Meinungen zum Radverkehr in Stade und Buxtehude
Wenn Mülltonnen den Radweg blockieren
Mit dieser Note kann man weder im Stader noch im Buxtehuder Rathaus zufrieden sein: Beim diesjährigen Fahrradklima-Test des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) schafften die zwei Hansestädte nur ein schwaches Ausreichend. Obwohl in beiden Orten bereits seit Jahren daran gearbeitet wird, den Verkehr fahrradfreundlicher zu gestalten, erhielten sie von den befragten Radfahrern jeweils nur die Gesamtnote 4,2. Bei der ADFC-Befragung werden nur Schulnoten vergeben, konkrete Aussagen werden nicht getroffen. Das WOCHENBLATT wollte aber genauer wissen, wo es in Stade und Buxtehude in Sachen Radfahren hakt, und hat die Leser dazu aufgerufen, Kritikpunkte zu nennen. Hier eine Auswahl der Lesermeinungen zum Thema Radverkehr.
Stade
Mit einem Fahrrad mit Doppelanhänger für Kinder ist Marina Miladinovic in Stade unterwegs. Der schlechte Zustand des Radweges an der Harsefelder Straße sei bekannt, schreibt sie. Wenn dort aber an Abfuhrterminen die Mülltonnen auf dem Radweg stehen, komme sie mit ihrem Gespann nicht mehr daran vorbei. Der Bordstein zur Straße sei aber so hoch, dass sie dorthin nicht ausweichen könne. "Auf der anderen Seite ist der Hang. Ich musste hier schon mal die Kinder abstellen und mehrere leere Tonnen auf den Fußweg hochtragen, um weiter zum Kindergarten fahren zu können." Auch der obere Poller an der Bahnhofsunterführung stellt für Marina Miladinovic ein fast unüberwindliches Hindernis dar. "Dort ist es so eng, dass man mit Rad und Anhänger nicht herumkommt. Nachdem mir hier einmal ein Fahrrad mitsamt Kind umgekippt ist, während ich den Hänger mit dem anderen Kind um die Ecke heben wollte, fahre ich immer den weiten Umweg über die Wiesenstraße und die Neubourgstraße."
Die bisher in Stade eingerichteten Fahrradstraßen findet Clemens Mohr "super". Er fährt täglich mit dem Rad und ärgert sich vor allem über Ampelschaltungen: "Warum können die Grünphasen für Radfahrer und Fußgänger nicht genauso lang sein wie für den Autoverkehr und warum reagieren die Bedarfsampeln so langsam?" Auch ihm graut es regelmäßig vor den Abfuhrtagen der Müllabfuhr: "Dann kann man nur hoffen, nicht mit einer Mülltonne zu kollidieren, die schön mittig auf dem Radweg der Harsefelder Straße abgestellt werden." Nichtsdestotrotz ist Clemens Mohr überzeugt: "In Stade ist man mit Fahrrad deutlich schneller als mit dem Auto."
"Ich bin immer wieder erstaunt und gleichzeitig enttäuscht, wie wenig in einer Touristenstadt wie Stade für die stetig wachsende Zahl von Radfahrern getan wird", meint Katrin Hempe-Scheck. Sie hält nichts von kombinierten Fuß- und Radwegen. Davon gebe es viele in Stade, oftmals in einem schlechten Zustand. Besonders riskant sei es, wenn Kinder auf diesen kombinierten Wegen unterwegs sind. Auch auf der Straße haben es die Radler nach ihrer Meinung nicht leicht: "Die wenigen gekennzeichneten Fahrradstraßen sind viel zu wenig erkennbar vom Autoverkehr abgegrenzt, sodass der Mindestabstand fast nie eingehalten wird." Autofahrer scheinen oftmals genervt zu sein, wenn ein Radler tatsächlich mal eine der Fahrradstraßen nutzt. Als "grenzwertig" bezeichnet sie den Radweg aus der Innenstadt kommend in Richtung Hollern-Twielenfleth: "Hier endet der Radweg auf einmal abrupt und man landet auf der Straße."
Um einen besseren Service für Radler geht es Sabine-Maria Fecht. Die Staderin ist ausschließlich mit dem Rad unterwegs. Da sie öfter in Hamburg ist, stellt sie ihr Fahrrad am Bahnhof ab. Im vergangenen Jahr wurde ihr dort das Rad geklaut. Sie wünscht sich in Bahnhofsnähe einen preisgünstigen Abstellplatz in einem abschließbaren Fahrradhäuschen.
Für mehr Rücksichtnahme plädiert Jörn Weidt: "Es macht mich traurig, Fahrrad zu fahren und dabei anzusehen, wie viele Zweiradfahrende in Stade ohne Anlass auf den Fußwegen fahren." Auf entgegenkommende Fußgänger werde frontal zugefahren, die Bremse erst betätigt, wenn eine Kollision fast unausweichlich sei. Sein Rat an den ADFC: Dieser sollte im Rahmen seines Fahrradklima-Tests nicht nur bauliche und verkehrslenkende Maßnahmen kritisieren, sondern auch für eine Klimaverbesserung im Miteinander der Verkehrsteilnehmer sorgen. Der Stader schlägt die Einführung eines Fahrradkennzeichens - analog zum Mofa-Schild - vor.
Keinerlei Probleme sieht Benedikt Wieczorek. Er sei oft in Stade mit dem Fahrrad unterwegs. "Die Ampel schalten um und die Autofahrer sind auch freundlich. Man muss einfach Rad fahren können. Ich sehe kein Verbesserungspotenzial."
Buxtehude
Frustriert zeigt sich Burkhard Gottschling, der eigentlich seit Jahren mit dem Rad von Buxtehude aus zu Airbus fährt. Durch Bauarbeiten sei jedoch seine Verbindung zwischen Neu Wulmstorf und Rübke gekappt worden. "Eine angebliche Umleitung entlang der L235 ist gar nicht da. Wir teilen uns die Feldwege durchs Moor mit Baufahrzeugen, die da eigentlich garnicht fahren dürfen." Für Radfahrer aus Neu Wulmstorf sei die Strecke nun über Rübke vier Kilometer länger. Besonders ärgert Gottschling sich darüber, dass seine Bitte um Hilfe weder bei Airbus noch in der Verwaltung erhört wird.
Einige Kritikpunkte hat Elke Meyer. Die Buxtehuderin ist mit ihrem Fahrrad häufig auf der Bahnhofstraße unterwegs. Fuß- und Radweg seien breit genug, doch eine eindeutige farbliche Trennung der beiden Wege wünsche sie sich. Auch eine Fahrtrichtungsvorgabe durch entsprechende Beschilderungen sei sinnvoll.
Diesen Vorschlag machte auch Christoph Liebmann: Weiße Linien oder Piktogramme etwa könnten zur Orientierung und Verkehrssicherheit beitragen. Das Optimieren bestehender Wege sollte für ihn außerdem mehr in den Vordergrund rücken: "Nicht immer was Neues anfangen, sondern das Bestehende erhalten und verwalten."
"Ich habe Angst", sagt Holger Hansen. Seit 13 Jahren fährt der 70-Jährige ausschließlich mit dem Fahrrad und kennt deshalb viele Gefahrenzonen und die Rücksichtslosigkeit einiger Autofahrer. Er beobachtete schon, wie mit hohen Geschwindigkeiten an Kindern, Senioren oder Menschen mit Behinderung vorbeigerast wurde. "Meine Hoffnung ist, dass es eines Tages für Fahrradfahrer sicherer wird."
Heinz Otto Erhorn weiß, dass es viel zu tun gibt, um Buxtehude als Fahrradstadt attraktiver und sicherer zu machen und appelliert damit an die Stadtverwaltung und den Rat. Unter anderem kritisiert er, den schlechten Zustand einiger Fahrradwege, besonders außerhalb des Stadtgebietes. "Hier fährt man sich regelmäßig aufgrund des groben Schotters die Reifen kaputt." Am Beispiel der Finkenstraße erklärt Erhorn, dass Autofahrer Radfahrer oftmals gar nicht als gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer annehmen würden. Die Umwandlung in eine verkehrsberuhigte Zone oder sogar in eine Fahrradstraße hält der Buxtehuder für äußerst sinnvoll, doch auch nach Ortsbesichtigungen von Rat und Stadtverwaltung sei bislang nichts geschehen.
Angelika Schaffranek findet, dass Buxtehude eigentlich für das Fahrradfahren sehr geeignet sei. Doch auch sie sieht deutliches Verbesserungspotenzial. So schlägt sie unter anderem das Schaffen von Fahrradparkplätzen vor. Wie ein Beispiel aus den Niederlanden zeigt, könnten diese dann gegen ein kleines Entgelt von Senioren bewacht werden, um Diebe abzuschrecken, so ihr Vorschlag. Als ehrenamtliche Mitarbeiterin in einer Fahrradwerkstatt erlebe sie häufig, dass Fahrräder besonders am Bahnhof gestohlen oder beschädigt werden. "Da müsste dringend etwas unternommen werden. Vielleicht würden dann noch mehr Bürger aufs Fahrrad steigen."
Die Stadt hat es sich auf ihre Fahnen geschrieben, den Radverkehr deutlich zu stärken. Künftig soll es ganze Straßenzüge geben, in denen die Radfahrer Vorrang haben. Entsprechende Pläne gibt es für die Thuner Straße und auch für Teile der Harburger Straße. Ein Projekt, das noch in diesem Jahr startet, ist der Neubau von Radwegen beiderseits der Harsefelder Straße. Dort soll eine sichere Fahrradverbindung zum neuen Bildungscampus Riensförde (BCR) geschaffen werden. Die genannten Maßnahmen sind aber nur einige Bausteine, Stade zu einer fahrradfreundlichen Stadt umzugestalten. Sämtliche Zukunftsprojekte zum Thema Radverkehr sollen in einem Verkehrsentwicklungsplan benannt und konkretisiert werden. Dazu gehört auch die Schaffung von acht Vorrangrouten für Radfahrer und die Einrichtung mehrerer Fahrradzonen in einzelnen Stadtteilen.
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