Tostedter Schulen
Schülern die jüdisch-deutsche Geschichte nähergebracht
Neue Wege sind notwendig, um Schülerinnen und Schülern die jüdisch-deutsche Geschichte näher zu bringen und in ihrem Alltag Berührungspunkte damit zu suchen. Die weiterführenden Schulen des Schulzentrums Tostedt arbeiten im Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" eng zusammen. Unterschiedliche Lehrpläne und Schulformen sind eine Sache, verbindende und gemeinsame Aktionen, wie sie im normalen Leben täglich vorkommen sollten, sind wichtig, wenn unsere Gesellschaft funktionieren soll.Wie geht man solch politisch sensible Themen wie Antisemitismus und die Judenverfolgung und -Vernichtung bei jungen Menschen an?
In der Samtgemeinde weisen Stolpersteine darauf hin, was hier während der Naziherrschaft geschah. Der dazu entstandene Film „Mitten unter uns - Stolpersteine in Tostedt“ wurde in der Schule am Düvelshöpen in einem von Jugendzentrums-Mitarbeiter Distafano Löwenthal vorbereiteten Escape-Room präsentiert. Gemeinsames Lösen von Aufgaben ist notwendig, um den Ausgang zu finden. Die dazugehörige Ausstellung wird jeweils eine Woche lang an allen drei weiterführenden Schulen gezeigt.
Kennt ihr einen Juden persönlich? Wie lebt man in Deutschland als Jude heute? Das Projekt „Meet a Jew“, das der Zentralrat der Juden in Deutschland initiiert, brachte die Jugendlichen mit einer jungen jüdischen Frau aus Hamburg zusammen. Leider nicht persönlich, aber per Zoom von zu Hause aus konnten Fragen gestellt werden. Was bedeutet koscher Essen und woran kann ich diese Lebensmittel erkennen? Die Neugier der Schülerinnen und Schüler ließ sie in den Kühlschrank der Familie schauen und einen Rundgang durch die Wohnung mit der Kamera machen. Dabei fielen ihnen die „schiefen Haussegen auf“, die an den Türrahmen der Wohnung verteilt angebracht waren, ein jüdisches Glückssymbol. Auch ernste Gespräche entwickelten sich. So staunten die Jugendlichen, dass die 18 Monate alte Tochter von Zeitgenossen mit dem Hitlergruß bedacht wurde oder an der Wohnungstür der Haussegen abgerissen wurde. Wer sich als Jude in der Öffentlichkeit bewegt, muss immer mit Anfeindungen rechnen, gestern wie heute.
Die Veranstaltung mit Ivar Buterfas-Frankenthal und seiner Frau Dagmar rundete das dreitägige Projekt ab. Eindrucksvoll schilderte der Zeitzeuge des Holocaust die Grausamkeiten, die er in seiner Kindheit erleben musste. Mit Unverständnis reagierten die jungen Zuhörer in der Aula des Gymnasiums, als sie erfuhren, dass die Nazis Ivar Buterfas der deutschen Bürgerschaft beraubten, die Bundesregierung sie ihm aber erst 1964 zurückgegeben hat. So viele Jahre nach dem Kriegsende musste er, wie bestimmt viele Juden in Deutschland, um Rechte kämpfen, die Nichtjuden ganz selbstverständlich in Anspruch nahmen.
• Die Ausstellung zu den Tostedter Stolpersteinen ist bis zum 24. Februar, in der Erich-Kästner-Realschule zu sehen.
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