„Lehrer entlasten - Polizisten einstellen“
Bernd Althusmann will die CDU wieder zur stärksten Partei in Niedersachsen machen - und sich selbst zum Ministerpräsidenten.
(mum). Bernd Althusmann ist der neue Heilsbringer der CDU. Seit der 50-Jährige im November nicht nur den Vorsitz seiner Partei in Niedersachsen übernommen hat, sondern sich auch um das Amt des Ministerpräsidenten bewirbt, steigt die Beliebtheit der Christdemokraten in der Bevölkerung. Seit dem Nominierungsparteitag sind mehr als 2.000 Bürger in Niedersachsen in die CDU eingetreten. Laut aktuellen Umfragen liegt die CDU mit 35 Prozent vor der SPD (31 Prozent). Und auch im Landkreis Harburg wird dem ehemaligen Kultusminister Sympathie entgegengebracht. Am Dienstagabend haben die CDU-Mitglieder im Wahlkreis 51 (Seevetal, Rosengarten und Neu Wulmstorf) ihren Landesvorsitzenden mit über 99 Prozent (104 von 105 abgegebenen Stimmen) für ein Landtagsmandat nominiert.
Bereits einen Tag nach der erfolgreichen Aufstellungsversammlung nahm sich Althusmann Zeit für ein Gespräch beim WOCHENBLATT-Verlag. Im Interview mit Verleger Martin Schrader, Geschäftsführer Stephan Schrader und den Redakteuren Katja Bendig und Sascha Mummenhoff sprach er offen über seine Ziele.
WOCHENBLATT: Herr Althusmann, herzlich willkommen im Landkreis Harburg. Haben Sie schon ein Haus gefunden und ihr Auto umgemeldet?
Bernd Althusmann: „Nein, aber nach dem Abitur unserer Tochter im kommenden Jahr werden wir auch privat neue Wurzeln im Landkreis Harburg schlagen. Ich wohne allerdings nur eine halbe Stunde entfernt in Heiligenthal im Landkreis Lüneburg.“
WOCHENBLATT: Wie haben Sie die Aufstellungsversammlung empfunden?
Althusmann: „Ich war ziemlich aufgeregt. Mir ist bewusst, dass die Menschen hier nicht auf mich gewartet haben und ich sie davon überzeugen muss, dass ich mich für sie einsetzen werde.“
WOCHENBLATT: SPD-Unterbezirkschef Thomas Grambow ist öffentlich „erstaunt“, dass Sie als Lüneburger jetzt im Landkreis Harburg kandidieren. Er ist der Meinung, dass Sie doch gar nicht wissen können, welche Sorgen und Nöte die Bürger hier haben. Sehen Sie das auch so?
Althusmann: „Nein. Ich lebe seit Mitte der 1970er Jahre im Hamburger Umland und habe auf kommunaler wie auf Landesebene eng mit dem Landkreis Harburg zusammengearbeitet. Ich kandiere also in einem mir sehr gut bekannten Umfeld. Ob es um die Förderung des Kiekeberg Museums ging, die Förderung des Leuchtturmprojektes Ausbildungszentrum Luhmühlen, die Zukunftswerkstatt Buchholz oder die Oberschule Jesteburg - ich habe hier in der Vergangenheit schon sehr viel auf den Weg gebracht.“
WOCHENBLATT: Hand aufs Herz: Sie versprechen sich doch auch bessere Chancen auf eine erfolgreiche Wahl.
Althusmann: „Nach meiner Rückkehr aus Afrika habe ich ganz bewusst auf einen politischen Neuanfang gesetzt. Der soll jetzt auch für andere in Lüneburg möglich sein. Sollte ich am 14. Januar Ministerpräsident werden, wird dies mit Sicherheit kein Nachteil für alle Landkreise im Hamburger Umland sein. Auch weil ich mich hier zuhause fühle. Meine Basis ist mein Wahlkreis und ich werde mich darum kümmern.“
WOCHENBLATT: Was verbindet Sie mit dem Landkreis Harburg?
Althusmann: „Sehr viel. Der Landkreis Harburg ist einer der wirtschaftlich stärksten Landkreise Niedersachsens. Und dennoch treffen die Infrastrukturprobleme von Stadt und Land aufeinander. Hier möchte ich für bessere Lösungen hinsichtlich des ÖPNV, einer stärkeren Sicherheit für die Bewohner des Landkreises und der Herausforderungen in der Landwirtschaft sorgen. Im Übrigen arbeite ich derzeit in Hamburg bei einer Personalberatung und als Landesvorsitzender der CDU in Niedersachsen in Hannover. Der Landkreis ist immer auf dem Weg und mittendrin.“
WOCHENBLATT: Bitte beschreiben Sie ihren politischen Stil mit drei Worten.
Althusmann: „Zuverlässig, durchsetzungsstark und umsichtig.“
WOCHENBLATT: Haben Sie ein politisches Vorbild?
Althusmann: „Ja, Helmut Kohl. Er war für mich gerade hinsichtlich der deutschen Einheit und im Prozess der europäischen Einigung einer der prägendsten Politiker der deutschen Nachkriegsgeschichte.“
WOCHENBLATT: Das Thema Flüchtlinge bewegt den Landkreis Harburg derzeit besonders. Die Pro-Kopf-Pauschale reicht nicht. Zudem beteiligt sich das Land Niedersachsen nicht an den Kosten für leerstehende Unterkünfte. Wie bewerten Sie die Situation?
Althusmann: „Fakt ist doch, dass der Landkreis Harburg im Auftrag des Landes im Rahmen der Bewältigung der Flüchtlingskrise tätig geworden ist. Die Argumentation des Landes, die Unterkünfte bitte anders zu nutzen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das werde ich nach dem 14. Januar kommenden Jahres in Partnerschaft mit den Kommunen ändern.“
WOCHENBLATT: Haben Sie eine Position zum Thema Sicherheit?
Althusmann: „Wir müssen bis 2022 3.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei schaffen.“
WOCHENBLATT: Als ehemaliger Kultusminister haben Sie bestimmt eine Meinung zur Situation an unseren Schulen?
Althusmann: Ich bin ein großer Freund eines zweigliedrigen Schulsystems aus Oberschule und Gymnasium. Aber wichtig ist, dass unser bestehendes System Ruhe bekommt. Wir bleiben jetzt beim Abitur bei 13 Jahren. Wichtig ist, dass weniger Unterricht ausfällt. Lehrer müssen entlastet werden. Zudem halte ich den Einsatz von Schulverwaltungsangestellten für sinnvoll.“
WOCHENBLATT: Ein Satz zur Inklusion?
Althusmann: „Da muss dringend nachgebessert werden. Förderschulen muss es weiter geben.“
WOCHENBLATT: Wie denken Sie über Schul- beziehungsweise Studiengebühren?
Althusmann: „Die wird es mit mir nicht geben. Handlungsbedarf sehe ich auch beim Handwerk. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum jemand, der Meister werden will, dafür zahlen muss. Übrigens: Wenn über eine Fusion der Industrie- und Handelskammern nachgedacht wird, dann sollte dabei die Stärkung Nord-Niedersachsens das Ziel sein. Ein Zusammenschluss von Lüneburg, Harburg und Stade macht Sinn.“
WOCHENBLATT: Sie waren Büroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung für Namibia und Angola, wohnten unter anderem in Windhoek. Hat Sie die Zeit in Afrika verändert?
Althusmann: „Natürlich verändert eine solche Aufgabe auch den eigenen Blick auf unser Land. Ich habe vieles in meiner Heimat neu schätzen gelernt und bin - hoffentlich - etwas gelassener geworden. Ich habe seitdem einen noch höheren Respekt vor einem funktionierenden Staat und den sozialen Herausforderungen unserer Gesellschaft.“
WOCHENBLATT: Sie leben in einer Patchwork-Familie - als Christdemokrat und Pastorensohn. Passt das zusammen?
Althusmann: „Es passt, weil Brüche im Leben dazugehören. Ich bin stolz auf meine große Patchwork-Familie. Natürlich ist das manchmal für meine Frau und mich anstrengend, aber es ist alles gut so wie es heute ist.“
WOCHENBLATT: Herr Althusmann, danke für das Gespräch.
Althusmann: Pastorensohn, Offizier und Ex-Minister
(mum). Bernd Althusmann (50), Pastorensohn aus Oldenburg, der sich zunächst für eine Offizierslaufbahn entschied und danach Pädagogik studierte, gehörte zwischen 1994 und 2009 dem niedersächsischen Landtag an. Im Anschluss war er Staatssekretär im Kultusministerium. 2010 berief ihn der damalige Ministerpräsident Christian Wulff zum Kultusminister. Althusmann behielt dieses Amt, als McAllister 2010 die Nachfolge von Wulff antrat. Da er bei der Landtagswahl 2013 im Wahlkreis Lüneburg der SPD-Kandidatin Andrea Schröder-Ehlers unterlag, schaffte es Althusmann trotz Listenplatz 4 nicht wieder in den Landtag.
Althusmann startete bei der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung eine zweite Karriere. Er wurde Büroleiter für Namibia und Angola, lebte unter anderem in Windhoek. Mitte des vergangenen Jahres kam er zurück nach Deutschland.
Althusmann lebt in zweiter Ehe mit drei Kindern im Alter von sechs, neun und 17 Jahren. Aus seiner ersten Ehe hat er zwei Kinder (18 und 21).
Die Familie ist vorerst in ein Haus in Heiligenthal bei Lüneburg gezogen. Der Politiker ist derzeit Partner bei der Personalberatung Topos (55 Mitarbeiter an sechs Standorten) mit Hauptsitz in Hamburg und leitet das Büro Niedersachsen und Bremen.
Redakteur:Sascha Mummenhoff aus Jesteburg |
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