Explodierende Energiekosten
Bund muss auf Steuern verzichten
(bim). "Als Handwerksbetrieb können wir schnell ins Wanken geraten, aber was sind schon ein paar Cent im Vergleich zu einem Menschenleben?", fragt Marcus Marquardt. Der selbstständige Dachdeckermeister aus Tostedt hat nach WOCHENBLATT-Anfrage ausgerechnet, dass die hohen Spritpreise seine Fixkosten mit 19 Cent je Arbeitsstunde belasten. Er hält es angesichts der grausamen Bilder von Tod, Leid und Zerstörung in der Ukraine für einen Handwerksbetrieb aber nicht für angemessen, wegen gestiegener Spritpreise zu jammern, während in der Ukraine Menschen sterben. Vielmehr träfen die aktuell hohen Spritpreise jenseits der zwei Euro je Liter vor allem angestellte Pendler und Geringverdiener.
Die steigenden Energiepreise machen sich allerdings auch massiv in der Industrie bemerkbar. So sei der Preis für Tonziegel, die in Gasöfen gebrannt werden, von 2,50 Euro pro Quadratmeter auf aktuell 7 Euro gestiegen. "Dafür wird keiner sein Dach eindecken lassen", vermutet er. Junge Familien hätten beim Hauskauf oder -bau ohnehin schon eng kalkuliert. Marcus Marquardt befürchtet sogar, dass in zwei, drei Monaten Ziegelwerke schließen müssten, weil sie nicht mehr kostendeckend produzieren könnten.
Die Preissteigerungen träfen alle Branchen mit energieintensiver Verarbeitung, u.a. auch die Stahlindustrie und damit den Hochbau sowie bei Bitumen den Straßenbau.
Damit Privathaushalte, die derzeit in jedem Lebensbereich mit zahlreichen Preissteigerungen zu kämpfen haben, und die Industrie nicht buchstäblich vor die Wand gefahren werden, sieht Marcus Marquardt ganz klar die Politik in der Pflicht, eine Preisbremse in Form von Steuerverzicht vorzunehmen. Denn die Spirale - die Mehrkosten für Öl, Gas und den täglichen Verbrauch oder in der Industrie - könnten dazu führen, dass Privathaushalte Kredite nicht mehr bedienen könnten und manche Unternehmen aufgeben müssten. Dieser Schaden sei langfristig höher, als die Einnahmen durch einen vorübergehenden Steuerverzicht.
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