Kreislandwirte beziehen Stellung
Sind wir vorbereitet auf die Schweinepest?
(sv). „Das ist eine Katastrophe mit Ansage", kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, den seit Montagabend bestätigten Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in einem Mastbetrieb in Mecklenburg Vorpommern. Dort sollen nun rund 4.000 Schweine getötet werden. "Hätte die Politik die ASP so ernstgenommen wie Corona und ausreichend Geld in die Impfstoffforschung investiert, dann wären wir jetzt deutlich weiter."
Auch Martin Peters, Kreislandwirt im Landkreis Harburg, beobachtet die näherkommenden Schweinepest-Fälle mit wachsender Sorge. Bevor der erste Fall in Brandenburg aufgetaucht war, sei man noch der Überzeugung gewesen, die Schweinepest würde nicht über die polnische Grenze nach Deutschland gelangen, sagt Peters. Nachdem die Schweinepest nun auch in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern nachgewiesen wurde, hofft er inständig, dass es dabei bleibt. Die deutschen Schweinehalter würden durch die zusammengebrochenen Exportmöglichkeiten nach China schon jetzt vor einem Riesenproblem stehen. Der Preis für Schweinefleisch sei drastisch gefallen. "Rund 20 Euro bekommen Landwirte in der Region aktuell für ein Ferkel", sagt Peters. "Normalerweise liegen die Preise bei 65 Euro. Ich habe mit einigen Schweinehaltern gesprochen, die kurz vor dem aufgeben sind."
Für den Katastrophenfall ist der Landkreis Harburg gut vorbereitet: Erst im Sommer nahm Martin Peters an einer Übung mit dem Kreisveterinäramt teil, bei der die Bergung eines "infizierten" Wildschweins geprobt wurde. "In der Regel wird erst die Fundstelle und dann ein Bereich im Radius von 20 Kilometern innerhalb weniger Stunden bis Tage abgezäunt", erklärt der Kreislandwirt, der im Katastrophenfall als Berater im Krisenteam des Landkreises sitzen würde. Nach einer ersten allgemeinen Jagdruhe in der Kernzone, um infiziertes, weglaufendes Wild nicht in anderer Regionen zu treiben, werden schließlich Vorschriften zur Bejagung und Bergung von Wild herausgegeben, ergänzt Kreissprechern Katja Bendig. Das Land Niedersachsen habe Zaunmaterial angeschafft, das von den Landkreisen im ASP-Tierseuchenkrisenfall genutzt werden kann. Zudem habe sich eine Tierseuchenvorsorgegesellschaft etabliert, die den Landkreisen ihre Dienstleistung wie den Zaunbau- und Erhaltung zur Verfügung stellt.
"Das Entscheidende ist jetzt herauszufinden, wie und über welche Übertragungswege das Virus nach Deutschland gelangen konnte", sagt der Stader Kreislandwirt Johann Knabbe. "Also ob es über Menschen oder das Futter eingeschleppt wurde. Alles andere ist Spekulation." In Sorge versetzt ihn die anfänglich unkoordinierte Umsetzung der Maßnahmen in Mecklenburg Vorpommern. Diese seien in ihrer Dauerhaftigkeit nicht beständig. Wie schwer es ist, Wildtiere wie Wildschweine durch Zäune zurückzuhalten, sehe man schon an dem seit Jahren bestehenden Problem mit dem Wolf.
"Letzen Endes scheitert es ohnehin meist am Menschen, der ein Tor offen stehen lässt", sagt Knabbe. Auch die großen Verbreitungssprünge über den Osten nach Deutschland ließen den Menschen als Verbreiter vermuten, zum Beispiel durch den Verzehr rohen Schweinefleischs. Unvorbereitet sei man aber auch im Landkreis Stade nicht. Seit anderthalb Jahren habe man in einem Krisenstab mit dem Veterinäramt Maßnahmen wie das Errichten von Zäunen vorbereitet.
• Auch die Bevölkerung kann im Kampf gegen die ASP aktiv werden, indem sie tote Wildschweine unter der Telefonnummer 04141/ 12-3910 meldet. Gemeinsam mit der Jägerschaft sorgt das Veterinäramt für eine Beprobung der Tiere und entsprechende Laboruntersuchungen. Weitere Informationen sind in Kürze im Internet auf www.landkreis-stade.de/asp abrufbar.
Wie sehen die Maßnahmen im Detail aus?
Der Ablauf und die Maßnahmen zur Bekämpfung der ASP sind gesetzlich und EU weit einheitlich geregelt. Die Veterinärverwaltung hat Ablaufpläne erarbeitet und es werden seit vielen Jahren regelmäßig bundesweit Übungen zur Bekämpfung sogenannter hochkontagiöser Tierseuchen durchgeführt. Im Tierseuchennachrichtensystem werden nicht nur hochkontagiöse Tierseuchen gemeldet, dort sind auch alle Ablaufpläne für die Veterinärverwaltung hinterlegt.
Im Falle eines infizierten Wildschweines
Wird ein totes Wildschwein gefunden, wird das tote Tier unter hygienischen Bedingungen, die eine Weiterverschleppung verhindern sollen, geborgen, beprobt und der unschädlichen Beseitigung zugeführt. Um den Fundort werden Zonen eingerichtet. In diesen Zonen gelten Handelsbeschränkungen für Schweine und es müssen in Hausschweinebeständen Untersuchungen durchgeführt werden.
Für die Wildschweine in den Restriktionszonen sind auch zahlreiche Maßnahmen vorgesehen. In der eingezäunten Kernzone z.B. gibt es zunächst eine Jagdruhe. Es darf nicht gejagt werden damit weglaufende Wildschweine bei einer Jagd nicht etwa das Virus sofort in andere Regionen weiterverschleppen. Betretungsverbote für bestimmte Gebiete müssen angeordnet werden. Es besteht eine Leinenpflicht für Hunde. Eine intensive Fallwildsuche muss etabliert werden. Alle Wildschweinkörper müssen untersucht und hygienisch entsorgt werden.
Im nächsten Schritt dann werden Vorschriften zur Bejagung und Bergung von Wild herausgegeben. Für die intensivierte Bejagung gibt es ein Prämiensystem. Es können sogar Ernteverbote ausgesprochen werden. Es versteht sich von selbst, dass die Freilandhaltung von Hausschweinen untersagt werden muss. Bei all diesen Maßnahmen arbeitet die Behörde eng mit der Jägerschaft zusammen, die bei der Tilgung der Tierseuche ganz besonders gefordert ist.
Alle tot aufgefundenen Schweine und im Laufe der Seuchentilgung erlegten Schweine müssen an extra eingerichteten, die Hygienevoraussetzung erfüllenden, Sammelstellen gesammelt und von dort der Tierkörperbeseitigung zugeführt werden. Diese Sammelstellen müssen Hygienevoraussetzungen erfüllen und von geschultem Personal betrieben werden.
Im Falle eines infizierten Hausschweines
Tritt bei Hausschweinen die Seuche auf, werden sofort die Maßnahmen der klassischen Tierseuchenbekämpfung ergriffen. So wird der Gesamtbestand unverzüglich „gekeult“ . Damit ist die sofortige unverzügliche Tötung gemeint. Die Tiere werden dabei so schonend wie möglich unter direkter behördlicher Kontrolle getötet. Diese Vorgehensweise bietet den größtmöglichen Schutz für alle anderen Haus- und Wildschweine. Es gelten Verbringungsverbote und zahlreiche Reinigungs- und Desinfektionsvorschriften.
Restriktionszonen und Schutzzäune
In den Restriktionszonen werden Untersuchungen auf ASP bei Haus- und Wildschweinen durchgeführt. Es gelten erhebliche Handelsbeschränkungen für Schweine und jeder Tierhalter und Jäger und alle anderen Personen, die Kontakt zu Schweinen haben, sind ganz besonders aufgefordert eine Seuchenverschleppung zu verhindern. Die Verbringung von Hausschweinen kann nur unter genau festgelegten Voraussetzungen erfolgen und setzt eine Antragsverfahren und intensive Untersuchungen voraus.
Bei der afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen ist die Errichtung von Schutzzäunen eine der augenfälligsten Maßnahmen. So soll verhindert werden, das sich das Virus schnell in andere Regionen ausbreitet. Das Land Niedersachsen hat Zaunmaterial angeschafft, das von den Landkreisen im ASP-Tierseuchenkrisenfall genutzt werden kann. So wie in NRW hat sich auch in Niedersachsen eine Tierseuchenvorsorgegesellschaft etabliert, die den Landkreisen ihre Dienstleistung wie den Zaunbau- und Erhaltung zur Verfügung stellt.
Verpflichtende Meldung und geschulte Bergung
Wichtig zu wissen ist, das schon der Verdacht der Erkrankung und natürlich der Ausbruch der Krankheit gesetzlich verpflichtend anzuzeigen ist. D. h. der Tierhalter, derjenige der Tiere versorgt, der Jäger, Viehhändler, Tierarzt, Veterinärkontrolleure, Lebensmittelkontrolleure und alle Assistenzberufe in dem Veterinärbereich sind zur Anzeige gesetzlich verpflichtet. Tierhalter und bei den Wildschweinen die Jäger sind bei dieser hochkontagiösen Erkrankung ganz besonders in der Pflicht.
Der Bergung und Entsorgung toter Wildschweine kommt eine besonders hohe Bedeutung zu. Leute die diese Bergungen durchführen sind besonders geschult und zwar in folgenden wichtigen Bereichen: Anlegen von Schutzkleidung, Verortung und Kennzeichnung des Tierkörpers, hygienische Verpackung des Tierkörpers, Desinfektion und Widerauffinden des Fundortes.
Redakteur:Svenja Adamski aus Buchholz |
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