Nach schwerem Unfall
Rettungswagen-Fahrerin im Stich gelassen in unverschuldeter Notlage
"Ich würde die letzten eineinhalb Jahre gerne zurückdrehen und in meinem Job arbeiten", sagt Martina Leffrang. Die Rettungswagenfahrerin ist seit einem schweren Verkehrsunfall, bei dem ihr und ihrem Kollegen auf dem Weg zu einem Einsatz ein 27-jähriger Audifahrer auf der K45 in einer scharfen Kurvezwischen Buchholz-Sprötze und Kakenstorf mit hoher Geschwindigkeit frontal in den Rettungswagen krachte, körperlich stark eingeschränkt. Den Rollstuhl kann die lebensfrohe 61-Jährige zumindest auf kurzen Strecken gegen Gehstöcke tauschen. Doch aktuell bereiten ihr die Behörden, die ihr Steine in den Weg legen, Kopfzerbrechen. Im Grunde würden Menschen, die unverschuldet in eine Notlage geraten, mit ihrem Leid im Stich gelassen.
"Klar bin ich immer noch glücklich, überlebt zu haben. Aber ich verzweifele manchmal an den ganzen Hürden, die sich nicht nur im Alltag stellen. Das gesamte Leben ist verändert. Ich muss permanent improvisieren, um viele Dinge zu erledigen. Häufig streiken die Füße. Ja, es hätte schlimmer kommen können. Aber ich würde lieber wieder Leben retten und Patienten versorgen. Jetzt fühle ich mich wie ein Bittsteller", erklärt Martina Leffrang.
"Gesundheitlich herrscht der Status quo. Ich laufe vor mich hin, mal mehr, mal weniger schlecht", erläutert sie ihre Beschwerden. Unebener Boden oder unbedachte Bewegungen rächen sich sofort.
Die Berufsgenossenschaft habe die Zahlung einer Haushaltshilfe gestrichen. "Ich kann vieles, aber nicht alles machen. Und ich kann das nicht auf meinen berufstätigen Freund abwälzen", sagt Martina Leffrang. Gegen die Entscheidung hat sie Widerspruch eingelegt.
Von der Versicherung sei bisher noch kein Geld gekommen, da weiterhin die Prognosen der Heilung nicht abzusehen sind. Hier werde gerade über eine Abschlagszahlung verhandelt.
Ab Januar - so hofft sie - bekommt sie Geld über das Arbeitsamt. "Wahrscheinlich werde ich aber auch hier eine Zeit ohne Geld überbrücken müssen", ist ihr bewusst. Denn obwohl sie die Unterlagen Anfang November abgegeben habe, sei ihr suggeriert worden: Das dauert. Unfassbar: Ein Jobcentermitarbeiter habe ihr mitgeteilt: "Wir wissen ja nicht, ob Sie im Januar weiterhin krankgeschrieben sind."
Umso dankbarer ist Martina Leffrang den WOCHENBLATT-Leserinnen und -Lesern, die bisher schon rund 10.000 Euro gespendet haben. "Das meiste Geld davon habe ich für schlechte Zeiten festgelegt", sagt sie. Nun wird sie diese Reserve für die Übergangszeit, in der sich die Behörden (noch) nicht zuständig fühlen, angreifen.
Nicht nur, dass der Unfall sie unverschuldet aus der Berufstätigkeit geworfen hat, auch privat hat die frühere Leiterin der Johanniter Reiterstaffel zu kämpfen. "Ich kann mein Pferd 'Rockie' bei Regenwetter mittlerweile nicht mehr von der Weide holen, da der Boden zu uneben, tief und mittlerweile auch rutschig wurde. Das führte schon mehrmals dazu, dass ich das Tier nicht bewegen konnte. Auch reiten ist nur eingeschränkt möglich. Ich übe derzeit das alleinige Absteigen, das derzeit nur über einen Behindertenabstieg. Das ist mir bisher leider noch nicht möglich. Auch kann ich aus Sicherheitsgründen mit dem Pferd nicht ins Gelände, da ich ja keine Möglichkeit habe, im Notfall vom Pferd zu kommen", schildert Martina Leffrang. Mittlerweile denke sie sogar darüber nach, "Rockie" an die Reitbeteiligung zu verkaufen, "auch wenn es mir das Herz bricht."
Wie die tägliche Arbeit mit "Rockie" gehörte auch das Autofahren vor dem Unfall zu ihrem täglich Brot. "Heute ist es eine Überwindung für mich." Dass sie auf unbestimmte Zeit nicht arbeitsfähig ist, hat auch ein Belastungstest der Berufsgenossenschaft ihr gezeigt. "Mehrfach die Stufen des Rettungswagens rauf und runtersteigen, kann ich abhaken", hat sie festgestellt. Und selbst längeres Sitzen bereitet ihr Probleme.
Lebensfreude vermittelt ihr ihre quirlige Hündin "Flores". "Sie hat eine unglaubliche Power. Das ist schön und hält mich hoch. 'Flores' bringt mich ans Laufen", sagt Leffrang. Da längere Spaziergänge nach wie vor ausgeschlossen sind, behilft sie sich, indem sie "Flores" im Schritttempo auf dem E-Bike begleitet.
Damit, zur Untätigkeit verdammt zu sein, will sich Martina Leffrang aber nicht abfinden. "Ich möchte unbedingt wieder in meinen Beruf. Meine Hoffnung ist, fünf bis sieben Stunden pro Woche in einer Notfallpraxis im Krankenhaus zu arbeiten. Das ist mein Ziel für 2023", sagt Martina Leffrang, die 13 Jahre lang in der Radiologie gearbeitet hat. Ihre weiteren Wünsche: "Jemanden im Haushalt zu haben, der die gröbsten Dinge übernehmen kann, und Fortschritte in der Versorgung meiner Tiere zu machen."
• Die Johanniter haben ein Spendenkonto für ihre Kollegin eingerichtet. Wer der Rettungsassistentin helfen möchte, spendet auf folgendes Konto: IBAN: DE36 3702 0500 0004 3245 20, Stichwort: Spendenaktion Martina Leffrang. Spender über 300 Euro können ihre Adressdaten an harburg@johanniter.de senden, um eine steuerwirksame Zuwendungsbestätigung zu bekommen.
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