Arzneimittel-Engpässe
Vertrauen der Bevölkerung negativ beeinflusst
Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN), die Kassenzahnärztliche Vereinigung Niedersachsen (KZVN) und der Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. (LAV) haben in Hannover vor einer weiteren Verschlechterung der Arzneimittelversorgung in Niedersachsen gewarnt und die Politik zum schnellen Handeln aufgefordert.
„Wir haben die gemeinsame Befürchtung, dass die aktuelle Krise der Arzneimittel-Lieferengpässe das Vertrauen der Bevölkerung in die gesundheitliche Versorgung nachhaltig negativ beeinflusst. Das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungsgesetz aus dem vergangenen Jahr ist für Apothekerinnen und Apotheker sowie Ärztinnen und Ärzte zwar ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt. Mittlerweile ist klar, dass das Gesetz die bestehenden Engpässe weder kurzfristig abwenden noch langfristig beseitigen wird. Wir fordern daher von der Politik größere Anstrengungen ein, um die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln und Medizinprodukten sicherzustellen“, sagte Thorsten Schmidt, stellvertretender KVN-Vorsitzender.
Weitere Verschlechterung?
„Es ist absehbar, dass sich die Versorgungssituation ohne zusätzliche Maßnahmen weiter verschlechtern wird. Unter anderem müssen die Abhängigkeiten von Drittstaaten bei der Arzneimittelherstellung reduziert, Lieferketten robuster gestaltet und die heimische pharmazeutische Produktion gestärkt werden, auch mit wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Gleichzeitig muss der Forschungs- und Entwicklungsstandort Deutschland gefördert werden“, betonte Berend Groeneveld, Vorstandsvorsitzender des LAV.
Es muss gehandelt werden
„Die derzeitige Versorgungslage zeigt, dass bestehende Gesetze und das Arzneimittelrecht keine geeigneten Instrumentarien sind, um die aktuellen Liefer- und Versorgungsengpässe kurzfristig bewältigen zu können“, konstatierte Dr. Jürgen Hadenfeldt, Vorsitzender der KZVN. „Das Fortbestehen von Engpässen bei essentiellen Arzneimitteln ist mit Blick auf eine gute Versorgung der Patientinnen und Patienten gesundheitspolitisch nicht akzeptabel.“
Produktionsstandort Deutschland
KVN, KZVN und LAV sind im Streben nach einer Stärkung des Produktionsstandortes Deutschland und damit auch gegen den Versorgungsmangel vereint“, betonten die drei Organisationen des niedersächsischen Gesundheitswesens. Es gelte Lieferketten zu stabilisieren, Forschung und Entwicklung zu erleichtern, Innovationen und neue Technologien in der Arzneimittelproduktion zu fördern, Rabattverträge für Arzneimittel einzudämmen und auf Bundesebene den Dialog mit der Pharmabranche wieder aufzunehmen.
Vielfältige Gründe für Lieferengpässe aus Sicht von KVN, KZVN und LAV
Die Abhängigkeit von Wirkstoff-Produzenten im Ausland: Fast 70 Prozent der Produktionsorte für Wirkstoffe, die für Europa bestimmt sind, liegen in Asien. Kommt es dort zu Fertigungsproblemen, Verunreinigungen, Produktionsausfällen oder Stockungen in der Lieferkette, so kann dies auch Auswirkungen auf Deutschland haben.
Die Marktkonzentration: Für manche Wirkstoffe gibt es nur noch sehr wenige, oft sogar nur einen einzigen Anbieter. Bei steigendem Bedarf kann die Nachfrage daher zeitnah nicht bedient werden.
Der wirtschaftliche Druck: Die Preise für Arzneimittel sind reguliert, Hersteller können höhere Kosten, zum Beispiel für Energie und Materialien, nicht einfach an Kunden weitergeben. Rabattverträge, Festbeträge oder Preismoratorien schränken den Spielraum der pharmazeutischen Industrie ein. In der Vergangenheit haben sich deshalb viele Hersteller aus der Produktion zurückgezogen.
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