Organ- und Gewebespenden können Leben retten
Elbe Klinikum Stade realisierte im letzten Jahr zwei Organ- und 60 Gewebespenden
Ein Thema, das bei vielen Menschen zunächst einmal Unbehagen hervorruft: Organ- und Gewebespenden. Schließlich ist es eng mit dem Thema Sterben und Tod verbunden. Wer sich mit Prof. Dr. Ole Broch, Chefarzt der Klinik für Anästhesie , operative Intensivmedizin, Schmerztherapie und Palliativmedizin im Elbe Klinikum Stade, und Dr. Markus Kaufmann, Oberarzt und Leiter der operativen Intensivstation und Transplantationsbeauftragter des Elbeklinikums Stade, über dieses Thema unterhält, versteht jedoch schnell, wie wichtig dieses ist und wie sehr Gewebe- und Organspenden den Betroffenen helfen.
Denn Menschen, die ein Spenderorgan wie eine Niere, eine Leber oder ein Herz benötigen, haben oft eine lange Leidensgeschichte, müssen sich intensiven medizinischenBehandlungen unterziehen und ihr Leben komplett auf die Erkrankung ausrichten. Das hat Auswirkungen auf das gesamte Umfeld. Hinzu kommt die Unsicherheit, ob rechtzeitig ein Spenderorgan gefunden werden kann. „Ist ein Spenderorgan gefunden und stimmen alle Parameter, muss schnell gehandelt werden“, so Prof. Broch. Der Ablauf einer Explantation ist exakt getaktet und bedeutet neben dem medizinischen einen großen logistischen Aufwand. Dabei erfolgt die Organexplantation, also die eigentliche Organspende, durch spezielle Teams direkt im Elbeklinikum Stade.
Die Transplantationen finden in speziellen Zentren statt. Transplantationen von Leber, Lunge, Bauchspeicheldrüse und Herz sind sehr komplexe Eingriffe und werden in Universitätskliniken durchgeführt. „Wir arbeiten bei diesem Thema Hand in Hand; die logistische Koordination übernimmt die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)“, erläutert Dr. Markus Kaufmann.
Um Organtransplantationen überhaupt durchführen zu können, bedarf es der Organspende. Das Elbe Klinikum Stade realisierte im letzten Jahr zwei komplexe Organspenden, bei denen Lebern, Nieren, Lungen und ein Herz gespendet wurden. „Das klingt zunächst einmal wenig“, sagt Prof. Broch. „Doch Organtransplantationen sind hochkomplexe Eingriffe und pro Jahr werden bundesweit gerade einmal etwa 1.200 davon durchgeführt. Wir freuen uns, dass wir zu diesen wichtigen Eingriffen beitragen können.“
Striktes Protokoll der Bundesärztekammer zur Feststellung des Hirntods
Die Anforderungen an eine Explantation, also die Entnahme eines oder mehrerer Organe, sind sehr hoch. Organspenden können ausnahmslos nur nach Eintritt des Hirntodes vorgenommen. Vor Entnahme muss ein striktes Protokoll zur Feststellung des Hirntodes nach Vorgabe der Bundesärztekammer eingehalten und von zwei Medizinern mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden. Erst wenn alle Kriterien erfüllt sind, darf der Hirntod festgestellt und anschließend die Organspende durchgeführt werden. „Sobald ein Punkt im Protokoll nicht eindeutig erfüllt ist, wird die Diagnostik abgebrochen. Eine Organspende findet dann nicht statt“, erläutert Dr. Markus Kaufmann.
Gewebespenden helfen Für Menschen mit schweren Hornhautveränderungen
Gewebe werden seit mehr als hundert Jahren transplantiert. Diese stammen überwiegend von Spendern, die verstorben sind. Den Großteil der gespendeten Gewebe bildet die Augenhornhaut. Da Gewebe im Unterschied zu Organen nicht durchblutet werden, können Gewebe auch noch mehrere Tage nach Herz-Kreislauf-Stillstand entnommen werden – im Falle der Augenhornhaut bis zu 72 Stunden nach Todeseintritt. Ähnlich wie bei Organen besteht jedoch auch bei Geweben, insbesondere bei Herzklappen und Blutgefäßen, ein sehr hoher Spendenbedarf.
Menschen mit extrem eingeschränktem Sehvermögen kann mittels einer Hornhauttransplantation wieder zum besseren Sehen verholfen werden. Gewebespenden werden bei Verstorbenen entnommen und, in enger Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG), in der Pathologie des Elbe Klinikums aufbereitet. Pro Jahr werden in Stade etwa 60 Gewebespenden realisiert, was für ein Haus dieser Größenordnung eine überdurchschnittliche Anzahl ist.
Sensibler Umgang mit Angehörigen ist essentiell
So wichtig den beiden Medizinern das Thema auch ist, ebenso wichtig ist ihnen der sensible Umgang damit. Vor allem in Gesprächen mit Angehörigen. „Hier gilt es, die Angehörigen zum richtigen Zeitpunkt behutsam und aufrichtig einzubinden,“ ist Dr. Markus Kaufmann überzeugt. Es gehe dann darum, die Angehörigen auf das vorzubereiten, was kommen könnte und schonend die Erwägung einer Organ- oder Gewebespende ins Bewusstsein zu bringen. Immer noch haben nur knapp 2,5 Millionen Menschen in Deutschland einen Organspendeausweis, in dem bereits zu Lebzeiten die Bereitschaft zu einer Organspende dokumentiert werden kann. In aller Regel sei die Akzeptanz und Bereitschaft bei den Angehörigen jedoch sehr groß. Und für einige ist das Wissen, einem anderen Menschen helfen zu können, auch ein Trost. „Für den Empfänger einer Organ- oder Gewebespende ist dies ein großes Geschenk“, sind sich Prof. Ole Broch und Dr. Markus Kaufmann einig. Auf Wunsch erfahren die Hinterbliebenen, wie es dem Empfänger des Spenderorgans oder der Gewebespende geht. Natürlich sind diese Rückmeldungen streng anonym. Der Gedanke, etwas Gutes getan zu haben, helfe den Hinterbliebenen häufig dabei, ihren Verlust zu verkraften.
Über die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO)
Die DSO ist die bundesweite Koordinierungsstelle für die Organtransplantation. Sie organisiert alle Schritte einer Organtransplantation von der Mitteilung eines möglichen Spenders in den einzelnen Krankenhäusern bis zur Übergabe der Organe an die Transplantationszentren. Die DSO mit Hauptsitz in Frankfurt am Main ist eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts. Sie ist die nach dem Transplantationsgesetz beauftragte Koordinierungsstelle für die Organspende in Deutschland.
Über die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG)
Die DGFG organisiert bundesweit die Gewebespende und versorgt Patientinnen und Patienten mit Augenhornhäuten, Herzklappen, Blutgefäßen und Knochentransplantaten. Die DGFG ist überregionale Ansprechpartnerin für mehr als 100 Spendekrankenhäuser und knapp 200 transplantierende Einrichtungen aus ganz Deutschland. Sie unterstützt Kliniken bei der Realisierung von Gewebespenden, ermöglicht Ärztinnen und Ärzten die Versorgung ihrer Patienten mit einem Transplantat und sichert den Betrieb von Gewebebanken.
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