Schienenausbauprojekt Alpha-E
Plant die Bahn den Bau einer neuen Trasse an der A7?

Mehr als zwei Jahrzehnte lang machten Bürgerinitiativen gehen eine Bahnstrecke entlang der A7 mobil | Foto: Projektbeirat Alpha-E
  • Mehr als zwei Jahrzehnte lang machten Bürgerinitiativen gehen eine Bahnstrecke entlang der A7 mobil
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(bim). Droht der Schienenausbau im Großraum Hamburg-Bremen-Hannover zu scheitern, weil die Deutsche Bahn am Neubau einer Bahnstrecke zwischen Hamburg und Hannover entlang der A7 - trotz anderslautender Bekundungen - festhält? Diese Befürchtung äußert der Projektbeirat Alpha-E, der die Umsetzung des Schienennetzausbaus auf Bestandsstrecken gemäß der „Alpha-E-Variante“ begleitet, nach einer Online-Konferenz.
Die Bahn und Enak Ferlemann (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesverkehrsministerium, hatten im vergangenen November noch betont, dass es bei den Untersuchungen des Bestandsausbaus, des bestandsnahen Ausbaus und einer Variante entlang der A7 ausschließlich um eine planungsrechtliche Absicherung gehe, um die Abwägungen gerichtsfest zu machen. "Es bleibt beim Alpha-E plus", hatte Ferlemann erklärt.
Zwei Varianten
nicht wirtschaftlich

Nun seien aber die ersten beiden Varianten von Gutachtern der Bahn als nicht wirtschaftlich bewertet worden. Und es sei ausschließlich eine Vorplanung für eine Neubaustrecke entlang der A7 vergeben worden, deren Ergebnis Ende 2022 vorliegen soll, berichtet Projektbeiratssprecher und Tostedts Samtgemeinde-Bürgermeister Dr. Peter Dörsam.
"Für den Projektbeirat ist nicht mehr erkennbar, wie die DB Netz AG den Ausbau der Bestandsstrecke weiter voranbringt, weil offensichtlich alle Zeichen dafür sprechen, dass eine Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover favorisiert wird. Damit wird der gefundene Kompromiss aufgekündigt und eine Verbesserung der Situation für den Güter- und Personenverkehr rückt in weite Ferne. Es droht eine langwierige Diskussion um Neubaustrecken", sagt Dörsam.
Wie mehrfach berichtet, sollen die Schienenkapazitäten im Dreieck Bremen-Hamburg-Hannover bedarfsgerecht ausgebaut werden, um den Güterverkehr von den norddeutschen Seehäfen ins Umland zu bringen. Mehr als zwei Jahrzehnte haben diverse Bürgerinitiativen gegen den Neubau einer Bahntrasse entlang der A7 und durch die Heide gekämpft. Vor sechs Jahren wurde mit der Alpha-E-Variante ein breit getragener Kompromiss gefunden, der den Ausbau auf den Bestandsstrecken vorsieht. Doch der Projektbeirat, der deren Umsetzung begleitet, bezweifelt, dass die Deutsche Bahn daran ein ernsthaftes Interesse hat.
Erstaunliches
Vorgehen der Bahn

Das Vorgehen der Bahn sei umso erstaunlicher, als die Vorteile der Ausbaulösung durch eine Studie der Vieregg-Rössler GmbH (VR) im Jahr 2020 vertiefend aufgezeigt worden seien.
Die Vieregg-Vorschläge sehen u.a. drei Gleise zwischen Lüneburg und Uelzen sowie vier Gleise zwischen Ashausen und Lüneburg und Gleis-Umlegungen innerhalb des Lüneburger Bahnhofs vor. Die VR-Vorschläge seien zwar in drei "Gläsernen Werkstätten" der Deutschen Bahn behandelt, allerdings teils bis zur Unkenntlichkeit verzerrt worden, um deren Unwirtschaftlichkeit zu untermauern. "Vieregg hat zum Beispiel vorgeschlagen, Gleise im Bereich des Lüneburger Bahnhofs im Gleisbett umzulegen. Laut der Bahn hätten dafür das Bahnhofsgebäude, der Vorplatz und auch noch Häuser drumherum abgerissen werden müssen", erläutert Dörsam. Ein ähnliches Szenario habe die Bahn bei ihrer Vieregg-Interpretation für Verbesserungen rund um den Hamburger Hauptbahnhof gemalt. "Aus all dem schließe ich, dass die Entscheidung gefallen ist und die Bahn eine Neubaustrecke entlang der A7 durchdrücken will", vermutet Dörsam. Vorab werde kein Korridor bekannt gegeben, bis die Vorplanung Ende 2022 abgeschlossen sei - und die Bürger würden dann vor vollendete Tatsachen gestellt.
Geschwindigkeit von
ICE-Zügen erhöhen

Hinzu kommt, dass die Bahn die Strecke zwischen Hannover und Hamburg nicht nur für den Güterverkehr ausbauen, sondern die Geschwindigkeiten für ICE-Züge auf der Strecke auf 300 km/h erhöhen will. Somit wirkt sich auch der Deutschlandtakt auf die Planungen der DB, auch im Alpha-E-Raum, aus. Prof. Dr. Wolfgang Hesse hat dazu als Fachexperte zu den Zusammenhängen des Deutschlandtaktes mit den Alpha-E-Planungen Stellung genommen. „Wenn die DB weiter den Weg zu einer Neubaustrecke beschreitet, droht ein jahrelanger Planungsverzug. Für die dringend benötigten Kapazitäten für den Personen- und Güterverkehr wird es damit für lange Zeit keine Verbesserungen geben, obwohl die Zustimmung aus der Region für den Ausbau der Bestandsstrecke da ist“, so Joachim Partzsch, Sprecher des Projektbeirates. „Das können und wollen wir so nicht akzeptieren. Wir sind überzeugt, dass ein kapazitiv sinnvoller Ausbau der Bestandstrecke unter Berücksichtigung des Deutschlandtaktes möglich und wirtschaftlich tragfähig ist.“
Wie ein Ausbau im Konsens funktioniert, sei kürzlich bei dem Abschnitt Rotenburg-Verden des Alpha-E gezeigt worden. Der Projektbeirat begrüßt ausdrücklich die kürzliche Entscheidung des Bundestages, für den Schienenausbau Rotenburg-Verden zusätzliche 193,4 Millionen Euro zur Umsetzung übergesetzlicher Schall-/Lärmschutzmaßnahmen und weiterer Kernforderungen aus der Region einzuplanen.
Mit Alpha-E auf
dem richtigen Weg

„Mit diesem Ausbau im Konsens sind wir genau auf dem richtigen Weg. So können Bahnprojekte zukunftsfähig und zielorientiert mit Zustimmung der Region umgesetzt werden“, sind sich Dörsam und Partzsch einig.
• Der Projektbeirat hatte vergangenen Freitag in einer Online-Konferenz dem Verfasser der Studie, Dr. Martin Vieregg, Gelegenheit gegeben, seine Planungen zu erläutern und die Umsetzung durch die DB zu kommentieren. Eine Aufzeichnung der Online-Konferenz steht auf der Website des Projektbeirates unter www.beirat-alpha.de.

Darum geht es bei Alpha-E

Die sogenannte Alpha-Variante E sieht einen Ausbau von Bestandsstrecken im Dreieck Bremen-Hamburg-Hannover vor. Die Teilnehmer des Dialogforums Schiene-Nord (DSN) haben im Jahr 2015 gemeinsam Alpha-E zu einer kapazitiv und wirtschaftlich tragfähigen Lösung entwickelt. Im Rahmen der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans wurde Alpha-E optimiert. Das optimierte Alpha-E wurde als Projekt des Vordringlichen Bedarfs in den Bundesverkehrswegeplan 2030 aufgenommen.
Das Alpha-E sieht u.a. vor:

  • ein zweites Gleis zwischen Rotenburg und Verden,
  • ein drittes Gleis zwischen Lüneburg und Uelzen,
  • den Ausbau der Amerika-Linie zwischen Langwedel und Uelzen
  • Blockverdichtung in vielen Bereichen, d.h.: Die Signalabstände werden verkürzt, sodass mehr Züge fahren können, u.a. zwischen Verden, Nienburg und Wunstorf, zwischen Nienburg und Minden sowie zwischen Uelzen und Celle. 
Redakteur:

Bianca Marquardt aus Tostedt

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