Ausblick von Landwirtschaftskammer und Landvolk
Durchschnittliche Sommerernte wird erwartet
Der Kälteeinbruch, der im Juni als sogenannte Schafskälte über Mitteleuropa kam, kompensierte auch im Landkreis Harburg den bis dahin herrschenden Vegetationsvorsprung, was voraussichtlich nicht ohne Folgen für die Ernte bleiben wird. Das war der Tenor beim jüngsten Vorernte-Pressegespräch, zu dem Landwirtschaftskammer und Landvolk zu Landwirt Thorsten Voigts nach Garlstorf eingeladen hatten.
Einen detaillierten Überblick über die Vegetationsbedingungen seit der vorigen Ernte gab Landvolk-Vorsitzender Wilhelm Neven. Im Landkreis Harburg war demnach der letzte Herbst sehr nass, sodass es schwierig war, die Winterungen in die Erde zu bekommen. Vielerorts erfolgte die Aussaat erst im November oder Dezember oder wurde ganz auf das Frühjahr mit einem verbundenen Wechsel der Anbaukultur verschoben. Die Monate März und April waren wieder trockener und eine nennenswerte Frostperiode im Frühjahr nicht zu beobachten. Dies kam auch den Bauern zugute, die die Kartoffeln und Rüben im Frühjahr roden konnten, die im Herbst bzw. Winter nicht aus der Erde geholt werden konnten.
Kälteeinbruch kompensierte Vegetationsvorsprung
"Während man im Mai noch dachte, dass die gesamte Vegetation etwa drei Wochen früher als sonst wächst, sorgte die Schafskälte in den ersten drei Wochen dafür, dass der Vegetationsvorsprung wieder kompensiert wurde", erklärte Wilhelm Neven. In den Hauptvegetationsmonaten Mai und Juni hätten die hohen Niederschlagsmengen das durch den nassen Herbst und Winter bedingte schwache Wurzelwerk ausgeglichen. "Durch diesen Vegetationsverlauf wird für Raps und Getreide für den Landkreis Harburg eine durchschnittliche Ernte erwartet, wobei es auch in diesem Jahr regional Unterschiede geben wird", so Neven. "Nervös werden aktuell vielerorts die Heuproduzenten, die durch die hohen Niederschläge im Juni noch kein Zeitfenster für ihre Produktion gefunden haben."
Aufgrund der ausreichenden Niederschläge in 2024, die das witterungsbedingt nur schwach ausgebildete Wurzelwerk der Bestände kompensierten, und der damit verbundenen guten Entwicklung des Getreides im Frühjahr werde eine durchschnittliche Sommerernte erwartet. Über deren Qualitäten könnten derzeit jedoch noch keine konkreten Aussagen getroffen werden.
Cord Persiehl-Schultz, neuer Wirtschaftsberater bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen im Team der Außenstelle Buchholz, gab einen Überblick über die hiesige Agrarstruktur. Demnach werden im Landkreis Harburg etwa 55.000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet. Diese besteht zu etwa zwei Dritteln aus Ackerland (36.500) und zu einem Drittel aus Grünland (18.500). Auf dem Acker werden 13.000 Hektar mit Getreide (Vorjahr 15.000) und 11.100 Hektar mit Mais (10.400) bestellt. Raps wächst auf 1.300 Hektar (1.700). Weiterhin gibt es 1.100 Hektar Zuckerrüben und 3.000 Hektar Kartoffeln sowie 4.800 Hektar Sonderkulturen (Weihnachtsbäume, Gemüse, Obst). Die Restfläche von 2.200 Hektar besteht mehrheitlich aus Brache- sowie Blühflächen (1.900).
Starke Veränderungen beim Ackerbau gegenüber dem Vorjahr
Damit hat sich der Anbau auf dem Acker im Vergleich zum Vorjahr deutlich verändert. Während die Getreidefläche aufgrund der Bestellproblematik im Herbst um 2.000 Hektar zurückging, hat sich die Maisanbaufläche um 700 Hektar erhöht. Demgegenüber steht ein leichter Zuwachs bei den Sonderkulturen.
Die aktuellen Preise bewegen sich bei Getreide zwischen 150 und 250 Euro je Tonne (180 bis 260 Euro). Bei Raps liegen die Erntepreise im Bereich von 440 Euro je Tonne (425 Euro).
Kreislandwirt Martin Peters berichtete, dass die Getreidepreise seit 2023 wieder auf Vorkriegsniveau lägen, es aufgrund extrem sprunghafter Marktentwicklungen aber große Preisschwankungen gebe. So könnten die Preise für Getreide innerhalb eines Tages um fünf bis zehn Euro pro Dezitonne schwanken.
Schauplatz des Pressetermins war der landwirtschaftliche Betrieb von Thorsten Voigts. Er bewirtschaftet 125 Hektar Ackerland, auf denen er rund 30 Hektar Mais, 15 Hektar Raps und 80 Hektar Getreide anbaut. Voigts, der jeweils die Hälfte seiner Flächen mit dem Pflug bzw. pfluglos bearbeitet, bestellt die gesamten Flächen ohne Beregnung. Seine Getreideernte fiel aufgrund der hohen Niederschlagsmengen im vergangenen Sommer schlecht aus. "Die Biogasanlagen haben im letzten Jahr die schlechten Getreideernten gerettet", erklärt Voigts, der 2023 ungewöhnlich hohe Mengen seines Getreides für die Biogasproduktion verkaufte.
Redakteur:Christoph Ehlermann aus Salzhausen |
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