Stadt mit Wildmüllproblem überfordert
Stades Altländer Viertel: Die Vermüllung eines Wohnquartiers

Die Grünendeicher Straße in Stades Altländer Viertel vor ein paar Tagen: Am Straßenrand stapelt sich der illegal entsorgte Müll | Foto: jd
4Bilder
  • Die Grünendeicher Straße in Stades Altländer Viertel vor ein paar Tagen: Am Straßenrand stapelt sich der illegal entsorgte Müll
  • Foto: jd
  • hochgeladen von Jörg Dammann

Sozialer Brennpunkt, Problemquartier: Das Altländer Viertel in Stade hat seit Jahren einen schlechten Ruf. Ein Spiegelbild der Situation in diesem Viertel mit seinen großen, teils heruntergekommenen Wohnkomplexen aus den 1970er Jahren ist die anhaltende Wildmüllproblematik. Vor den Häusern und entlang der Straßen türmen sich regelmäßig Berge von illegal entsorgtem Müll. Bereits 2015 berichtete das WOCHENBLATT über „abscheuliche Zustände“, wie es ein Anwohner formulierte. Zehn Jahre später hat sich daran wenig geändert – die Zustände scheinen sogar schlimmer geworden zu sein. Die Antworten der Stadtverwaltung auf eine Anfrage des WOCHENBLATT deuten auf Rat- und Hilflosigkeit hin.

Wildmüll im Altländer Viertel | Foto: jd
  • Wildmüll im Altländer Viertel
  • Foto: jd
  • hochgeladen von Jörg Dammann

Besondere Herausforderungen im Quartier

Das Altländer Viertel bringt mit seinem hohen Anteil an Bewohnern aus unterschiedlichen Kulturen und Sprachen besondere Herausforderungen mit sich. Viele der mehr als 3.000 Bewohner haben einen Migrationshintergrund, sprechen kaum Deutsch und stammen aus bildungsfernen Schichten. Die Vermittlung von Informationen über Mülltrennung und korrekte Entsorgung gestaltet sich entsprechend schwierig. Doch dass die Stadt nach einem Jahrzehnt immer noch nach Lösungsansätzen sucht, wirft Fragen auf. Bereits vor Jahren wurde ein Quartiersmanagement eingerichtet, das sich mit genau solchen Problemen beschäftigen soll. Im Rahmen eines Stadtteilforums tauschten sich die Akteure im Altländer Viertel, darunter Sozialarbeiter, Streetworker und Vertreter von Schule und Kita, regelmäßig aus. Bei diesen Runden kam immer wieder das Wildmüllproblem auf den Tisch - allerdings ohne Ergebnis. 

Ihnen stinkt es gewaltig

Aktionismus statt effektiver Problemlösung

Bemühungen, die Bewohner durch Flyer, direkte Ansprache, Müllsammelaktionen sowie Projekte im Kindergarten zu sensibilisieren, fruchteten nicht. Illegal abgeladener Sperrmüll, überquellende Container und verdreckte Plätze prägen weiterhin das Bild des Viertels. Der Pressesprecher der Hansestadt Stade, Stephan Voigt, räumt ein, dass sich die Stadt bei der Suche nach einer Lösung „noch am Anfang des Prozesses“ befinde – ein bemerkenswertes Eingeständnis, wenn man bedenkt, dass das Müllproblem seit vielen Jahren bekannt ist. Dass die Stadt jetzt an der "Hauptstraße" im Altländer Viertel, der Grünendeicher Straße, Blumenkübel aufstellen ließ, um das Abladen von Müll zu verhindern, vermittelt eher den Eindruck von Aktionismus und sieht nicht nach einer effektiven Problemlösung aus. Das Gleiche gilt für das von Voigt angekündigte Vorhaben, "mit Hinweisschildern auf das Verbot des Abladens von Abfall aufmerksam zu machen". 

Mit "Kaffeemobil" auf Tour durch das Altländer Viertel

Suche nach "nachhaltiger Lösung"

Voigt macht in seiner Antwort auf die WOCHENBLATT-Anfrage darauf aufmerksam, dass im Altländer Viertel auch Müll von Personen abgeladen wird, die dort gar nicht wohnen. Sicherlich mag diese illegale Abfallentsorgung durch Ortsfremde zur Wildmüllproblematik im Altländer Viertel beitragen. Doch als Erklärung für die Zustände im Quartier reicht es nicht aus. Zudem lenkt es vom Kernproblem ab: der offenbar unzureichenden Kontrolle vor Ort. Die Stadt sollte sich über gezielte Maßnahmen Gedanken machen, wie "Müllsünder" identifiziert und konsequent zur Verantwortung gezogen werden können. Und wenn der Pressesprecher der Stadt jetzt erklärt, "wir suchen momentan nach einer nachhaltigen Lösung", kommen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der bisherigen städtischen Bemühungen auf.

Altländer Viertel in Stade: Weg vom schlechten Ruf / Immobilien-Konzern sorgt für mehr Sicherheit

Hohe Kosten für die Müllbeseitigung

Der illegal abgelegte Müll ist nicht nur ein Dauerärgernis für diejenigen Bewohner des Altländer Viertels, die sich ein sauberes und ansehnliches Wohnumfeld wünschen. Die regelmäßige Beseitigung des Wildmülls durch die Kommunalen Betriebe Stade (KBS) verursacht auch hohe Kosten. Laut Voigt werden von der Stadt dafür jährlich rund 30.000 Euro aufgewendet. Mitarbeiter der KBS fahren beispielsweise an jedem Werktag einen Containerplatz an der Grünendeicher Straße an, um dort Wildmüll zu beseitigen. Hinzu kommen noch Abfälle, die sich an den Entsorgungspunkten stapeln und durchschnittlich zweimal im Monat abgeholt werden. Allein diese Müllmenge beziffert Voigt auf 70 bis 100 Kubikmeter pro Jahr. 

Auch Sperrmüll wird immer wieder direkt an der Straße abgelegt | Foto: jd
  • Auch Sperrmüll wird immer wieder direkt an der Straße abgelegt
  • Foto: jd
  • hochgeladen von Jörg Dammann

Stigmatisierung eines Viertels

Zwar verweist Voigt darauf, dass es im Altländer Viertel schon länger eine Regelung gibt, nach der die Bewohner "einmal pro Woche Sperrmüll und zu entsorgende Elektrogeräte an die Straße stellen können, damit dies am Folgetag abgeholt wird". Doch wie sinnvoll ist ein solches Angebot, wenn es letztlich dazu missbraucht wird, auf bequeme Weise Müll aller Art illegal vor das Haus zu kippen. Allzu lange sollte die Stadt mit einer "nachhaltigen Lösung", wie es ihr Pressesprecher bezeichnet, auf jeden Fall nicht mehr warten. Denn auch die Müllproblematik trägt zur Stigmatisierung des "Problemquartiers" bei. Wenn öffentliche Plätze immer wieder als Müllhalden wahrgenommen werden, verschärft dies das ohnehin belastete Image des Altländer Viertels.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

Webseite von Jörg Dammann
Jörg Dammann auf Facebook
Jörg Dammann auf Instagram
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

14 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.