40 Jahre im Dienst der Pflege
Von der Schwesternhaube zur modernen Endoskopie
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- Hat seit über 40 Jahren viel Empathie für ihre Patienten: Stationsleiterin Ingrid Hansen am Krankenhaus Winsen.
- Foto: Krankenhaus Winsen
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Ingrid Hansen befördert mit Schwung die Autotür ihres alten VW Käfers ins Schloss. Und merkt, dass ihr Schlüssel noch drinnen steckt. Egal. Darum kümmert sie sich später. Jetzt eilt sie ins Krankenhaus Winsen zu ihrem Vorstellungsgespräch als Krankenschwester. Es ist August 1983.
Als Ingrid Hansen ihre Laufbahn in der Pflege Anfang der Achtziger Jahre beginnt, tragen Krankenschwestern noch Haube und Brosche. Zu dieser Zeit kommen 50 Bewerberinnen auf eine Schwesternschülerstelle. „Da musste man froh sein, wenn man überhaupt genommen wurde“, schildert sie. Nach ihrem Abitur absolviert sie die Ausbildung in Itzehoe. „Der Umgangston dort war schlimm. Ich habe sogar zwischendurch überlegt, abzubrechen.“ Zum Glück tut sie das nicht, sondern hält durch. Und startet frisch examiniert – denn sie hat die Stelle bekommen – im Krankenhaus Winsen. Da zeigt der Kalender Januar 1984. „Das war plötzlich eine andere Welt. Der Umgang mit uns Schwestern durch die Pflegedienstleitung und Geschäftsführung war total angenehm. Das ist bis heute so geblieben.“
Seit ihrem Start an der Luhe durchläuft sie verschiedene Stationen – zuerst in der allgemeinen Inneren, in der Notaufnahme. Sie heiratet ihren Mann. Sie kaufen ein Haus. Parallel konzentriert Hansen sich auf ihre fachliche Weiterentwicklung. „Ich habe immer schon gerne gearbeitet und war neugierig.“ In die Endoskopie kommt sie zunächst als Schwangerschaftsvertretung. Ihre Vorgesetzte ist von ihrem Können und Einsatz jedoch so überzeugt, dass sie sich dafür einsetzt, Hansen ganz in die Endoskopie zu holen. Hansen wechselt also, macht ihre Fachweiterbildung und steigt zur Stationsleitung auf. Da schreibt man das Jahr 1993. Eine Leitungsfunktion hat sie schließlich fast 30 Jahre inne. Auf ihrer Station managt sie die Corona-Pandemie mit ihrem Team und zusammen mit den anderen Leitungskolleginnen im Haus. Vor zwei Jahren tritt sie dann einen Schritt zurück, sie will etwas Entlastung und nun andere vorlassen. Inzwischen fungiert sie als stellvertretende Stationsleitung.
Während all ihrer Dienstjahre hat auch das Krankenhaus Winsen sich verändert. Hansen erlebt nicht nur große Reformen und Umstrukturierungen oder die Corona-Pandemie mit, sondern auch die zahlreichen An- und Neubauten am Krankenhaus. „Mit der Endoskopie bin ich zweimal umgezogen. Es war jedes Mal eine deutliche Verbesserung, für die Patienten und auch für uns“, sagt sie. Aus der kleinen gemütlichen Endoskopie mit drei Schwestern, so erzählt sie es, ist heute eine moderne, großzügige Abteilung mit 15 Pflegekräften geworden.
Das Haus an der Luhe wächst, ebenso die Zahl der Mitarbeitenden. Mit dem Wachstum wird es auch anonymer im Haus. „Früher kannte man hier jeden. Wer hier anfing, blieb auch hier. Heute ist mehr Wechsel. Inzwischen kenne ich viele Kollegen aus anderen Abteilungen nicht mehr. Aber ich bin trotzdem noch gerne hier.“ Grüßen tue man sich im Haus immer noch, egal ob man sich kenne. Was weniger geworden sei, sei die Zeit für Dinge dazwischen. Etwa die süßen Teller, die sie früher am 24. Dezember als Engel verkleidet im Haus verteilt hätten. Das ginge nun nicht mehr. Was geblieben ist: Die Gelassenheit und Empathie – für die Patienten und untereinander.
Während sich vor 40 Jahren die Pflege ihre Fachkräfte aussuchen konnte, ist sie heute mehr denn je auf Pflegekräfte und Nachwuchs angewiesen. Die beruflichen Wege haben sich ausdifferenziert, Pflege ist heute auch ein Studienfach. Würde Ingrid Hansen, wäre sie noch einmal jung, Pflege studieren? „Auf jeden Fall! Ich wollte früher gern noch studieren, aber schließlich gefiel es mir in der Endoskopie so gut, da bin ich geblieben.“ Wer in die Pflege gehen wolle, müsse sich bewusst sein, dass Pflege Arbeit am Menschen sei und die brauche Zeit. „Natürlich nimmt man auch Sachen mit nach Hause. Aber man erlebt auch wirklich schöne Gespräche und Kontakte mit Patienten. Wir bekommen viel Wertschätzung.“
Nach über 40 Jahren im Dienst der Gesundheit blickt Ingrid Hansen inzwischen auf den Ruhestand. „Gut zwei Jahre habe ich noch bis zur Rente, und die mache ich auch voll“, sagt sie überzeugt. Sie könne sich auch vorstellen, danach noch in kleinem Umfang weiterzuarbeiten. Vielleicht auch, weil der Abschied auf Raten dann leichter fällt. „Ich fühle mich hier sehr wohl und komme gern zur Arbeit. Ich mag die Menschen hier einfach¬“, sagt Hansen. „Bis heute stehe ich morgens gerne auf und bin gespannt auf das, was der neue Tag bringt.“ Sie lächelt dabei.
Den VW Käfer bekommt sie nach dem Vorstellungsgespräch übrigens mit Hilfe eines nahegelegenen Autohauses wieder geöffnet. Den Käfer gibt es heute nicht mehr, aber das Autohaus noch.
Redakteur:Anika Werner aus Winsen |
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