Zu wenig Vakzin geordert - und nun?
Grippeschutzimpfung: Kein Piks, weil wieder Impfstoff fehlt?
+++ Meinungsartikel: Dieser Text gibt die persönliche Meinung des Autors wider +++
Im vergangenen Jahr ist die Grippesaison so gut wie ausgefallen - die Mediziner führen das vor allem auf die strengen Corona-Schutzmaßnahmen zurück -, doch in diesem Herbst und Winter könnte das nach den weitreichenden Lockerungen anders aussehen. Noch steht nicht fest, ob und mit welcher Wucht eine mögliche Grippewelle anrollt. Auf Nummer sicher gehen wollte der Stader WOCHENBLATT-Redaktionsleiter Jörg Dammann. Er hatte vor, sich wie jedes Jahr den Piks bei seinem Hausarzt abzuholen. Doch das klappte nicht. Hier sein Erfahrungsbericht:
"Eigentlich war ich der Meinung, Anfang Oktober noch früh dran zu sein mit meinem Wunsch nach einer Grippeschutzimpfung. Doch nach einem Anruf bei meinem Arzt war mir klar: Ich liege mit meiner Einschätzung völlig daneben. Der Impfstoffvorrat der Praxis war bereits komplett aufgebraucht. Ich war sprachlos, denn kurz zuvor hatte ich noch gelesen, dass in diesem Jahr auf jeden Fall ausreichend Grippe-Vakzin zur Verfügung stehe - nach dem Ärger um die Engpässe im Vorjahr.
Wir erinnern uns: Im Herbst 2020 hatte (Noch-)Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Bürger eindringlich dazu aufgefordert, sich unabhängig vom Alter gegen Grippe impfen zu lassen, um so mögliche Zusatzkomplikationen bei COVID-19-Erkrankungen zu vermeiden. Die Folge: Die Menschen strömten in die Arztpraxen. Viele, für die eine Grippeschutzimpfung wirklich sinnvoll gewesen wäre, das sind über 60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankung, schauten in die Röhre.
So wie ich jetzt. Seit Jahren lasse ich mich impfen, denn eine schwere Grippe könnte bei meinem Asthma fatale Folgen haben. Doch womöglich ist der Zug für mich in diesem Jahr bereits abgefahren. Laut dem stellvertretenden Vorsitzenden des Landesapothekerverbandes Niedersachsen (LAV), Dr. Mathias Grau, sind 80 Prozent der vorbestellten Impfdosen bereits ausgeliefert. Tatsächlich ist mein Arzt kein Einzelfall: Laut Medienberichten melden Praxen landauf, landab, dass ihre Vorräte aufgrund der hohen Nachfrage erschöpft sind.
Doch warum kann nicht nachgeordert werden? Das sei schwierig, erläutert Grau, der in Horneburg eine Apotheke betreibt: Bereits im Februar müssen die Ärzte in der Regel ihre Bestellungen für das Serum abgeben. Die Hersteller würden dann noch einen Puffer von zehn Prozent einbauen, doch mehr als diese Reserve werde es am Ende nicht zusätzlich geben. Ob ab November möglicherweise noch nennenswerte Mengen auf dem freien Markt erhältlich sein werden, bleibe abzuwarten, so Grau.
Aber weshalb bevorraten sich manche Ärzte nicht ausreichend? Weil sie für die Kosten geradestehen müssen, wenn am Ende Impfstoff übrig bleibt, erklärt mir Dr. Stephan Brune, Sprecher der Stader Bezirksstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN). Ein Arzt haftet finanziell für die sogenannte "Schmutzquote", also die Chargen, die er zwar bestellt, aber nicht verimpft hat. Die Krankenkassen nehmen die Ärzte dann in Regress. 'Am Ende bezahlen wir jede einzelne Ampulle an überschüssigem Impfstoff aus eigener Tasche', sagt Brune.
Der Ärzte-Funktionär kritisiert dieses Prinzip. Er hält andere Lösungen für sinnvoller. Eine Überlegung wäre es, dass Patienten im Januar verbindlich den Grippeimpfstoff für den kommenden Herbst vorbestellen. Für mich hört sich das nach einer guten Idee an."
Jörg Dammann
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