Förderverein pocht auf Recht auf das Freibad
Pläne zur Freibad-Schließung in Bützfleth: Ein Ort in Aufruhr

Auch wenn die Besucherzahlen in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind: Das örtliche Freibad ist bei den Bützflethern beliebt | Foto: Archiv/tp
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  • Auch wenn die Besucherzahlen in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind: Das örtliche Freibad ist bei den Bützflethern beliebt
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Stade hat sein Sommerloch-Thema: Es geht um das in die Jahre gekommene Freibad in der Ortschaft Bützfleth. Seit dem Frühjahr laufen konkrete Planungen, das 1977 eröffnete Bad zu sanieren oder durch einen Neubau zu ersetzen. Die zuständige Bädergesellschaft, die zur Konzern-Holding der Stader Stadtwerke gehört, hat dem Aufsichtsrat im Juni drei Varianten vorgelegt. Kostenpunkt: zwischen vier und 5,5 Millionen Euro. Eine Entscheidung soll im Herbst fallen. Doch nun haben politische Kreise in Stade eine weitere Option ins Spiel gebracht: Das Bützflether Freibad soll geschlossen werden. Als Gegenleistung soll die Ortschaft pro Jahr eine halbe Million Euro zur freien Verfügung erhalten. Kommuniziert wurde der Vorschlag kürzlich über die Tagespresse. Das kam bei den Bützflethern überhaupt nicht gut an. Sie wollen ihr Freibad behalten. Eine Welle der Empörung macht sich breit. Abseits der hochkochenden Emotionen bemüht sich einer der wichtigsten Akteure, der Trägerverein des Freibades, um eine sachliche Debatte. Dessen Vorsitzender Dr. Hartmut Meyer wirkt bei dem Streit um den Erhalt des Freibades wie ein Fels in der Brandung.

Die Ausgangslage

Fakt ist: Das Bützflether Freibad ist sanierungsbedürftig. "Leider wurden in den letzten 25 Jahren keine nachhaltigen Maßnahmen zum Erhalt des Freibades ergriffen", sagt Meyer. Rohrleitungen und technische Anlagen seien in den vergangenen Jahren zwar immer wieder repariert worden, doch einen strukturierten Plan zur Sanierung des Bades habe es nicht gegeben. Adressat von Meyers Kritik sind die Stadtwerke, die über die Bädergesellschaft Eigentümer des Freibades sind. Diese wollten das Bad vor mehr als 20 Jahren schon einmal schließen. Nach heftigen Protesten in Bützfleth übernahm der Trägerverein den Freibad-Betrieb, wobei die Bädergesellschaft weiter für die Kosten aufkommen muss. Was nicht bezahlt wird, sind die abertausenden Stunden, die die Ehrenamtlichen des rund 550 Mitglieder zählenden Trägervereins für den Erhalt und die Pflege des Freibades aufbringen.

Muss das Bützflether Freibad durch einen Neubau ersetzt oder reicht eine Sanierung? Diese Frage muss jetzt geklärt werden | Foto: Förderverein
  • Muss das Bützflether Freibad durch einen Neubau ersetzt oder reicht eine Sanierung? Diese Frage muss jetzt geklärt werden
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Die Sanierungspläne

Hier gibt es neben der "Null-Variante" (Sanierung bzw. Neubau des Freibades in seinem bisherigen Umfang mit separatem Springerbecken) drei weitere Varianten. Die jeweiligen Planungen liegen dem WOCHENBLATT vor. Alle drei Entwürfe sehen vor, die Größe der Becken zu reduzieren. Das Springerbecken entfällt, nur in der teuersten Variante ist eine Sprunggrube vorgesehen, die in das Sportbecken integriert wird. In der günstigsten Variante soll auch die Größe des Erlebnisbeckens (Nichtschwimmer- und Planschbereich) deutlich reduziert werden. Auch die Wasserrutsche entfällt. Zunächst hieß es, dass der Aufsichtsrat der Bädergesellschaft (dessen personelle Besetzung entspricht dem Verwaltungsausschuss des Stader Rates) noch vor den Sommerferien eine Entscheidung trifft. Das ist jetzt auf den Herbst vertagt worden.

Streit um das geschlossene Feibad in Bützfleth wird zum Politikum

Die Nicht-Beteiligung des Trägervereins

Überhaupt nicht in die Planungen eingebunden wurde der Trägerverein als eigentlich wichtigster Akteur bei diesem Thema. Der Verein sei bisher nur "Ergebnisempfänger" gewesen, moniert Meyer: "Bei der Erarbeitung der Varianten war der Vereins-Vorstand nicht involviert." Seines Wissens sei keiner der Planer vor Ort gewesen, um eine Bestandsaufnahme des Bades vorzunehmen. Auch sei der Trägerverein nicht zu seinen Vorstellungen zur Zukunft des Bades befragt worden, so die Kritik des Vereins-Vorsitzenden. "Selbst der Ortsrat war vorab nicht informiert", so Meyer. Das Gleiche gilt für die zugrundeliegenden Gutachten und eine neu erstellte Potenzialanalyse: Der Vorstand habe bei der Bädergesellschaft mehrfach um Einsichtnahme gebeten - leider vergeblich. Zudem seien die von der Bädergesellschaft bereitgestellten Planungsunterlagen unzureichend, "um eine fundierte Investitions- und Zukunftsentscheidung über das Bützflether Freibad zu treffen". Letztlich würde die Planungen auf einer Aktenlage mit dem Stand von vor acht Jahren basieren. 

Die besondere Situation in Bützfleth

Der Bau des Bützflether Freibades hängt unmittelbar zusammen mit der 1972 erfolgten (Zwangs-) Eingemeindung der Ortschaft in die Stadt Stade. Damals wurde im Eingemeindungsvertrag verbindlich vereinbart, dass Stade in Bützfleth ein Freibad errichtet - quasi als Kompensation für die Belastungen durch das Industriegebiet, das ab den siebziger Jahren auf Bützflethersand entstand. In der Diskussion um die angedachte Freibad-Schließung vor 20 Jahren ging es schon mal um die Frage, wie lange solche eine vertragliche Vereinbarung gilt. Der Trägerverein nimmt hier eine eindeutige Position ein: Einer der beiden Vertragspartner, nämlich die Gemeinde Bützfleth, sei nicht mehr existent. Der Eingemeindungsvertrag habe damit den Charakter eines Erbvertrages und könne daher nicht aufgelöst werden. "Die Analyse der Rechtslage zeigt eindeutig, dass die Ortschaft Bützfleth ein Recht auf ein Freibad hat und dies somit eine Muss-Leistung der Stadt ist", so Meyers Fazit.

Neuer Vorstand tritt als Bützflether Freibad-Retter an

Überlegungen in der Stader Politik

Stade verfügt mit dem Solemio mitten in der Stadt über ein Hallenbad mitsamt Freibad. Beides befindet sich im Eigentum der Bädergesellschaft. Das Freibad sei aufgrund rückläufiger Besucherzahlen in den vergangenen Jahren bei Weitem nicht ausgelastet gewesen, warum also nicht das sanierungsbedürftige Bützflether Freibad schließen und das Geld für andere Zwecke in Bützfleth ausgeben, so die Argumentation einiger Stader Ratsmitglieder. Stade würde keine zwei Freibäder mehr benötigen, zumal auch es auch in  Bützfleth deutlich weniger Freibadbesucher gebe. Stattdessen sollte das eingesparte Geld lieber dem Bützflether Ortsrat zur Verfügung gestellt werden, damit dieser andere Projekte in der Ortschaft umsetzt. Die Rede ist von jährlich von 500.000 Euro. Angedacht ist beispielsweise der Umbau eines Gebäudes zu einem Mehrgenerationenhaus oder die Errichtung einer Spielscheune. Für die Bützflether könnte eine Buslinie zum Solemio eingerichtet werden, so die Überlegung. Was die Diskussion über solche Alternativen schwierig macht: Die betreffenden Politiker äußern ihre Vorschläge nur hinter vorgehaltener Hand, wollen nicht zitiert oder namentlich genannt werden. Eine Basis für eine Diskussion auf Augenhöhe ist das nicht. 

Die heftige Reaktion in Bützfleth 

Diejenigen, die die Debatte um das Fortbestehen des Freibades vom Zaun gebrochen haben, ahnten es offenbar, warum sie lieber in der Deckung bleiben: Nachdem ihre Ideen publik wurden, gab es in Bützfleth einen regelrechten Aufschrei. In der Ortschaft, die sich seit jeher als Stiefkind der Stader Politik betrachtet, fühlte man sich in der Einschätzung bestätigt, dass im Stader Rathaus Entscheidungen über die Köpfe der Bützflether hinweg getroffen werden. Bützfleth sei lediglich die "Melkkuh" der Hansestadt, die mit den Gewerbesteuereinnahmen aus dem Industriegebiet zwar jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge in die Stadtkasse spüle, aber dafür kaum etwas zurückerhalte, um die örtliche Infrastruktur zu verbessern. Entsprechend ist die Gemütslage in Bützfleth. Dass die ungebetenen Vorschläge aus der Stader Politik jetzt die Emotionen in der Ortschaft hochkochen lassen, erscheint vor diesem Hintergrund verständlich. Mehr dazu weiter unten: Dort finden sich zwei Schreiben (eine Pressemitteilung und ein offener Brief), die beim WOCHENBLATT eingegangen sind. Tenor der Schreiben: Das Freibad muss bleiben.

Der Sprungturm des Freibades bei der offiziellen Einweihung. Der Turm wurde bereits saniert und soll stabil sein. | Foto: Förderverein/Archiv
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Förderverein will eigene Pläne vorlegen

Auch der Freibad-Trägerverein nimmt diese Position ein: Man werde "keine anderweitigen Entscheidungen als Sanierung bzw. Neubau" akzeptieren. Ein saniertes bzw. neu gebautes Freibad werde den Bürgern "weitere 50 Jahre als verlässlicher Ort der Naherholung zur Verfügung stehen". Jenseits aller Emotionen möchte der Vorsitzende Meyer einen Weg aufzeigen, wie es in Sachen Bützflether Freibad weitergehen kann. Der Vorstand hat bereits eine eigene Planungsgruppe gegründet, der neben Bäderexperten auch Bützflether Bürger angehören. Ziel ist es, auf einer Mitgliederversammlung im Herbst einen eigenen Entwurf zur Sanierung des Freibades vorzulegen. Bei den neuen Plänen sollen auch stärker energetische Aspekte berücksichtigt werden, denn bisher wird das Bad konventionell mit Gas beheizt. Meyer stellte dabei die Notwendigkeit eines Neubaus grundsätzlich infrage: Die Becken seien technisch in Ordnung, ebenso wie der Sprungturm. Allerdings sei eine "grundlegende Sanierung" der Rohrleitungen und teilweise auch der Fundamente erforderlich. Der Behauptung, das Freibad könne aufgrund der technischen Mängel bereits in der Saison 2025 nicht mehr öffnen, widerspricht Meyer energisch: Solche Aussagen würden nur mit der Absicht getätigt, die Bützflether an ein geschlossenes Freibad zu gewöhnen.

Pressemitteilungen bzw. offene Briefe zum Thema 

Presseerklärung von Hilke Ehlers, FDP-Ratsherrin um Bützflether Ortsrat:

Offener Brief des Bürgervereins Bützfleth:

Sehr geehrter Damen und Herren, liebe Bützflether Einwohnerinnen und Einwohner,

seit mehr als 50 Jahren ist die ehemalige, dörflich strukturierte Gemeinde Bützfleth Geschichte. Seit mehr als 50 Jahren tragen die Einwohner der ehemaligen Gemeinde und heutigen Ortschaft Bützfleth der Hansestadt Stade die Hauptlast für die positive Entwicklung einer ganzen Region. Und das – trotz der hohen Belastung – mit einer einzigartigen und bewundernswerten Toleranz der hier lebenden Menschen.
Der Profit der Industrialisierung auf dem Bützflether Sand hat weite Teile der Hansestadt Stade und des Landkreises Stade (über Umlagen) erst zu dem gemacht, was man heute sieht. Auch das Land Niedersachsen hat von dem Leidensdruck der Bützfletherinnen und Bützflether sehr stark profitiert – und heutzutage sogar die Bundesrepublik. Aber keiner hat die daraus resultierende Verantwortung für diesen (heutigen) Ortsteil ernst genommen, keiner dieser Akteure ist in Vorleistung gegangen, obwohl seit 50 Jahren die Menschen hier vor Ort über allen Maßen belastet wurden und werden – das gilt für Politik, Verwaltung und Medien.

Wir vom Bürgerverein Bützfleth e.V. nehmen daher die tendenziöse Berichterstattung im Stader Tageblatt zur möglichen Schließung unseres Freibades zum Anlass, um grundsätzliche und berechtigte Ansprüche unserer Ortschaft zu dokumentieren. Und wir fordern gleichzeitig alle Beteiligten auf, den hier lebenden Menschen den gebührenden Respekt zu zollen.

Der Kommentar von Lars Strüning „Was für eine große Chance“ vom 03.07.2024 ist es eine einzige Demonstration von Arroganz. Von Arroganz der Menschen bzw. Redakteure, die nicht hier leben und den negativen Begleiterscheinungen von Industrie in der Nachbarschaft ausgesetzt sind, die in Stade oder anderswo ihren Lebensstandard heben oder erhalten möchten. Allein die polemische Frage „Ist es den Bützflethern wert, der Stadt jedes Jahr mit mehreren Hunderttausend Euro auf der Tasche zu liegen, um an ihrem liebgewonnenen Prestigeobjekt Freibad festzuhalten?“ schreit förmlich dazu, einfach mit JA zu antworten. Und es müssen JEDES Jahr Millionen sein, die in der Ortschaft Bützfleth durch die Stadt invertiert werden. Und nicht nur, weil wir es wollen, sondern weil verantwortungsbewusste Politiker und Journalisten diesen Gedankengang von ganz allein hegen müssen. Verzicht kann ich nur dann fordern, wenn ich auch selbst dazu bereit bin – und da sehen wir weder beim Stader Tageblatt noch bei vielen Politikern im Stader Rat die Bereitschaft zu.

Der zweite Punkt „…, was das ganze Jahr breite Schichten zugutekommt.“ ist ebenfalls ein Beispiel dieser unerträglichen Arroganz. Ja klar, in Stade gibt es nur Gewinnmaschinen, die breiten Schichten zugutekommen: Stadeum, Freibad Stade, Solemio, Parkhäuser … und diese kleine Liste ist nur der Anfang. Alles Projekte, die jedes Jahr den Stadtsäckel „vollmachen“. Die saniert werden, die erneuert werden, die „geliebt“ werden, weil sie als Geldquelle nur so sprudeln. Herr Strüning, wir hoffen, sie merken selbst, dass man manches erst einmal durchdenken sollte, bevor man es zu Papier bringt oder ins Netz stellt. Und nur zu ihrer Information: Es gab in den 70er Jahren genügend Diskussionen, die aus einem Freibad ein Hallenbad machen wollten, um es ganzjährig nutzen zu können; es gab Diskussionen darüber, ob man nicht die Abwärme der Industrie zum Heizen der „Freizeiteinrichtung“ nutzen könnte. Aber die Stadt Stade – die heutige Hansestadt Stade – wollte zum einen schon damals keine moderne Alternative zum heutigen (millionteuren) Solemio, zum anderen hat man sich nicht abhängig von der Industrie machen wollen. Das war wohl ein „Freudscher Versprecher“ zumindest ein „Freudscher Gedanke“.

Wir brauchen gar nicht in der Vergangenheit bleiben, um die stiefmütterliche Behandlung unseres Ortsteils zu dokumentieren. Fahren Sie einmal an einem beliebigen Sonntag mit dem ÖPNV von Bützfleth nach Stade oder umgekehrt. Viel Spaß an der Menge der Verbindungen, dann noch wunderbar abgestimmt mit der S-Bahn oder dem RE5 und immer leer – das ist Sarkasmus. Perfekt für einen Sonntagsausflug (werktags ist es übrigens nicht viel besser). Jede andere Ortschaft der Hansestadt Stade ist besser an das Stadtzentrum angeschlossen, jede andere Ortschaft dieser Hansestadt hat eine bedeutend bessere Entwicklung nehmen können und hat es getan. Und ganz zu schweigen von der Altstadt, die so marode war, dass man sie ohne Bützfleth hätte abreißen müssen.

Aber wir haben zu verzichten … Wir die zwangsweise eingemeindet wurden, sollen immer weniger Lebensqualität mit immer mehr Belastung ertragen, damit andere Prestigeobjekte dieser Hansestadt saniert, gebaut oder verschönert werden können? Das ist schon beleidigend gemeint – denn nur so kann es verstanden werden.
Ein weiteres Beispiel: Das einzige städtische „ortschaftsprägende“ Gebäude am Obstmarschenweg in Bützfleth (der Haupteingangsbau der früheren Grund- und Hauptschule, jetzt Grundschule am Fleth) wurde aufgrund „energetischer Mängel“ abgerissen. Diese Argumentation sollte man mal bei dem ein oder anderen städtischen Gebäude in Stade (z.B. in der Hökerstraße) anbringen. Der Aufschrei wäre groß – zurecht?
Ideen gibt es für Bützfleth, Herr Strüning, sehr viele, aber neben einem Freibad! Das von Ihnen angesprochene Mehrgenerationenhaus wäre eine solche Idee. Man hätte dafür lange Zeit mal ein Dorfgemeinschaftshaus gehabt, ein echtes Dorfgemeinschaftshaus wohlgemerkt. Eines das freizugänglich war und den notwendigen Platz bot: Aber dann hat man sich politisch dazu entschlossen, immer mehr Fläche dieses Hauses dem Kindergarten abzutreten. Eigentlich ein löbliches Konzept, den Jüngsten unserer Gesellschaft einen guten Start zu ermöglichen – und trotzdem nur die schwächste Antwort auf (aktuelle) Probleme in unserem Ortsteil. Wenn es der Rat der Hansestadt Stade ernst gemeint hätte, dann wäre entweder ein Kindergartenneubau oder der Neubau eines Dorfgemeinschaftshauses in der Ortsmitte (Mehrgenerationenhauses) die richtige Entscheidung gewesen – aber mit und in Bützfleth kann man es ja machen und das seit 50 Jahren.

Und diese Aufstellung ist nur ein kleiner Bruchteil dessen, was in unserer Ortschaft zu Lasten anderer städtischen Verpflichtungen, nicht oder nur sehr eingeschränkt noch an öffentlicher und notwendiger Infrastruktur für einen lebendigen Ortsteil vorhanden ist.

Wir können gerne weitere Beispiel nennen – und wer jetzt mit der großen Ortskernsanierung kommt, der sollte sich einmal fragen, was davon wirklich den Einwohnerinnen und Einwohnern dieser Ortschaft zugutekommt. Der sollte sich vor Ort mal ein Bild davon machen, was davon wirklich notwendig war, um die Lebensqualität hier zu erhöhen. Infrastrukturell ist es ein komplettes Desaster aller Beteiligten. Zumindest haben es die Kehdinger Richtung Stade und die Stader Richtung Drochtersen jetzt nicht mehr mit einer Ampelkreuzung im Ortszentrum zu tun. Wow …

Wichtige Konzepte wie zum Beispiel die Lebensmittelversorgung auf höherem Niveau, die Ansiedlung von Geschäften und Betrieben in der Ortsmitte sind seit Jahrzehnten nicht mehr öffentlich diskutiert, vorangetrieben und gefördert worden. Es wird nur darüber gesprochen, wie man unsere Ortschaft noch weiter physisch und psychisch vom Stadtzentrum entfernen kann (A26 Richtung Drochtersen, Industrie- und Gewerbegebiet Schnee/Hörne), ohne gleichzeitig eine sinnvolle und notwendige Infrastruktur im Ort selbst zu schaffen. Wenn man uns nicht will, dann kann man sicherlich im gegenseitigen Einvernehmen die Eingemeindung rückgängig machen. Wenn die Hansestadt Ihren Verpflichtungen auch in der Zukunft hier nicht nachkommen will, dann sind wir in Bützfleth gerne gesprächsbereit. Bis dahin müssen aber die notwendigen Investitionen in Millionenhöhe hier getätigt werden.

Diese Kurzsichtigkeit, diese Respektlosigkeit gegenüber den Einwohnerinnen und Einwohnern von Bützfleth dauert nunmehr seit über 50 Jahren an – und die Berichterstattung im Stader Tageblatt zeigt aktuell auf eindrucksvolle Weise, dass wir nicht gerne gesehen sind. Wir können über vieles diskutieren, aber nicht darüber, dass die Menschen in Bützfleth auf irgendetwas verzichten müssen! Ca. 1/3 des Stadtgebiets entfallen auf die ehemalige Gemeinde Bützfleth, ca. 10% der Einwohnerinnen und Einwohner der Hansestadt Stade leben in Bützfleth, aber die erforderlichen Investitionen ist man nicht bereit zu tragen – schon seit Jahrzehnten nicht mehr zu tragen. Und das Freibad ist nur ein Beispiel davon.

Allein die Tatsache, dass es einen Trägerverein für das Freibad gibt, ist schon ein Armutszeugnis für diese Stadt. Dass man notwendige Geldmittel nicht rechtzeitig für die Sanierung des Bades zur Verfügung gestellt hat, ist ein Trauerspiel für die Stadt. Dass man im letzten Jahr nicht in der Lage war, rechtzeitig Schwimmmeister stellen zu können, ist ebenfalls ein Verschulden der Stadt als Eigentümer und Aufsichtsorgan und nicht des Trägervereins, der irgendwann an seine natürliche Leistungsgrenze kommen muss. Die Hansestadt Stade hat sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht wie ein Adoptivvater aufgeführt, dem das Wohlergehen des Adoptivkindes am Herzen liegt, sondern wie ein schnöder Kapitalist, dem das eigene Wohlergehen wichtiger ist als das seiner abhängig Beschäftigten.

Die ehemalige Gemeinde Bützfleth hätte riesige Chancen als „role model“ gehabt – als Vorbild für eine ganze Region. Energetisch schon seit Jahrzehnten klimaschonend mit der Abwärme der Industrie arbeitend. Bei der Integration von „Neubürgern“ hätte man schon seit Jahrzehnten als gutes Beispiel dienen können, durch bezahlbaren Wohnraum und gleichzeitiger Entwicklung einer lebenswerten Infrastruktur. Bei der Stärkung des ÖPNV hätte man durch eine kluge und verlässliche Taktung als Vorreiter bezeichnet werden können. Bei einer intelligenten und umweltschonenden Entwicklung hätte die doppelte Anzahl von Einwohnern – auch durch sozialen Wohnungsbau – keine Utopie sein müssen.

Dieser Ort hätte heute in der Eigenständigkeit eine Einwohnerzahl, die fünfstellig wäre, die ein Weiterbestehen auf hohem qualitativem Niveau ermöglicht hätte. Leider sind die Weichen immer gegen Bützfleth gestellt worden, weil es erst einmal wichtiger war, dort zu entwickeln, wo Lobbyismus am lautesten betrieben wurde. Dort wo Prestige gebraucht wurde, um das eigene Ego zu heben. Wir werden sehen, was uns demnächst jeder Platz im Stadeum an Subventionen kosten wird, wenn die Sanierung abgeschlossen ist. Aber das ist ja Kultur und nicht Bützfleth – und für wen? Für breite „Schichten“?

Wir können die massiven Fehler der Vergangenheit leider nicht ungeschehen machen. Wir können auch keinen Austritt aus der politischen Gemeinde Stade durch eigene Energie bewirken. Aber wir können dafür kämpfen, dass unser Zuhause lebenswert bleibt bzw. endlich wieder wird - und das mit aller Kraft.
Wir hier im Ortsteil Bützfleth haben die volle Unterstützung von Rat und Verwaltung der Hansestadt Stade, von Rat und Verwaltung des Landkreises Stade und von Landtag und Landesregierung in Hannover verdient – und das nicht nur, wenn Grundsteine gelegt oder Einweihungen gefeiert werden, sondern tagtäglich. Und da hilft auch keine satirische Betrachtung, dass Bützfleth das Bürgermeisterdorf der Hansestadt ist.

Wir hier in Bützfleth sollten jeden Tag das Gefühl haben, nicht nur die zu melkende Kuh einer Region zu sein, sondern vollwertiges und geschätztes Mitglied dieser Region. Und das nicht nur, weil wir laut sind, sondern weil es etwas mit Dankbarkeit zu tun hat. Und das unabhängig von Tages- und Parteipolitik.
Gerne stehen wir allen von Nah und Fern, die ein Interesse an der positiven Entwicklung unsere Ortschaft haben, für weitere Gespräche zur Verfügung. Eines werden wir jedoch nicht machen: Uns von wem auch immer diktieren lassen, dass wir verzichten sollen – das haben wir viel zu lange gemacht und einfach so hingenommen.

im Namen des Vorstands gez. Andreas Dankert

Redakteur:

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