Austausch angehender Pflegefachkräfte
Norweger zu Besuch im Landkreis Stade
Zwei Pflegefachkräfte für acht Patienten, topmodern ausgestattete Altenheime und eine Ausbildung zur Fachkraft mit Studienberechtigung - von solchen Arbeitsbedingungen in der Altenpflege, wie sie in Norwegen herrschen, kann Emily, angehende Pflegassistentin im Buxtehuder Seniorenheim der Doreafamilie nur träumen. "Hierzulande sind eher zwei Betreuer für 20 Patienten und mehr zuständig", sagt Emily.
Nachdem die junge Frau im vergangenen Jahr im Rahmen des Erasmusprogramms gemeinsam mit Lehrerinnen und Schulkameraden der Berufsschulen BBS Buxtehude und Stade in Norwegen zu Besuch war und sich in der Nähe von Oslo über die Altenpflege informiert hat, kamen jetzt 13 junge Norwegerinnen und Norweger im Alter von 18 und 19 Jahren zum Gegenbesuch in den Landkreis Stade. Zwei Wochen lang nahmen sie am Schulunterricht teil und schauten sich Einrichtungen in Stade und Buxtehude an.
"Was ich gut finde ist, dass im deutschen Unterricht auch die psychische Situation der Patienten thematisiert wird", sagt Andrea. "In Norwegen sehen wir unsere Patienten eher als Kunden an." Ihr Kollege Chris war hingegen von der liebevollen Dekoration in einer der Stader Einrichtungen angetan. Auf die Frage vom WOCHENBLATT, ob und mit welchen weiteren Inspirationen die angehenden Gesundheitsfachkräfte nach Hause fahren, reagieren die Norweger mit einem höflichen Lächeln. "Das Essen ist hier lecker", fällt zumindest Chris noch ein - das Küchenteam der Doreafamilie hatte für seine Gäste Bratwurst mit Sauerkraut vorbereitet.
Ein wesentlicher Unterschied ist, dass die Pflege in Norwegen nicht durch Versicherungen, sondern aus öffentlicher Hand über das Steuersystem finanziert wird. Zwar gebe es auch Probleme in Norwegen, wie z.B. zu wenig Pflegeplätze, doch schneide Deutschland im Vergleich nicht nur beim Personalschlüssel und der Ausstattung der Einrichtungen schlechter ab, sondern auch der Beruf sei fachlich weniger hoch angesehen. Das bestätigen Stefanie Sethe und Antje Sewe von der BBS Buxtehude. "In Norwegen dauert die Ausbildung zur Gesundheitsfachkraft vier Jahre und berechtigt zum Studium", erklärt Stefanie Sethe, bei der BBS Abteilungsleiterin für Hauswirtschaft und Pflege. "In Deutschland dauert die Ausbildung zum Pflegeassistent oder zur Pflegeassistentin zwei und zur Pflegefachkraft drei Jahre, wobei die Tätigkeit hier von vielen als Akt der Nächstenliebe angesehen, der von guten Menschen ausgeführt wird."
Diese Erfahrung macht auch Einrichtungsleiterin Magdalena Schmilinski: "Bei uns herrscht doch oft die Auffassung, dass jeder auch ungelernt pflegen kann", weiß sie aus vielen Gesprächen. Doch sei dieser Beruf durchaus anspruchsvoll und im wahrsten Sinn des Wortes eine Berufung. Es braucht sowohl Nächstenliebe als auch fachliche Professionalität. Glücklicherweise gibt es noch - wenn auch zu wenige - junge Menschen, die sich berufen fühlen. So liebt die Auszubildende Emily ihren Beruf, obwohl sie in Norwegen gesehen hat, dass Pflege auch anders geht, und sie sich andere Rahmenbedingungen wünscht: "Es ist einfach ein schönes Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun und helfen zu können."
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