Gesetzliche Vorgaben werden umgesetzt
Das Verschwinden der Radwege im Landkreis Stade

Der Leiter des Straßenverkehrsamtes, Arne Kramer (re.), und sein Abteilungsleiter Hendrik Lunden zeigen, wie das Piktogramm für einen Angebotsradweg aussieht | Foto: jd
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Verkehrsschilder zwingen Fahrradfahrer noch immer auf Radwege, obwohl es diese innerorts im Prinzip nicht mehr geben dürfte. Der Landkreis Stade ist jetzt dabei, die gesetzlichen Vorgaben, die bereits aus den 1990er Jahren stammen, in den Kommunen umzusetzen und dabei dem Leitsatz des Bundesverwaltungsgerichts zu folgen: "Fahrbahnnutzung ist für den Radverkehr der Regelfall." Für den Leiter des Straßenverkehrsamtes, Arne Kramer, und seinen zuständigen Abteilungsleiter Hendrik Lunden kein einfaches Unterfangen. Denn in vielen Gemeinden gibt es Vorbehalte - und mancherorts ist auch mit stärkerem Widerstand zu rechnen.

Blaues Schild: Rauf auf den Radweg

Wenn Radfahrer in einem Ort des Landkreises unterwegs sind, müssen sie auf die blauen Schilder achten. Ist darauf - egal, in welcher Kombination mit einem Fußgänger - ein Fahrrad abgebildet, dann bedeutet dies: runter von der Fahrbahn, rauf auf den Radweg bzw. Rad- und Gehweg. "Diese runden Schilder weisen auf eine Radwegebenutzungspflicht hin", erläutert Kramer. Doch der Landkreis ist als zuständige Straßenverkehrsbehörde für die meisten Kommunen - Ausnahmen sind nur Stade, Buxtehude und Harsefeld - bereits dabei, die Zahl der blauen Schilder deutlich zu reduzieren. Auf dem Radweg zu radeln, dürfe innerhalb von Orten nur bei einer besonderen Gefahrenlage angeordnet werden, so Kramer. "Eine solche Gefahrenlage besteht innerörtlich aber in 90 Prozent der Fälle aber nicht."

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Bei den Gemeindestraßen ist die Radwegebenutzungspflicht bereits abgeschafft. Schwieriger werde es bei den Ortsdurchfahrten der Kreis- und Landesstraßen, die jetzt an der Reihe seien, so Kramer. Hier überwiegt in den Rathäusern offenbar nach wie vor die Überzeugung, dass Radfahrer wegen der stärkeren Verkehrsbelastung grundsätzlich nichts auf der Fahrbahn zu suchen haben.

Radler auf der Fahrbahn werden der Normalfall

Doch eine solche Auffassung entspricht laut Kramer nicht den rechtlichen Vorgaben. Demnach müssen auf einer Straße mit Tempo 50 in Spitzenzeiten mindestens 1.200 Autos pro Stunde unterwegs sein, um Radfahrer auf einen Radweg zu zwingen. Das treffe nur auf die wenigsten innerörtlichen Abschnitte der Kreis- und Landesstraßen zu, so Lunden. Nach seiner Ansicht müsse ein Umdenken erfolgen: "Als Autofahrer muss ich im Ort immer damit rechnen, dass Radfahrer auf der Fahrbahn fahren. Das sollte zum Normalfall werden."

Der Landkreis ist bereits dabei, die Ortsdurchfahrten unter die Lupe zu nehmen - u.a. in Kooperation mit den zuständigen Stellen für den Straßenbau und der Polizei. Auch der ADFC als Interessenvertretung der Radfahrer wird zurate gezogen. Um sich zeitaufwändige Ortstermine zu ersparen, fährt ein Mitarbeiter des Straßenverkehrsamtes die Strecken ab und hält die örtlichen Gegebenheiten auf Video fest. Vertreter der Kommunen werden laut Kramer bei den Beratungen bewusst nicht hinzugezogen. Kramer: „Wir wollen gar nicht erst den Eindruck vermitteln, dass es hier ein 'Wünsch-Dir-was' gibt. Wir setzen hier geltendes Recht um." Die Kommunen hätten aber Gelegenheit, Anregungen zu geben.

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Angebotsradwege als Alternative

Kramer macht deutlich: Radverkehr auf der Fahrbahn wird in zahlreichen Orten alternativlos sein. Die Anlage von speziellen Radfahrstreifen auf der Fahrbahn sei aufgrund der geringen Straßenbreiten meist nicht möglich. Eine gute Option könnten die sogenannten Angebotsradwege darstellen. Dabei wird ein Fahrradpiktogramm auf den angrenzenden Rad- (und Fuß-)weg aufgetragen. Dann hätten Radfahrer die Wahl: Entweder sie teilen sich die Fahrbahn mit den Autos oder weichen - wenn sie sich vielleicht etwas unsicherer fühlen - auf den Angebotsradweg neben der Fahrbahn aus. Solche Radwege würden auf jeden Fall weniger Einschränkungen bedeuten als die Hinweistafel "Radfahrer frei" unter dem blauen Fußweg-Schild, so Kramer: "Wer dort mit dem Fahrrad unterwegs ist, darf strenggenommen nur Schritttempo fahren." Das passe aber nicht zu dem Ziel, den Radverkehr zu fördern.

Redakteur:

Jörg Dammann aus Stade

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