Viel fließt durch das Klo
Brauchen wir im verregneten Sommer weniger Wasser?
Die Sommer insbesondere in den Jahren 2018 und 2019 waren von langanhaltenden Hitzephasen und großer Trockenheit geprägt. Die Auswertungen des Deutschen Wetterdienstes zeigten gemäß dem Umweltbundesamt 2018 um 25 Prozent, 2019 um sieben Prozent und 2020 um ca. zehn Prozent weniger Regen und auch für das Jahr 2022 zu niedrige Niederschläge. Hingegen fiel das Jahr 2023 in unserer Region überwiegend nass aus. Im Zuge des Klimawandels wird vielfach eine Daseinsvorsorge hinsichtlich des Trinkwassers und auch in Bezug auf den zunehmenden Bewässerungsbedarf für heimische Landwirtschaftsflächen gefordert. Das WOCHENBLATT fragte bei heimischen Trinkwasserversorgern nach, wie hoch der Verbrauch jeweils war.
"Bei länger anhaltender Trockenheit steigt der Bedarf an Trinkwasser in der Bevölkerung drastisch an", sagt Jens Westphal, technischer Leiter des Trinkwasserverbands Stader Land. Der Verband ist für die Trinkwasserversorgung im Landkreis Stade zuständig, mit Ausnahme der Städte Stade und Buxtehude, die durch eigene Stadtwerke versorgt werden. So sei in Zeiten mit hohem Niederschlag der Wasserbedarf, z.B. für die Gartenbewässerung, 30 bis 40 Prozent geringer als in Zeiten mit wenig Regen. "Gerade in langen Trockenphasen stellt dieses Szenario immer wieder neue Herausforderungen an die Wasserversorgung dar."
Das bestätigt René Back, Technischer Bereichsleiter bei der Stadtwerke Buxtehude GmbH. "Der Klimawandel mit längeren Trockenperioden und extremen Niederschlagsereignissen erzeugt ein komplexes Spannungsfeld, welches uns als Trinkwasserversorger, aber auch die anderen Akteure der Wasserwirtschaft, vor große Herausforderungen stellt." Britta Schuster, Fachbereichsleiterin für Wasser und Gas bei der Stadtwerke Stade GmbH hingegen betont, dass in überwiegend städtischen Versorgungsstrukturen neben dem Niederschlag vor allem die Lufttemperatur Auswirkung auf den Wasserverbrauch habe. "Der Niederschlag ist wichtig für den Grundwasserspiegel, der Wasserverbrauch ist jedoch temperaturabhängig", sagt sie.
Nur vier Prozent werden zum Trinken und Kochen genutzt
Wichtig zu wissen: Nur vier Prozent des verbrauchten Wassers werden zum Trinken oder zur Zubereitung von Speisen verwendet, teilt René Back aus Buxtehude mit. Der größte Nutzungsanteil des Trinkwassers liege hingegen bei der Körperhygiene und der Toilettenspülung. Und an heißen Sommertagen steige der Bedarf durch Gartenbewässerung und Poolbefüllung um bis zu 60 Prozent. Trotzdem gebe es im Vergleich von regenreichen und regenarmen Jahren keine großen Veränderungen beim Wasserverbrauch. So lag in Buxtehude die durchschnittliche Trinkwasser-Jahresabgabe in den regenarmen Jahren 2018 bis 2020 bei 2,16 Mio. Kubikmetern, im vergangenen regenreichen Jahr lag sie bei 2,06 Mio. Kubikmetern.
Ähnlich sieht es im ländlichen Raum aus: In der Region Geest und Altes Land wurden im Juli der Jahre 2018 bis 2020 (Dürrejahre) durchschnittlich 481.789 Kubikmeter Wasser verbraucht, im regenreichen Juli 2023 waren es 440.709 Kubikmeter. Dabei gilt es allerdings zu relativieren, dass die Bevölkerung in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen ist. Britta Schuster aus Stade weist darauf hin, dass in Städten wie Stade deutlich weniger Wasser für Landwirtschaft, Rasenbewässerung und große Gartenpools verbraucht werde. Deshalb steige hier der Wasserbedarf in heißen Sommern nicht bemerkenswert an.
Ideal wäre ein wöchentlicher Landregen
Ideal wäre laut Jens Westphal vom Trinkwasserverband Stader Land ein einmal wöchentlicher Landregen. Das würde die Wasserwerke und Rohrnetze entlasten und auch die Grundwasserneubildung würde in regelmäßigen Abständen erfolgen. Starkregenereignisse entlasten hingegen nur kurzzeitig die Wasserversorgung, weil der Regen in der Menge und Intensität nur schwer vom Erdboden aufgenommen wird.
"Bisher können wir aber in unserer Region noch aus stabilen Grundwasserpegeln Wasser entnehmen", so Jens Westphal vom Trinkwasserverband. Trotzdem weist er auf die Gefahr von Überlastung hin. Dann könnten Rasensprengen, das Befüllen von Pools oder das Autowaschen zum Ausfall der Versorgungsanlagen führen. "In dieser Phase ist es gerade wichtig, dass die Bevölkerung sensibel mit der Ressource Trinkwasser umgeht, damit alle das Lebensmittel Nr. 1 nutzen können."
Auch René Back aus Buxtehude appelliert an ein Umdenken in der Gesellschaft. Der häufigste Grund für technischen Engpässe in der Trinkwasserversorgung war in der Vergangenheit nicht Wassermangel, sondern dass an heißen Sommertagen der Bedarf an frischem Trinkwasser in einem engen Zeitfenster steigt. Das überfordere die Systeme der Trinkwasserversorgungsanlagen, welche auf einen niedrigeren Bedarf zugeschnitten sind. "So sollte man sich die Frage stellen, ob der Rasen immer Grün sein muss oder der Pool im Garten während der Hauptverbrauchszeiten am Vormittag oder frühen Abend befüllt werden muss."
Infrastruktur muss mitwachsen
Britta Schuster aus Stade merkt weiterhin an, dass bei der Entwicklung von Baugebieten durch die Kommunen auch die Infrastruktur der Wasserversorgung rechtzeitig von der Quelle über die Aufbereitung und die Wasserverteilung berücksichtigt und weiterentwickelt werden muss. Die Wasserrechte, die besagen, wie viel Wasser in einem festgelegten Zeitraum entnommen werden darf, seien teilweise Jahrzehnte alt. Würden große Neubaugebiete entstehen, müssten die Rechte rechtzeitig angepasst werden, um Engpässe zu vermeiden. Auch seien viele Wasserwerke und Aufbereitungsanlagen durch den steigenden Bedarf durch Neubau schneller am Limit. "Generell haben wir im Landkreis Stade ein gutes Grundwasserangebot", sagt sie.
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