Silvester rund um Stade und Buchholz
Böller-Debatte: wenige Verletzungen, viel Tierleid
![Silvester ohne Feuerwerk: Hund und Katze müssen sich nicht mehr vor dem Lärm panisch im Keller verstecken, Vögel haben ihre Ruhe | Foto: Fotolia/Daniela](https://media04.kreiszeitung-wochenblatt.de/article/2025/01/22/7/722977_L.jpg?1737543790)
- Silvester ohne Feuerwerk: Hund und Katze müssen sich nicht mehr vor dem Lärm panisch im Keller verstecken, Vögel haben ihre Ruhe
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Mehr als zwei Millionen Menschen haben bereits die Online-Petition für ein bundesweites Böllerverbot von der Gewerkschaft der Polizei Berlin unterschrieben. Hauptaugenmerk der Petition sind die Überlastung von Einsatzkräften aufgrund zahlreicher Verletzungen sowie immer weiter zunehmende Angriffe auf Helferinnen und Helfer. Auch in Tostedt wurde Silvester 2024/25 ein Feuerwehrmann mit einem Feuerwerkskörper beworfen und erlitt einen Hörschaden.
Im Großen und Ganzen spielen Verletzungen und Angriffe aber eher in den Großstädten eine Rolle. Allein in Berlin seien laut Innenverwaltung zum Jahreswechsel 37 Polizeibeamte und eine Einsatzkraft der Feuerwehr verletzt worden. 360 Menschen wurden in der Hauptstadt laut Senat schwerverletzt. Mindestens fünf Menschen seien bundesweit durch Pyrotechnik ums Leben gekommen.
Keine Auslastung regionaler Notaufnahmen
In den Notaufnahmen der Landkreise Harburg und Stade habe es hingegen eher ruhig ausgesehen. Die Elbe-Kliniken Stade und Buxtehude hätten laut Daniel Hajduk, Stabsstelle Marketing und Kommunikation, kein erhöhtes Patientenaufkommen zu verzeichnen gehabt. Auch im Krankenhaus Buchholz habe es in der zentralen Notaufnahme (ZNA) keine besonders hervorzuhebenden Vorkommnisse gegeben. "Die Lage war nicht auffälliger im Vergleich zu den Vorjahren", schilderte Pressereferentin Ricarda Herbrand.
Lediglich aus dem Krankenhaus Winsen kam eine ausführlichere Rückmeldung. "Am 31. Dezember und 1. Januar gab es in der ZNA Winsen 170 Patienten. Von diesen hatten lediglich drei Patienten Verletzungen infolge eines Feuerwerkskörpers", gab Herbrand wieder. Alle anderen Patienten seien aufgrund anderer Ursachen in Behandlung gewesen. Von denen, die durch einen Feuerwerkskörper in die ZNA mussten, sei keiner schwerverletzt gewesen oder hätte verlegt werden müssen.
Wild- sowie Haustiere gibt es überall
Ein weiterer großer Aspekt, wenn es um die Debatte eines Böllerverbots geht, ist das Tierwohl. Egal ob Großstadt oder Dorf, Haus- sowie auch Wildtiere gibt es überall. Melanie Neumann, Leiterin des Buchholzer Tierheims, weiß, was die liebsten Vierbeiner an Silvester durchmachen.
"Wir haben hier ziemlich viele Kandidaten, die auch schon bei Gewitter die Krise kriegen", schildert Neumann. Bei manchen Hunden sei das in der Vergangenheit so weit gegangen, dass sie ab Böllerverkauf nicht mehr essen und trinken konnten. "Die mussten wir fast schon zwangsfüttern. Die hatten über mehrere Tage auch noch Schwierigkeiten, zu pinkeln oder Kot abzusetzen", führte sie weiter aus.
Aber auch das Gegenteil sei bereits der Fall gewesen: "Anderen schlägt es so sehr auf den Magen, dass sie vor lauter Stress extrem viel trinken und mit Durchfall und Erbrechen zu tun haben." Beides ist für die Gesundheit des Tieres schädlich.
Ein Gegenprogramm zum Lärm schaffen
"Das würde alles nicht Not tun, wenn man einfach ein bisschen Rücksicht nehmen würde", sagt die Tierheimleiterin. Sie spricht sich ganz deutlich für ein Böllerverbot aus. Feuerwerk sollte es nach ihrer Auffassung, wenn überhaupt, nur zentral organisiert geben. Geräuschlose Alternativen, wie zum Beispiel Drohnenshows, würde sie bevorzugen.
Um die Neujahresnacht für die Bewohner des Tierheims ertragbarer zu machen, wird die Einrichtung hell erleuchtet und laute Musik abgespielt, als Gegenprogramm zum Lärm und zu den Lichtern von Außen. "Natürlich hören die viel, viel lauter und wir werden das nicht alles übertünchen können, aber man tut, was man kann", versichert Neumann.
"Wenn wir hier noch Gardinen und Rollläden hätten, würde ich alles runterfahren. Alles abdunkeln, sodass die Lichtreflexe von außen nicht so sehr wahrgenommen werden können. Gerade bei Tieren, bei denen man weiß, dass sie zu Panik neigen", empfiehlt sie privaten Tierhalterinnen und -haltern zusätzlich zu den bereits genannten Maßnahmen.
"Meiner Meinung nach Tierquälerei"
Neben den allgemeinen Folgen für das Tierwohl sieht Melanie Neumann die Rücksichtslosigkeit mancher Menschen als großes Problem. "Es gibt auch einige Idioten, die tatsächlich, weil man da schön weit auf ein Wohnviertel gucken kann, im Wald auf einer Lichtung rumstehen und ihr Feuerwerk machen. Sollen sie hingehen und gucken, aber ihren Scheiß sollen sie Zuhause lassen. Wildtiere haben keinen, der auf sie aufpasst, der Wald ist für sie der einzige Rückzugsort. Das ist meiner Meinung nach Tierquälerei", sagt Neumann.
In der Vergangenheit habe es sogar Leute vom benachbarten Schützenvereinsgelände gegeben, die bewusst Feuerwerkskörper in Richtung des Tierheims geschossen haben. Neumann erinnert sich: "Die ganze Auffahrt war voll mit Batterien und allem Möglichen." Seitdem sei es in den Schützenmitgliedsvertrag des Vereins verankert, dass auf dem Vereinsgelände kein Feuerwerk gezündet werden darf.
58 Prozent für ein privates Böllerverbot
Eine Online-Umfrage des WOCHENBLATTS im Zuge der Reihe "Rundgang durch Winsen" ergab, dass 10,64 Prozent der Meinung sind, Feuerwerk bräuchte es nicht. Für 50,35 Prozent gehört Feuerwerk dazu und 39,01 Prozent sind dafür, dass professionelles Feuerwerk private Böllerei ersetzen sollte.
Eine bundesweite Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA stellte die Frage: „Sollte privates Feuerwerk Ihrer Meinung nach grundsätzlich untersagt werden?“ Das Ergebnis: 58 Prozent von 2.005 befragten Personen antworteten mit „ja“, 34 Prozent mit „nein“. Die eingangs erwähnte Petition von der Gewerkschaft der Polizei Berlin befindet sich auf der Internetseite www.innn.it/boellerverbot.
Redakteur:Armon Böhm aus Winsen |
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