Anstieg des Meeresspiegels
Klimadeiche gegen höhere Fluten im Landkreis Stade
(jd). Die Experten bezeichnen ihn als "den entscheidenden Meter mehr": Die Deiche an der deutschen Küste müssen aufgrund des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten zusätzlich erhöht werden. Dieser "Klimazuschlag" bei den Deichhöhen wurde im vergangenen Jahr von einem halben auf einen Meter verdoppelt. Die spätere Aufstockung um einen weiteren Meter soll als Option hinzukommen: Steigt der Meeresspiegel in diesem Jahrhundert höher als erwartet, könnten die Deiche noch einmal angepasst werden. Solche Deiche mit Ausbauoption werden als Klimadeiche bezeichnet. Ob sie sich überall umsetzen lassen, ist fraglich. Denn ein höherer Deich benötigt eine größere Grundfläche. Und da kann es auch an vielen Deichabschnitten entlang der Uferlinie der Elbe äußerst knapp werden. Dennoch: Der in dieser Woche veröffentlichte Teilbericht des Weltklimarates macht deutlich, dass die Folgen des Klimawandels die Küsten wohl härter treffen als vor ein paar Jahren angenommen. Es muss daher gehandelt werden. Auch im Landkreis Stade.
Die Schäden durch Überflutungen werden vom Weltklimarat explizit als Risiko für Europa benannt. Wird sich die Erde weiter erwärmen, könnte die Gefahr von Sturmfluten bis Ende des Jahrhunderts zehnmal höher als jetzt sein. Die Fachleute bezeichnen in ihrem Bericht den Anstieg des Meeresspiegels als eine existenzielle Bedrohung für die Bevölkerung an den Küsten und deren kulturelles Erbe. Wie bedroht insbesondere die Marschlandschaften an der Unterelbe sind, hat das in der WOCHENBLATT-Ausgabe vom vergangenen Samstag dargestellte Szenario deutlich gemacht: Ein Großteil dieser Gebiete stünde ohne die schützenden Deiche unter Wasser.
Damit die Deiche vor allem den Menschen in Kehdingen und im Alten Land, aber auch in Stade und Buxtehude auch in Zukunft weiterhin ausreichend Schutz bieten können, werden sie in den kommenden Jahrzehnten erhöht - im Schnitt zwischen einem und 1,70 Meter. "An einigen Deichabschnitten wie etwa auf Krautsand können es sogar bis zu 2,10 Meter sein", sagt Peter Schley, Geschäftsführer des Deichverbandes Kehdingen-Oste. Die Deichverbände entscheiden dabei nicht selbst über die neuen Höhen, sondern erhalten für jeden Abschnitt genaue Vorgaben des Landes, die als Bestickhöhen bezeichnet werden.
Die Deiche erhalten einen Klimazuschlag
Doch wie berechnet sich diese Bestickhöhe überhaupt? Rechengrundlage ist der aufgrund von Flutmodellen ermittelte Bemessungswasserstand. Dabei handelt es sich um den höchsten zu erwartenden Wasserstand bei einer sehr schweren Sturmflut - zuzüglich des erwähnten Klimazuschlages, den die Deichbauer als Vorsorgemaß bezeichnen. Damit bei einer Sturmflut nicht die Wellen über die Deiche schwappen, wird auch noch der sogenannte Wellenauflauf hinzuaddiert. An der Elbe können sich die Wellen bei starkem Sturm bis zu 2,50 Meter aufbäumen.
"Wie hoch der Wellenschlag an den einzelnen Deichabschnitten sein kann, hängt von der Lage der Deiche zur vorherrschenden Windrichtung ab", erläutert Dierk König, Oberdeichrichter der I. Meile Altenlandes. Bei Sturmfluten wehe der Wind meist aus Nordwest. Die Bewegung der Wellen verlaufe in diesem Fall überwiegend parallel zur Deichlinie. "Kritisch wird es, wenn die Windrichtung dann auf Nord dreht", sagt König. Dann träfen die Wellen direkt auf die Deiche und könnten sich dadurch höher auftürmen. Problematisch aus seiner Sicht ist in diesem Zusammenhang die erneute Ausbaggerung des Elb-Fahrwassers: "Fakt ist, dass die Wellen durch die Elbvertiefung wesentlich schneller auflaufen."
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