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Landkreis Harburg
Häusliche Gewalt trifft die ganze Familie

Im Rahmen der 16-Tage-Kampagne diskutieren Mitglieder des Netzwerks gegen häusliche Gewalt im Landkreis Harburg und aus dem Lahn-Dill-Kreises das Lahn-Dill-Modell zum Kinderschutz bei häuslicher Gewalt | Foto: Landkreis Harburg
  • Im Rahmen der 16-Tage-Kampagne diskutieren Mitglieder des Netzwerks gegen häusliche Gewalt im Landkreis Harburg und aus dem Lahn-Dill-Kreises das Lahn-Dill-Modell zum Kinderschutz bei häuslicher Gewalt
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Häusliche Gewalt, Gewalt gegen Frauen - sie betrifft die ganze Familie. Auch Kinder leiden unter der Gewalt. Manchmal erleben sie direkt mit, wie die Mutter geschlagen wird, aber selbst wenn sie die Gewaltszenen nicht selbst miterleben, spüren sie eine Atmosphäre der Angst. Das hinterlässt Spuren: Manche Kinder machen wieder ins Bett, andere bekommen Schlafstörungen, Probleme in der Schule, ziehen sich zurück oder reagieren mit Wut. Der Kinderschutz steht bei häuslicher Gewalt immer zentral im Fokus. Ein Beispiel, wie eine gelungene Kooperation zum Schutz der minderjährigen Kinder zwischen Polizei, Jugendamt und Familiengerichten gestaltet werden kann, hat der Lahn-Dill-Kreis entwickelt. Vertreterinnen des dortigen Netzwerks gegen häusliche Gewalt stellten das Modell jetzt bei einer Fachtagung im Landkreis Harburg vor. Die Veranstaltung im Amtsgericht Tostedt fand im Rahmen der 16-Kampagne-Kampagne gegen Gewalt an Frauen statt.

Häusliche Gewalt kann in vielfältiger Weise Einfluss auf die Familie nehmen. Umso wichtiger ist es, dass Polizei, Familiengerichte und Jugendamt frühzeitig und kooperativ zusammenarbeiten. Oft wird davon ausgegangen, dass Kinder die häusliche Gewalt gar nicht realisieren. Aber das sei ein Irrglaube, so die Erfahrung der Fachleute. "Das gesunde Aufwachsen von Kindern ist durch Gewalt in der Familie immer beeinträchtigt, egal, welche Familienmitglieder von der Gewalt betroffen sind“, betont Katrin Richter-Fuss, Leiterin der Abteilung Jugend und Familie des Landkreises Harburg. "Deshalb ist es wichtig, dass alle Beteiligten gut zusammenarbeiten, um den Schutz der Kinder und die notwendige Unterstützung der Familie zu gewährleisten.“

"Miterlebte und erlebte häusliche Gewalt ist eine potenzielle Kindeswohlgefährdung“, stellten die Referentinnen Dr. Jeanette Vollmer, stellvertretende Direktorin des Amtsgerichts Wetzlar, und Andrea Volk von der Fachstelle gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen des Jugendamtes des Lahn-Dill-Kreises, fest. Und da müsse man schnell handeln. Wenn minderjährige Kinder im Haushalt leben, informiert die Polizei nach dem Lahn-Dill-Modell unmittelbar nach dem Vorfall neben dem Jugendamt auch das zuständige Familiengericht über die häusliche Gewalt. Daraufhin leitet das Familiengericht ein beschleunigtes Verfahren ein. Im zeitnahen Gerichtstermin werden die Beteiligten über die Auswirkungen häuslicher Gewalt auf die Kinder sensibilisiert. Als Hilfestellung gibt es Hinweise auf bestehende Täterarbeitsangebote und die Beratungsstellen für Frauen sowie sonstige Beratungsangebote. Gemeinsam mit dem Jugendamt und dem Verfahrensbeistand wird ein Schutzkonzept erarbeitet und eventuell ein Umgangsmodell entwickelt.

Das kann Dr. Astrid Hillebrenner, die Direktorin des Amtsgerichts Tostedt, nur begrüßen. „Die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit der Beteiligten ist in allen Verfahren des Familienrechts von grundlegender Bedeutung. Ganz besonders wichtig ist sie aber dort, wo Kinder häusliche Gewalt erfahren – egal, ob unmittelbar oder mittelbar. Nur durch die zügige Weitergabe benötigter Informationen kann in Fällen drohender Kindeswohlgefährdung ihr effektiver und zeitnaher Schutz gewährleistet werden.“

Viele Informationen landen zunächst bei der Polizei, die in Fällen häuslicher Gewalt gerufen wird. „Der Schutz der Opfer und das Durchbrechen der Gewaltspirale hat für die Polizei oberste Priorität“, macht Carsten Bünger von der Polizeiinspektion Harburg deutlich. „Vor allem, da in vielen Familien Kinder und Jugendliche von körperlicher und seelischer Gewalt betroffen sind. Wenn wir das auch durch eine effizientere Weitergabe von Informationen an unsere Netzwerkpartner erreichen können, kann das nur im Sinne einer gelingenden Kooperation sein.“

Die Zahlen zeigen deutlich, wie notwendig die Hilfe für Kinder ist: Im vergangenen Jahr verzeichnete die Polizei im Landkreis Harburg 205 Meldungen von häuslicher Gewalt mit 383 betroffenen Kindern, 2021 waren es 137 Meldungen und 356 betroffenen Kindern. Doch die Dunkelziffer dürfte in diesem Bereich wie grundsätzlich bei Fällen von häuslicher Gewalt hoch sein. Die Ergebnisse aus dem gewinnbringenden Fachaustausch werden in den nächsten Treffen im hiesigen Netzwerk gegen häusliche Gewalt mit Blick auf die Vor- und Nachteile diskutiert. Weiterhin wird auch geprüft werden, ob und wieweit das Modell aus dem Lahn-Dill-Kreis Anwendung findet.

Redakteur:

Thomas Lipinski aus Winsen

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