Fortamtmann i.R. Uwe Gamradt
Er schützt den Wald und seine tierischen "Polizisten"
(bim). Lange bevor das Wort Klimawandel in aller Munde und das Prinzip der Nachhaltigkeit in der Gesellschaft ein Begriff war, setzte sich Uwe Gamradt für eine naturnahe Umwandlung des Waldes ein. Sein Herz schlägt besonders für dessen kleinste Bewohner, die Ameisen, für deren Schutz er im Landkreis Harburg eine Vorreiterfunktion übernommen hat. Für seinen jahrzehntelangen Einsatz für die Natur wurde der 80-jährige Forstamtmann i.R. kürzlich mit dem Eisvogel, dem Naturschutzpreis der Naturschutzstiftung des Landkreises Harburg, ausgezeichnet. Dass ein Förster und Jäger einen Naturschutzpreis erhält, ist eher ungewöhnlich. Der "Mann des Waldes", wie Landrat Rainer Rempe ihn in seiner Laudatio nannte, hatte die Stelle als Revierförster im Jahr 1967 angetreten. 40 Jahre lang - oder, wie Gamradt selbst sagt, ein Drittel eines Baum#-+alters - war er Ansprechpartner für die in der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Jesteburg zusammengeschlossenen Waldbesitzer und hat die FBG forstwirtschaftlich mitgeprägt. 2013, zum 60-jährigen Bestehen der FBG, hat Uwe Gamradt, unterstützt von seiner Frau Karin und seiner Tochter Inka Gamradt-Goroncy, eine umfassende Chronik über die FBG erstellt.
Überzeugter Vertreter
des Dauerwaldes
Seit den 1960er Jahren vertritt Uwe Gamradt den Gedanken des Dauerwaldes. "Das bedeutet, vom Kahlschlag wegzukommen, der damals üblich war", erinnert sich der 80-Jährige. "Nach 120 Jahren wurden die Bäume abgeschlagen, das Reisig verbrannt und die Flächen neu bepflanzt - mit allen Problemen, die das mit sich brachte", sagt Gamradt. So erhitzte die Sonne den kargen Boden an heißen Tagen schon mal auf über 50 Grad. "Da gerinnt das Eiweiß in den Zellen der Pflanzen und sie gehen kaputt." Gleichzeitig werde die Humusschicht aktiviert, setze Stickstoff frei und ermögliche es anderen Pflanzen, sich anzusiedeln. Blühende Pflanzen kämen etwa Insekten zugute, frühblühende Sträucher mit Früchten den Vögeln, sodass auch Kahlschlag-Flächen einen ökologischen Wert hätten.
Fichtenbestände zur
Bekämpfung der Holz-Not
Bei Stürmen und Borkenkäfern in Fichtenbeständen lasse sich ein Kahlschlag auch nicht immer vermeiden. Die Fichtenbestände seien in den 1950er Jahren als schnell wachsender Rohstoff gepflanzt worden, um dem Holzbedarf in der Nachkriegszeit gerecht zu werden. "Fichten hatten nach dem Krieg einen gewissen Sinn, als Holz-Not herrschte. Aber diese Bestände hätte man danach alle paar Jahre durchforsten und durch Mischwald ersetzen müssen", meint Uwe Gamradt.
Die Idee des Dauerwaldes sei, die Bäume alt werden zu lassen. "Die Zerfallsphase und dass ein Baum aus Altersgründen abstirbt, fehlt in unseren Wäldern fast völlig", sagt der Forstexperte. Sterbendes, stehendes oder liegendes Totholz diene Insekten, Pilzen und Bakterien zum Gedeihen, und so entstehe auch neuer Humus.
Ein Herzensanliegen ist Uwe Gamradt seit Jahrzehnten der Schutz der Ameisen. Auch heute noch berät er, klärt auf und setzt - wenn nötig - die Nester um. "Die Ameise ist der 'Polizist des Waldes' und steht unter Schutz. Als ich nach Jesteburg kam, bekam ich damit viel zu tun. Beim Holzeinschlag und beim Holzrücken sollten die Ameisennester keinen Schaden nehmen", erläutert Uwe Gamradt. Eines Tages rief Rainer Böttcher, damals Leiter der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises, bei dem Förster an und fragte, ob er sich des Ameisenschutzes im Landkreis annehmen wolle. Gamradt sagte zu - und wurde Ameisenschutzbeauftragter.
Wenn eine Duft-Barriere
nicht überzeugt
Wenn das Bauen einer Duft-Barriere, etwa mit Nelkenöl, die kleinen Krabbler nicht zum freiwilligen Fernbleiben überzeugt, wird als letzte Maßnahme eine Not-Umsiedlung vorgenommen. So war es seiner Initiative zu verdanken, dass rund 1,8 Millionen rote Waldameisen im Mai 2013 wegen der Arbeiten zum Bau der Ortsumgehung in Buchholz-Dibbersen umgesiedelt wurden. Sie haben, so berichtet Gamradt, ihre neue Heimat gut angenommen, wenn auch ein paar Meter entfernt von dem Ort, den ihre menschlichen "Umzugshelfer" ihnen zugedacht hatten.
Am 2. Dezember feiert Uwe Gamradt seinen 81. Geburtstag. Für die Natur wird er sich weiter engagieren.
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