Podiumsdiskussion
Bahnmanager trifft in Seevetal auf Neubautrassengegner

Vor Beginn der Diskussion in der Burg Seevetal (v. li.): Frank Limprecht (DB Netz AG), Kirsten Lühmann (SPD-Verkehrsexpertin), Martin Mützel (Verkehrsclub Deutschland), Dr. Peter Dörsam (Projektbeiratssprecher Alpha-E) und Gastgeberin Svenja Stadler (SPD-Bundestagsabgeordnete) | Foto: ts
  • Vor Beginn der Diskussion in der Burg Seevetal (v. li.): Frank Limprecht (DB Netz AG), Kirsten Lühmann (SPD-Verkehrsexpertin), Martin Mützel (Verkehrsclub Deutschland), Dr. Peter Dörsam (Projektbeiratssprecher Alpha-E) und Gastgeberin Svenja Stadler (SPD-Bundestagsabgeordnete)
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Die Deutsche Bahn versucht, den Menschen im Landkreis Harburg die umstrittene geplante Neubau-Eisenbahntrasse zwischen Hamburg und Hannover schmackhaft zu machen: Frank Limprecht, Leiter Großprojekte Norddeutschland bei der Bahntochter DB Netz AG, stellt betroffenen Kommunen und Grundeigentümern Lärmschutz, Tunnelbauten und "zusätzliche Nahverkehrshalte" in Aussicht. Das sagte der Bahnmanager am Dienstagabend bei einer Podiumsdiskussion vor mehr 450 Besuchern im Veranstaltungszentrum Burg Seevetal. Welche Gemeinden von zusätzlichen Zughalten profitieren könnten, sagte er aber nicht.

Zum ersten Mal, seit der Plan der Deutschen Bahn für eine Neubau-Eisenbahntrasse im August im Landkreis Harburg an die Öffentlichkeit geriet, äußerte sich ein Bahnmanager in dem Landkreis öffentlich zu dem Vorhaben und zu Fragen von Bürgerinnen und Bürgern. Veranstalterin war die SPD-Bundestagsabgeordnete Svenja Stadler. Mehrere tausend Menschen im Landkreis Harburg unterstützen Bürgerinitiativen, die den Trassen-Neubau ablehnen. Sie verlangen stattdessen einen Schienennetzausbau an Bestandsstrecken.

Das sind die wichtigsten Aussagen von Bahnmanager Frank Limprecht:
Planung ohne Auftrag?
Auf die Frage von SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann, wer im Bundesverkehrsministerium den Auftrag zur Planung einer Neubautrasse erteilt habe, nennt Frank Limprecht keinen Namen. Die Neubau-Planung sei "auf der Arbeitsebene" entwickelt worden. "Der Hammer des Abends", sagt Neubautrassengegner Dr. Peter Dörsam. Offenbar hätten weder Bundesverkehrsminister Volker Wissing noch ein Staatssekretär den Auftrag erteilt.

Bahn will Neubautrasse

Der Bestandsstreckenausbau sei schwierig, weil damit die verkehrspolitischen Ziele nicht erreicht würden. Die Ziele sind die Verminderung von Flugreisen, die Verlagerung von Verkehren von der Autobahn auf die Schiene oder auch schnellere Zugverbindungen. "Das wirtschaftliche Ergebnis ist nicht so gut wie mit einer Neubauvariante", sagt Limprecht.

Beteiligung eine Farce?

Wenn die Frage nach Neubau oder Ausbau ergebnisoffen sein soll: Wie könne es dann sein, dass die Deutsche Bahn bereits viele Teile der Neubaustrecke sehr konkret geplant habe, will Stelles Bürgermeister Robert Isernhagen wissen. "Wir haben eine bestandsferne Strecke (Neubaustrecke, Anm. der Redaktion) in eine gute Planungsphase gebracht, um eine Vergleichbarkeit der Strecken zu haben."

Bürgerbeteiligung beginnt

Bahnmanager Frank Limprecht kündigt eine "Phase der regionalen öffentlichen Diskussion" an. Drei Trassenvarianten, im Bestand, bestandsnah (Teilneubau) und bestandsfern, werde die Bahn vorstellen. Nicht zur öffentlichen Auslegung in Rathäusern, sondern "an Marktständen".

Bundestag entscheidet

Aussagen, wonach die Bundestagsabgeordneten im Dezember oder Januar eine Entscheidung über das Schienennetzausbauprogramm des Bundes treffen, seien nicht richtig. Die Bahn sterbe eine Befassung des Deutschen Bundestags vor der parlamentarischen Sommerpause 2023 an, sagt Limprecht.

Enteignungen

Ob Neubau oder Ausbau - Eingriffe in Gebäude und Grundstücke seien unvermeidbar. "Auch an der Bestandsstrecke wird es zu Enteignungen kommen", sagt Frank Limprecht.

Das sagten die anderen Podiumsteilnehmer:

Die frühere verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Kirsten Lühmann, kritisiert die Deutsche Bahn: Die Bürgerbeteiligung bisher sei nicht das, was sie sich darunter vorstelle. Sie fordert ein Forum, in dem Bürgerinitiativen und betroffene Kommunen eine Lösung suchen.

Der niedersächsische Vorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland, Martin Mützel, befürwortet eine Neubaustrecke. Die Landesnahverkehrsgesellschaft bestelle derzeit keine zusätzlichen Züge, weil Trassen fehlten.

Dr. Peter Dörsam
, Sprecher Projektbeirat Alpha-E, wirft der Deutschen Bahn vor, den Schienennetzausbau an Bestandsstrecken "in Grund und Boden" zu rechnen, um eine Neubaustrecke durchzusetzen. Bis 2050 könne der Bau einer Neubautrasse dauern. "Wir brauchen aber schnelle Lösungen."
Svenja Stadler will Anfang des Jahres 2023 die Öffentlichkeit in einer zweiten Informationsveranstaltung informieren. Bahnmanager Frank Limprecht sagte auf dem Podium seine Teilnahme zu.

26 Kommentare

Leserreporter
Michael Kerschl aus Stelle
am 20.11.2022 um 11:41

Frau Müller,

was ist an der Verhandlung von Tunnelabschnitten bitte falsch? Es ist möglich, technisch machbar sowieso. Und Zuglärm gäbe es dann überhaupt keinen.
Bahnhöfe sind vorgesehen. Ob diese auch zu Regionalbahnhöfen ausgebaut werden, das liegt in der Hand von Niedersachsen. Die DB hat mehrfach betont, auch Herr Limprecht jetzt wieder, dass Bahn die Regionalbahnhöfe sehr gerne bauen würde. Aber wenn Niedersachsen weiterhin stur am toten Pferd Alpha E festhält und die nötigen Regionalzüge nicht bestellt (ÖPNV ist schließlich Ländersache), dann braucht die DB auch keine Regionalbahnhöfe bauen.

Leserreporter
Holger Darjus aus Seevetal
am 20.11.2022 um 11:58

Sehr geehrter Herr Becker,

ich komme aus dem Staunen nicht mehr raus!
Was Ihrer Ansicht nach realitätsfernes Argumentieren von "Veränderungsverweigeren" ist, ist nichts anderes als der Schutz der Heimat und der Natur. Aber ich kann natürlich verstehen, dass es für die Seevetaler immer wichtiger wird, im Deutschlandtakt die Region zu verlassen. Viel lebens- und liebenswertes wird es hier ja bald nicht mehr geben. Unsere Region wird zunehmend durch Infrastruktur, die angeblich dem Wohl der Allgemeinheit dient, zerstört. Zentrallager, Autobahnen, Rangierbahnhöfe, Gleistrassen, Solar"parks", Windkraftanlagen usw. schmücken zunehmend unser ehemals schönes Seevetal.
Alles immer fein unter dem Deckmäntelchen des Klimaschutzes. Weder Alpha-E noch eine Neubaustrecke werden dafür sorgen, dass sich irgendetwas zum Positiven wenden wird. Abgesehen von der Frage, ob der CO2-Ausstoß wirklich allein verantwortlich für die Klimaveränderungen ist, werden die Neu- oder Ausbauten dieses völlig unsinnigen Vorhabens, ein vielfaches mehr an CO2 produzieren, als durch diese Maßnahmen jemals eingespart werden kann.
Das am Ende unzählige Mitmenschen ihr Zuhause verloren haben werden, dass die kläglichen Reste unser schönen Natur weiter dezimiert werden und das die Bürger mit Steuergeldern in zweistelliger Milliardenhöhe zur Kasse gebeten werden, scheint bei Ihrer einseitigen Betrachtung offensichtlich keine Rolle zu spielen.
In einem Punkt gebe ich Ihnen jedoch Recht. Konstruktives ist derzeit kaum zu vernehmen. Das liegt aber ganz sicher daran, dass zunächst die unfassbare Bedrohung durch die Bahn und die verantwortlichen (und verantwortungslosen)  Verkehrsplaner abgewendet werden muss.
Hier wird immer so getan, als würde das Vorhaben dem Personennahverkehr dienen. Doch was begründet denn diesen Bedarf? In einer zunehmend vernetzten und digitalisierten Welt werden Reisen aus beruflichen Anlässen immer seltener. Die Zahl derer, die anstelle des eigen Autos auf die Bahn umsteigen, wird ganz sicher weder durch die eine noch die andere Variante der Trassenführung steigen. Was mag sonst wohl noch als Motivation bleiben? Die Frage beantworten Sie sich aber am besten selbst.
Um dieser Diskussion aber schon mal ein paar konstruktive Elemente mit auf den Weg zu geben, nenne ich Ihnen mal einige Punkte, die für unser Region wirklich wichtig wären:
• Die Decatur-Brücke in Maschen sollte umgehend ertüchtigt und wieder freigegeben werden damit die Pendler aus Maschen und Umgebung mal wieder ihren Bahnhof erreichen.
• Der Buchholzer Bahnhof sollte endlich so umgestaltet werden, dass auch beeinträchtigte und ältere Menschen diesen problemlos nutzen können.
• Die Anbindung mit Bussen und Sammeltaxis zu den Bahnhöfen sollte so ausgebaut werden, dass man keine stundenlangen Wartezeiten vor oder nach der Nutzung der Bahn hat. (Zudem wäre es wirklich nett, wenn die Busse auf verspätet eintreffende Züge warten würden).
• Ein Ausbau von Radwegenetzen, die auch für E-Bikes geeignet sind sowie die Schaffung von geschützte Parkgelegenheiten für solche Räder an den Bahnhöfen.
• Ein genereller Ausbau von Radwegen und die Sanierung der größten Teils lebensgefährlichen und in einem erbärmlichen Zustand befindlichen Radwege.
Ich könnte die Liste der konstruktiven Vorschläge beliebig fortführen. Leider bin ich aber derzeit damit beschäftigt diesen Wahnsinn abzuwenden und daher stehe ich derzeit an der Seite aller, deren Existenz, Heimat, Arbeitsplatz oder auch nur der Gassi-Runde mit dem Hund bedroht ist und unterstütze die Argumentation von Herrn Crasemann, Frau Weede, aller Bürgerinitiativen und jedem, der sich gegen die organisierte Kriminalität von Staat und Bahn stellt - zur Not sogar mit Buhrufen!
Sie haben also absolut Recht! Mit dem sturen Festhalten an Alpha-E bekämen wir die für Seevetal schlechtere Lösung. Ihr Satz war vermutlich aber noch nicht ganz fertig. Mit dem Festhalten an einer Neubaustrecke bekämen wir für Seevetal den absoluten Supergau!

Leserreporter
Rüdiger Störtebecker aus Winsen
am 20.11.2022 um 19:57
Kommentar wurde am 20. November 2022 um 19:58 editiert

Aber eins haben alle gemeinsam, sie wollen alle von A nach B kommen. Bloss das wie, wird sich erst in der Zukunft zeigen und ich denke das keiner von den Kommentarschreibern oder den  Bürgern irgent etwas bewirken  wird. Die da OBEN werden bestimmen was und wie es kommt, genug Beispiele gibt es. Leider.