchen aus der Sprachlernklasse haben sich schon örtlichen Sportvereinen angeschlossen oder sich für Ferienkurse der Kreisvolkshochschule angemeldet. "Auch Anfragen für Aufnahmen in die Jugendfeuerwehren laufen", freut sich schließlich Jutta Katharina Werner über die gute Zusammenarbeit mit den Institutionen."
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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